APA - Austria Presse Agentur

Matrei-Finanzen: Sitzung mit Gläubigern wohl nächste Woche

Die wegen eines Schuldenstandes über rund 35 Millionen Euro gegen die drohende Insolvenz kämpfende Gemeinde Matrei in Osttirol wird voraussichtlich kommende Woche eine Sitzung bzw. finale Abstimmungen mit den über 100 Gläubigern abhalten. Dies sagte Bürgermeister Raimund Steiner zur APA am Dienstag. Er sei "überzeugt, dass man eine gute Lösung zustande bringen" werde und ein möglicher Konkurs "kein Thema" sein werde, erklärte der Bürgermeister.

Derzeit würden noch Verhandlungen laufen. Die vom Land Tirol aus dem Gemeindeausgleichsfonds zugesagten 6,6 Millionen Euro würden jedenfalls ausreichen, zeigte sich Steiner optimistisch. Alle Gläubiger sollten zu 100 Prozent ihr Geld erhalten, entsprechendes hatte auch Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) verlangt. Bei kleinen Gläubigern müsse dies kurz-, bei Größeren mittelfristig möglich sein, hatte der Landeschef betont. Auch das Land Tirol gehört zu den Gläubigern im Sanierungsverfahren. Zuletzt war eine Ausgleichsquote von 80 Prozent angeboten worden, womit sich aber nicht alle Gläubiger einverstanden zeigten.

In der Osttiroler Marktgemeinde mit rund 4.600 Einwohnern hat sich ein Schuldenberg über 35,7 Mio. Euro angehäuft. 8,8 Mio. Euro davon sollen auf offene Rechnungen entfallen, 14,2 Mio. Euro auf Kredite und 12,7 Mio. Euro auf Haftungen.

Dass die Gemeinde erhebliche finanzielle Probleme hat, war schon seit langem bekannt. So soll es bereits im Jahr 2012 einen ersten kritischen Prüfbericht über die Finanzgebarung gegeben haben. Immer wieder war von überdimensionierten Infrastrukturprojekten bzw. Investitionen, etwa in das Fußballstadion der Gemeinde, das Tauernstadion, die Rede gewesen. Ins Schussfeld geriet immer wieder der langjährige, frühere ÖVP-Bürgermeister Andreas Köll, der auch auf der landespolitischen Ebene alles anderer als ein Unbekannter ist. Köll war 33 Jahre lang, bis zu Gemeinderatswahl im vergangenen Jahr, Ortschef und zudem früher Landtagsabgeordneter und Bundesrat. Zudem fungierte der Jurist auch als Landesobmann des Tiroler ÖVP-Arbeiter- und Angestelltenbundes (AAB).

Köll rückte zuletzt vehement zu seiner eigenen Verteidigung aus. Die Jahresrechnung 2021 habe noch einen "liquiden Kassastand von 750.000 Euro, einen Nettoüberschuss von 1,5 Mio. Euro und einen Verschuldungsgrad von 41 Prozent" ergeben, argumentierte er gegenüber der "Tiroler Tageszeitung". 2022 seien schließlich Liquiditätsprobleme eingetreten. Diese führte Köll auf die Teuerung, diverse Bau-und Materialkostensteigerungen, höhere Personalkosten von 7,5 Prozent, steigende Transferleistungen, eine Vervierfachung der Energiepreise und Verdoppelung der Zinsen für aufsichtsbehördlich genehmigte Darlehen im variablen Bereich zurück.

"Meine Übergabebilanz war absolut sauber, wurde überprüft und hält stand", meinte Köll, der auch eine Prüfung durch den Landesrechnungshof begrüßen würde. Die neue Gemeindeführung sei hingegen im Jahr 2022 eigenmächtig und ohne einen Nachtragshaushalt festzulegen von seinem Voranschlag abgewichen, spielte er den Ball an die Nachfolger weiter. Zudem sei Matrei ab dem Jahr 2018 bei Bedarfszuweisungen benachteiligt worden.

Steiner wollte indes, gefragt nach möglichen Konsequenzen für Köll, nicht zurückschauen. Das sei Vergangenheit, er beschäftige sich hingegen mit Gegenwart und Zukunft. Dass die Lage aber erst im vergangenen Jahr prekär geworden sei, wollte er so nicht stehen lassen. Es habe schon "ältere, offene Rechnungen" gegeben. Die höheren Energiepreise seien zudem erst mit 1. Jänner 2023 schlagend geworden. Sollte Matrei tatsächlich in den Konkurs schlittern, wäre dies der erste dieser Art einer Gemeinde in Österreich.