Mattle klar für Schwarz-Rot, aber "große Gräben" zu Babler

Mattle will Schwarz-Rot im Bund, geht aber auf große Distanz zu Babler
Tirols Landeshauptmann und ÖVP-Chef Anton Mattle hält Platz eins für die Volkspartei bei der kommenden Nationalratswahl für realistisch und legt sich in puncto Koalition eindeutig fest: Er sei klar für eine Zweierkoalition mit der SPÖ als Juniorpartner, machte Mattle im APA-Interview klar. Allerdings ging er auf deutliche Distanz zu SPÖ-Chef Andreas Babler: Zu diesem gebe es wegen dessen Zugangs zu Leistungsbereitschaft und Eigentum "große Gräben", erklärte der Landeschef.

Babler vertrete einen Kurs, der sich "weg von der Mitte Richtung links bewegt" - im Gegensatz etwa zu seinem Koalitionspartner auf Landesebene, der Tiroler SPÖ, oder anderen roten Proponenten. Gefragt, ob Babler also ein Stolperstein auf dem Weg zu einer schwarz-roten Koalition sein könnte, meinte Mattle: "Die Personaldiskussion in der SPÖ führe ich nicht." Es brauche jedenfalls einen Koalitionspartner bzw. eine SPÖ, die die "wesentlichen Werte" mitträgt - also etwa "Leistung und Eigentum". Eine von Babler propagierte "ideologisch getriebene 32-Stunden-Woche" oder die Einführung von Vermögensteuern bzw. Steuererhöhungen "geht gar nicht", wurde Mattle deutlich.

"Das Ziel und unser Ansinnen ist ganz klar eine Zweierkoalition", sagte der Landeshauptmann auf den Vorhalt, dass ÖVP und SPÖ Umfragen zufolge für eine Zweierkoalition einen dritten Partner brauchen würden, also entweder die Grünen oder NEOS. Aber natürlich brauche man in der Politik "immer Mehrheiten" und dürfe sich nicht von vornherein alle Optionen verbauen. Für den Fall einer Dreierkoalition ließ Mattle eine zarte Präferenz für die NEOS durchklingen. Diese stünden der ÖVP in Sachen Wirtschaft "näher" als der bisherige Regierungspartner Grüne. Aber: "Zuerst wird gewählt und dann verhandelt."

Eine Absage kam von Mattle einmal mehr für eine Koalition mit der FPÖ mit Herbert Kickl in einer Regierung: "Ein FPÖ-Bundesparteiobmann, der in keiner seiner Reden etwas Verbindendes in die Gesellschaft hinausschickt, sondern immer nur das Spaltende und Trennende argumentiert, der ist für mich kein Partner". Zudem gehe es auch mit einer FPÖ mit "diesem, von Kickl geprägten Programm" und "Funktionären, die Kontakt zu den Identitären pflegen" nicht. Einen winzigen Spalt zu den Freiheitlichen ließ sich Mattle aber offen, nämlich sollte man auf Kickl in der Regierung verzichten und das Programm in den wesentlichen Punkten ändern. Als Parteiobmann oder etwa im Nationalratspräsidium könne Kickl weiter tätig sein: "So weit mische ich mich nicht in die Strukturen der FPÖ ein. Meine Sympathien sind aber enden wollend."

Die Ausgangsposition der ÖVP betrachtete Mattle jedenfalls ungeachtet der Umfragen als positiv. Die EU-Wahl habe gezeigt, dass der Abstand zur FPÖ im Bund ein "überwindbarer" sei. In der ÖVP herrsche eine "ganz, ganz große Motivation", nun gelte es, den "Menschen in der Mitte ein gutes Angebot zu legen."

In der Migrationsdebatte warb Mattle für seinen "Asylkodex", den er in Tirol einführen und ab Herbst politisch diskutieren will. Eigentlich brauche es auch einen bundesweiten Asylkodex. Dies würde er "unterstützen." Für einen solchen Fall müssten aber die "Parameter aufgenommen werden, die uns Tirolern wichtig sind." Der Tiroler Kodex - obwohl freiwillig- solle eine "moralische Verpflichtung" für die Asylwerber bzw. Asylberechtigten sein. "Wir wollen damit erste Schritte des Verpflichtens setzen. Mit der Unterschrift verpflichten sie sich, unsere Wertehaltung und österreichische Kultur zu leben, die Sprache zu erlernen und gemeinnützige Tätigkeiten zu übernehmen." In weiterer Folge müssten Asylberechtigte in den Arbeitsprozess gebracht werden, wie das in Tirol etwa durch die "Onboardingstelle" bereits geschehe. Wer der eingegangenen Verpflichtung hingegen nicht nachkomme, für den müsse es "weitere Schritte" geben, sprach sich der Landeshauptmann für schärfere Maßnahmen aus.

