APA - Austria Presse Agentur

Merkel-Macron-Plan kostet Wien laut Studie rund 4 Mrd.

Der deutsch-französische Plan für Coronahilfen wird Österreich zwischen 3,4 und 4,4 Mrd. Euro kosten, also rund ein Prozent seiner Wirtschaftskraft.

Dies ergibt eine Berechnung des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). In der Debatte um EU-Hilfen sprach sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner für eine Lösung aus, die verstärkt auf Zuschüssen und nicht auf Krediten basiert.

Der deutsche Nettobeitrag betrüge demnach 24 bis 38 Milliarden Euro. Größte Profiteure wären Italien (19 bis 26 Mrd.) und Spanien (14 bis 24 Mrd.). In der vom Mannheimer Wirtschaftsprofessor Friedrich Heinemann erstellten Expertise wurden zwei Modelle durchgerechnet. Nach dem ersten würden die Coronagelder entsprechend dem Ausmaß des Wirtschaftseinbruchs an die Mitgliedsstaaten verteilt, nach dem zweiten entsprechend dem BIP-Rückgang und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Das zweite Modell würde einen größeren Nettobeitrag von Österreich und Deutschland bedeuten und Spanien zum größten Profiteur machen, das dann fast zwei Prozent seiner Wirtschaftskraft aus dem Coronatopf ersetzt bekäme. Nach dem ersten Modell hätte Italien den größten Nettobeitrag und auch Frankreich wäre mit 10,7 Milliarden Euro ein starker Profiteur (in Szenario 2 wären es "nur" 1,4 Milliarden Euro). Relativ größter Profiteur wäre in beiden Rechenmodellen Griechenland mit einem Nettoplus von 2,2 bis 2,6 Prozent seiner Wirtschaftskraft.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron haben vorgeschlagen, dass die EU-Coronahilfen einen Umfang von 500 Milliarden Euro haben und in Form von Zuschüssen ausgezahlt werden sollen. Dagegen wehren sich vier "sparsame" Länder, die schon im Ringen ums EU-Budget an einem Strang ziehen: Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark. In ihrem am Wochenende bekannt gewordenen Konzept fordern sie, dass die Coronahilfen nur in der Form von Krediten ausbezahlt werden. Aus informierten EU-Kreisen verlautete am Wochenende, dass die EU-Kommission ihrerseits einen Mix aus Krediten, Zuschüssen und Garantien vorschlagen wird.

Von den Ländern der "Sparsamen Vier" müsste der ZEW-Expertise zufolge Schweden den größten Nettobeitrag leisten, mit 4,7 bis 5 Milliarden Euro. Auf die Niederlande würden 2 bis 2,7 Milliarden Nettobeitrag entfallen, auf Dänemark 3 bis 3,9 Milliarden. In Relation zur Wirtschaftskraft würden freilich Schweden und Dänemark mehr aufwenden als Österreich.

Somit käme es bei den Coronahilfen nicht nur zu deutlichen Verschiebungen innerhalb der Gruppe der traditionellen EU-Nettozahler, sondern auch zwischen Nettozahlern und Nettoempfängern allgemein. So würde etwa Polen mit 10,4 Milliarden Euro im ersten Modell (nur BIP-Rückgang) deutlich mehr in den Coronatopf einzahlen als es herausbekäme. Das wären knapp zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts und damit der relativ größte Beitrag aller Mitgliedsstaaten.

Auch Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Rumänien, die baltischen Länder und selbst das ärmste EU-Land Bulgarien wären Corona-Nettozahler, wenn nur die Konjunkturentwicklung für die Berechnung der Auszahlungen herangezogen würde. Es blieben dann nämlich nur sieben Nettoempfänger übrig: Italien, Spanien, Griechenland, Kroatien, Frankreich, Zypern und Portugal. Erst eine Berücksichtigung der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen würde auch die restlichen EU-Neumitglieder zu Coronahilfs-Empfängern machen.

"Wer Europa hilft, hilft auch Österreich", so Rendi-Wagner. Ein rein auf Krediten basierendes Hilfsprogramm - wie es sich die "Sparsamen Vier" wünschen - wäre keine Lösung, da es Staaten mit bereits hohen Staatsschulden - beispielsweise Italien - noch stärker in die Verschuldung treiben würde. Dadurch bestehe letztlich die Gefahr einer Finanzkrise - dies bringe niemandem etwas und gelte es, zu verhindern, so Rendi-Wagner.

Italien sei nach Deutschland der zweitgrößte Handelspartner für Österreich. Zu sagen, "die Wirtschaft in Italien geht uns nichts an" sei nicht nur kurzsichtig, sondern auch "wirtschaftlich verantwortungslos", so die Oppositionsführerin. Es sei "nicht nur ein Akt der europäischen Solidarität, sondern ein Akt der wirtschaftlichen Vernunft", denjenigen Ländern unter die Arme zu greifen, die derzeit in einer schwierigen ökonomischen Lage sind. "Diese Länder brauchen Zuschüsse, rasche Zuschüsse."

Schützenhilfe holte sich Rendi-Wagner vom ehemaligen Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny. Es sei wichtig, dass das nun geplante Wiederaufbauprogramm einen "Mix aus Krediten und Zuschüssen" habe. Die bisherigen EU-Coronahilfen wie die des ESM oder das EU-Kurzarbeitsprogramm seien Kreditprogramme. Es wäre daher sinnvoll, wenn dieses Hilfsprogramm für den Wiederaufbau "ein starkes Zuschuss-Element" habe, sagte der langjährige frühere SPÖ-Abgeordnete Nowotny.