APA - Austria Presse Agentur

Merkel und Macron: Dänemark muss Spionage-Berichte aufklären

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben von Kopenhagen umfassende Aufklärung verlangt zu Berichten über eine dänische Beteiligung beim Abhören europäischer Spitzenpolitiker durch den US-Geheimdienst NSA. "Ich möchte sagen, dass das zwischen Bündnispartnern inakzeptabel ist. Das ist ganz klar", betonte Macron am Montag nach Beratungen des deutsch-französischen Ministerrats.

Man erwarte "vollständige Offenheit und Klärung des Sachverhalts von unseren dänischen und amerikanischen Partnern", hieß es weiter.

Merkel sagte, sie könne sich Macrons Worten "nur anschließen". An der Haltung der deutschen Bundesregierung zu den NSA-Vorgängen habe sich nichts geändert. "Das, was damals richtig war, gilt auch heute." Damit spielte die deutsche Kanzlerin offensichtlich auf ihre Aussage beim Bekanntwerden der NSA-Affäre vor einigen Jahren an. Damals hatte sie gesagt: "Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht."

Merkel betonte jetzt, es habe sie "beruhigt", dass auch die dänische Regierung sehr klar gesagt habe, was sie von diesen Dingen halte. "Und insofern sehe ich eine gute Grundlage, neben der Aufklärung des Sachverhalts auch wirklich zu vertrauensvollen Beziehungen zu kommen."

Hintergrund sind Medienberichte, wonach Dänemark den USA bei der Bespitzelung unter anderem von Kanzlerin Merkel (CDU) geholfen haben soll. Der Dänische Rundfunk (DR) und deutsche Medien wie NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" berichteten, der dänische Auslands- und Militärgeheimdienst Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) habe dem US-Geheimdienst NSA die Nutzung einer geheimen Abhörstation in der Nähe von Kopenhagen ermöglicht.

Von dort sollen in den Jahren 2012 bis 2014 europäische Politiker - neben Merkel auch der heutige deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück - abgehört worden sein.

Den Recherchen zufolge wurde die Kooperation der NSA und des dänischen Geheimdienstes bei der Überwachung europäischer Nachbarländer 2015 in einem internen Bericht des FE dokumentiert. Unter dem Namen "Operation Dunhammer" wurde der Vorgang der FE-Führungsspitze vorgelegt. Unklar ist, was danach geschah und ab wann die dänische Regierung davon wusste. Die dänische Verteidigungsministerin Bramsen, die seit Juni 2019 im Amt ist, wurde laut DR im August 2020 darüber informiert.

Der Skandal wirft ein neues Licht auf die im August 2020 erfolgte Entlassung von FE-Chef Lars Findsen und drei weiteren Agenten durch Bramsen. Der genaue Grund für deren Entlassung wurde nie öffentlich gemacht. Die Regierung lastete ihnen an, "wesentliche und entscheidende Informationen" zurückgehalten zu haben. Dem Dienst wurde außerdem vorgeworfen, sich "unbefugt" Informationen über dänische Staatsbürger zu beschaffen.

Als einziges nordisches Land, das Mitglied der NATO und der EU ist, ist Dänemark einer der engsten Verbündeten Washingtons in Europa. Das Land entsendete unter anderem Soldaten in den Irak-Krieg.