Man müsse zwar in Österreich und auf europäischer Ebene Menschen, die wirklich unter das Asylrecht fallen, Schutz gewähren, aber gleichzeitig auch scharf darauf achten, dass jene, "die es nicht gut meinen", keine Möglichkeit haben, hier zu bleiben oder überhaupt erst hierher zu kommen, sprach sich Mattle für intensivierten Außengrenzschutz und schnellere Verfahren ebendort aus. In der zuletzt stärker aufgekommenen Diskussion über ein Verbotsgesetz für den politischen Islam zeigte er sich offen: "Wenn der politische Islam zu weiterer Radikalisierung führt, braucht es Maßnahmen. Eine Diskussion muss zumindest begonnen werden."

Ebenso offen zeigte sich der Tiroler Landeshauptmann angesichts der Debatte über Ausmaß und Höhe von Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung für Migranten, was eine bundeseinheitliche Regelung anbelangt: "Ein einheitlicher Rahmen würde Sinn machen." Allerdings müsse berücksichtigt werden, dass die Lebenshaltungskosten in den Bundesländern unterschiedlich seien, etwa wenn man Tirol und das Burgenland vergleiche, meinte Mattle auch zu dem Vorhalt, dass in Tirol ein ähnlich hohes Auszahlungsniveau bestehe wie in Wien. Ein "föderaler Spielraum" müsse weiter möglich sein. Tirol setze zudem an anderer Stelle den Hebel an, indem Mindestsicherungsbezieher "rasch an Arbeitsplätze vermittelt" würden, "denn die Sozialhilfe ist nur eine Übergangslösung für Menschen in Not." Darüber hinaus plädierte Mattle für eine stärkere Umstellung des Systems auf Sach- statt Geldleistungen.

Landespolitisch zeigte sich Mattle mit der Arbeit seiner schwarz-roten Regierung zufrieden. Man sei gerade in den vergangenen Monaten "massiv in Richtung Gestalten gegangen", nannte er etwa das Aufsetzen des umstrittenen Verkehrs-"Fernpasspakets" die "Neuaufstellung" des Energieversorgers Tiwag sowie den Rechtsanspruch auf Vermittlung eines Kinderbetreuungsplatzes ab dem zweiten Geburtstag, der im Jahr 2026 landesweit in Kraft treten soll und bei dem diesen Herbst die Pilotversuche in ausgewählten Regionen beginnen.

Beim Dauerbrenner Transitverkehr blieb Mattle vehement dabei, dass an den "Notmaßnahmen" wie Sektorales Fahrverbot und Lkw-Nachtfahrverbot nicht gerüttelt werde. Zuletzt waren nicht nur aus Italien, sondern auch aus Bayern und Südtirol mehr als kritische Worte gekommen. Und auch Mattles Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer (SPÖ) wollte über das Nachtfahrverbot zumindest diskutieren. Mattle ließ sich darauf nicht ein und erinnerte daran, dass die "Notmaßnahmen" sowohl in der "Kufsteiner Erklärung" mit Bayern und Südtirol über ein "Slotsystem" mit buchbaren Lkw-Fahrten sowie im Koalitionsabkommen mit der SPÖ festgehalten seien, als auch mit der EU-Kommission stets abgestimmt wurden. Daher gehe er davon aus, dass im Klagsverfahren, das Italien vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angestrengt hatte, im schlechtesten Fall nur "gewisse Nachschärfungen" im Ziel- und Quellverkehr resultieren dürften. Er werde jedenfalls weiter in erster Linie "lobbyieren und überzeugen", dass das "Slot-System" auch in "Rom und Berlin" endlich aufgegriffen werde und somit eingesetzt werden könne. Auch ein "Slot"- bzw. digitales Verkehrsmanagement vorerst nur in Tirol zu etablieren, behielt sich der Landeschef weiter vor. Die Prüfung dahingehend dauere an.

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