APA - Austria Presse Agentur

Merkel nahm Kramp-Karrenbauer in Schutz

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat sich demonstrativ hinter CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gestellt. Als "Unsinn" tat Merkel Medienberichte ab, wonach sie Zweifel an Kramp-Karrenbauers Eignung für den CDU-Vorsitz hege. Merkel nahm ihre Nachfolgerin an der Parteispitze auch in der "Meinungsmache"-Debatte in Schutz. Eine Online-Petition gegen Kramp-Karrenbauer fand aber regen Zulauf.

Merkel äußerte sich in der Nacht auf Mittwoch nach dem EU-Gipfel in Brüssel zu den Turbulenzen um die CDU-Chefin, die mit umstrittenen Äußerungen zu Regeln für "Meinungsmache" im Internet viel Kritik auf sich gezogen hatte. "Jeder, den ich kenne in der CDU - oder jede - setzt sich für Meinungsfreiheit als ein Grundprinzip ein", sagte die Kanzlerin. Das Grundgesetz sei gerade 70 Jahre alt geworden, "deshalb gibt es da auch keinen Zweifel".

In der CDU-Zentrale hieß es, dass Merkel und Kramp-Karrenbauer "weiter sehr eng" zusammenarbeiteten. Kramp-Karrenbauer hatte im Dezember den Parteivorsitz von Merkel übernommen. Im Wettstreit mit ihrem Konkurrenzen Friedrich Merz galt Kramp-Karrenbauer als Wunschkandidatin der Kanzlerin.

Kramp-Karrenbauer steht unter Druck, seit sie am Montag aus Verärgerung über einen CDU-kritischen Wahlaufruf von YouTubern die Frage aufgeworfen hatte, ob solche "klare Meinungsmache vor der Wahl" reguliert werden müsse. Es stelle sich die Frage: "Was sind eigentlich Regeln aus dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich?"

Kramp-Karrenbauers Einlassung stieß auf breites Unverständnis. Die Vorwürfe reichten von mangelndem Verständnis für die Debattenkultur im Internet bis hin zu einer Infragestellung der Meinungsfreiheit. Auch aus den Reihen der Union kam Kritik an der CDU-Chefin.

Zehntausende Unterstützer fand eine Online-Petition für Meinungsfreiheit. Der von den YouTubern Marmeladenoma und Herr Newstime initiierte Appell mit dem Titel "Keine Zensur unserer Meinungsfreiheit, Frau Kramp-Karrenbauer" wurde bis Mittwochmittag von mehr als 55.000 Menschen unterstützt.

"Müssen sich Videos wie die des YouTubers Rezo im Wahlkampf besonderen Regeln unterwerfen? Wir sagen: Nein", heißt es in dem Appell. "Keine Zensur, keine Regulierung der Meinungsfreiheit." Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen schrieben die YouTuber weiter: "Wir fordern Frau Kramp-Karrenbauer daher auf, ihre Ideen für Wahlkampf-Regeln zügig wieder zu begraben. Wir lassen uns nicht zensieren!"

Rückendeckung bekam die CDU-Vorsitzende am Mittwoch aus der eigenen Partei. Bildungsministerin Anja Karliczek sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Parteichefin hat doch klargestellt, dass sie eine Debatte über die politische Kultur im Netz anstoßen will." Kramp-Karrenbauer denke nicht über Zensurmaßnahmen im Netz nach. Es sei völlig klar, dass die Meinungsfreiheit für die Demokratie "konstituierend" sei.

Der frühere CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach sagte, er halte die Parteichefin für kanzlerinnentauglich. "Sie hat sich ja bisher in allen öffentlichen Ämtern bewährt", sagte der Politiker dem Sender n-tv. "Ja, ich traue ihr das zu." In ihren Äußerungen zur "Meinungsmache" im Internet habe sich Kramp-Karrenbauer aber "sehr missverständlich ausgedrückt".

Am Dienstag hatte sich Kramp-Karrenbauer selbst um Schadensbegrenzung bemüht. "Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt werden wir alle in der CDU immer verteidigen", erklärte sie. In der aktuellen Debatte gehe es "nicht um Einschränkung der Meinungsfreiheit".