APA - Austria Presse Agentur

Mehr finanzielle Bildung auch zur Armutsprävention gefordert

Die privaten Haushalte in der Eurozone haben gut 8 Billionen Euro auf Bankkonten liegen. Das aktuelle Nullzinsumfeld führt aber zum realen Geldverlust. Dennoch schichten nur wenige ihr Erspartes in andere Anlagemöglichkeiten um. Wie man das ändern könnte, um "die finanzielle Gesundheit der europäischen Bürger zu verbessern" - darüber diskutierten Experten am Sonntagvormittag beim Forum Alpbach. Mehr finanzielle Bildung sei ein Weg. Diese diene auch der Armutsprävention.

"Wir brauchen einen viel größeren Focus auf finanzielle Bildung - und zwar schon vom ganz jungen Alter an, ähnlich wie bei Sprachen. Bildung ist Macht", sagte Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion. Nur Bildung führe dazu, dass die Menschen ihre eigenen Entscheidungen auch im Finanzbereich treffen können. Grundsätzlich gebe es in der Finanzbildung ein ähnliches Phänomen wie bei Analphabetismus: Die Leute würden ihre fehlende Bildung verbergen. Das führe dazu, dass nicht nachgefragt werde.

"Aber je mehr stichhaltige Informationen du hast, desto unabhängiger bist du", so die irische EU-Kommissarin. "Um Barrieren für Menschen mit Vorbehalten abzubauen, brauchen sie das Selbstvertrauen, die richtigen Fragen zu stellen." Menschen diskutierten eigentlich jeden Tag über Finanzen, etwa über Inflation.

Erste-Group-Chef Bernhard Spalt gab zu bedenken, dass die Menschen immer mehr sparen, wenn die Zeiten - wie durch Corona aktuell - unsicher seien. Finanzielle Bildung brauche es in allen Bereichen. In der Schule solle die Thematik in verschiedene Fächer aufgeteilt einfließen.

Risikofreie Investments gebe es nicht, so Spalt. Grundsätzlich würden oft auch ideologische Schranken herrschen, die Wachstum insgesamt verhindern würden, holte er die Politik ins Boot: "Politiker müssen ein Framework schaffen, in dem sicher investiert werden kann", forderte der Spitzenbanker, und dürften nicht aus ideologischen Gründen davor zurückschrecken. "Das ist sehr wichtig."

Bezogen auf Unternehmen sei nicht die Liquidität deren Problem, sondern dass sie Equity (Kapitalbeteiligungen, Anm.) brauchten, so Spalt. "Die Wirtschaft fährt wieder hoch, wir hoffen auf eine sehr robuste Erholung. Cash ist vorhanden, aber Firmen brauchen den in Form von Equity, um wieder zu wachsen zu beginnen." Hier hätten die vielen familiengeführten Unternehmen in Österreich aber Angst, dass ihnen ein Geldgeber hineinregieren würde, wenn er in ihr Unternehmen einsteige, bedauerte Spalt. In deren Richtung sagte er: "Partizipation ist nicht das Ende des Geschäfts. Sie wird dir helfen, weiter zu wachsen."

"Man bezahlt dafür, wenn man nicht finanziell gebildet ist. Die Kosten einer Ignoranz von Finanzmarktbildung sind hoch", sagte Annamaria Lusardi, Gründerin und Direktorin des Washingtoner Global Financial Literacy Excellence Center der George Washington University School of Business. Oft sei der lokale, klein strukturierte Weg zielführend, bei dem die Menschen selbst die Initiative ergreifen; in Italien hätten etwa aufliegende Informationen in Arztwartezimmern funktioniert, habe ein Versuch gezeigt. Auch einfach verständliche Internetseiten mit Tipps könnten helfen.