APA - Austria Presse Agentur

Corona: Luftfahrt auf Impfstofftransporte vorbereitet

Die Vorbereitungen auf das Beliefern der Welt mit sehnlich erwarteten Impfstoffen gegen Corona laufen in der Luftfahrt schon seit Monaten auf Hochtouren.

Eine zentrale Rolle spielt dabei der Flughafen Frankfurt, der größte Umschlagplatz für Luftfracht von kühlbedürftigen, sensiblen Pharmaprodukten in Europa. Insgesamt 13.500 Quadratmeter genau temperierbare Fläche stehen dafür zur Verfügung, von denen 8.800 die AUA-Mutter Lufthansa nutzt. Airline-Chef Carsten Spohr setzt auf ein "großes, hochprofitables Geschäft" für die Frachttochter Lufthansa Cargo. "So traurig es ist, diese Krise und die Notwendigkeit von Impfen, das wird ein größeres Geschäft", sagte er kürzlich. Die Lufthansa und ihre Tochter Swiss Worldcargo gehörten zu den wenigen Fluggesellschaften weltweit, die lückenlose Kühltransporte anböten. Ihre Konkurrenten sind zum Beispiel der Frachtflieger Cargolux oder die Golf-Airline Emirates.

Am Frankfurter Airport laufen die Fäden aller Beteiligten in der Luftfracht - Spediteure, Frachtabfertiger, Airlines und dem Flughafenbetreiber Fraport - bei der Air Cargo Community Frankfurt zusammen. Ihre Pharma-Arbeitsgruppe beschäftige sich schon seit März mit verschiedenen Szenarien, um die Lieferkette vorzubereiten, sagte Joachim von Winning, Hauptgeschäftsführer der Air Cargo Community, der Nachrichtenagentur Reuters. Innerhalb Europas würden die meisten Impfstoffkontingente nicht mit dem Flugzeug, sondern per Lkw ausgeliefert, da auf dem Kontinent auch produziert werde. "Wir gehen für unsere Planung davon aus, dass wir hauptsächlich Exporte aus Europa heraus, etwa nach Afrika abzufertigen haben. Oder dass Impfstoffe aus Indien und China in Frankfurt umgeschlagen werden." Das Konzept für die Abläufe sehe vor, dass bis zu fünf Flugzeuge gleichzeitig be- und entladen werden könnten. "Durch kurze Transportwege werden Temperaturschäden vermieden."

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Eine besondere Herausforderung wird es, wenn Vakzine wie die der deutschen Biotechfirma BioNTech und des US-Pharmariesen Pfizer zum Einsatz kommen, die nach derzeitigem Stand nur ultratiefgekühlt bei bis zu minus 80 Grad Celsius transportiert werden müssen. "Für die Luftfracht gibt es dazu spezielle, so genannte aktive, elektronisch steuer- und kontrollierbare Container, die sehr teuer sind - sie kosten etwa so viel wie ein Kleinwagen", erklärte von Winning. Die Hersteller - so etwa Envirotainer aus Schweden, Dokasch aus Deutschland oder C-Safe aus den USA - vermieteten die Transportbehälter an Airlines und Spediteure. Womöglich würden sie in großer Zahl nur einige Monate lang gebraucht, wenn der speziell kühlbedürftige Impfstoff noch weiter entwickelt werde, um höhere Grade zu vertragen. Um die extreme Kälte zu erreichen, wird Trockeneis eingesetzt - doch das begrenzt aus Sicherheitsgründen die zulässige Frachtmenge. Denn Trockeneis sondert CO2 ab, was den Menschen an Bord die Luft zum Atmen nimmt. Nach Angaben von DHL dürfen Langstreckenflieger wie die Boeing 777 maximal 1.088 Kilogramm Trockeneis aufnehmen. "Je nach Flugzeugtyp sind in der Regel nicht mehr als ein paar Container gleichzeitig an Bord", sagte von Winning.

Schätzungen, wie viele Flüge für eine globale Versorgung mit Covid-Impfstoffe abheben müssen, reichen von 8.000 des internationalen Luftfahrtverbandes IATA bis hin zu rund 15.000 von DHL. Um ein Stück von diesem Kuchen abzubekommen, arbeitet bei Lufthansa Cargo eine Task Force seit Juni an der Organisation und bedenkt dabei alle möglichen Szenarien. "Wir können heute sagen, alle logistischen Abläufe stehen, sie sind weitgehend standardisiert", sagte Unternehmenssprecher Andreas Pauker. Zwischen Lkw und Kühlhaus rollen die Container durch einen "gekühlten Finger", der vor Temperaturausschlägen schützt. Auch Ultratiefkühltransporte seien machbar, die genauen Anforderungen an Verpackung, Transport und Lagerung aber noch nicht klar. Die Frachtkapazität ist wegen der vielen Passagierflugzeuge am Boden in der Coronakrise bei Lufthansa Cargo um ein Drittel gesunken. "Das ist ein kritischer Punkt", sagte Pauker. "Hoffentlich springt der Passagierflugverkehr wieder an." Denn dann wäre auch wieder mehr Frachtkapazität da durch Beladung im Unterdeck.