APA - Austria Presse Agentur

Ein MigrantInnenlager mit mehr als 1.600 Menschen wurde bei Paris von der Polizei geräumt

Die Pariser Polizei hat zwei riesige MigrantInnen-Zeltlager nördlich der Hauptstadt geräumt. Rund 1.600 Menschen holten die Einsatzkräfte Donnerstagfrüh aus ihren Zelten, wie Innenminister Christophe Castaner erklärte.

Die Räumung kam einen Tag, nachdem die französische Regierung ihren Ton in der Migrationspolitik verschärft und eine Reihe von Maßnahmen angekündigt hat. Vielen dürfte der "Dschungel von Calais" noch ein Begriff sein - dort hausten vor der Räumung im Jahr 2016 bis zu 8.000 MigrantInnen unter unwürdigen Bedingungen.

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Doch auch in anderen Orten Frankreichs gibt es solche Elendslager, denn es fehlt an Unterkünften. Auch an verschiedenen Orten in Paris entstanden in den vergangenen Jahren illegale Zeltstädte. Tausende lebten unter menschenunwürdigen Bedingungen besonders im Nordosten der Hauptstadt und im Vorort Saint-Denis.

Die Polizei begann noch vor dem Morgengrauen und bei Regen mit der Räumung zweier riesiger Lager - eines war in Saint-Denis, ein weiteres nicht weit entfernt an der Stadteinfahrt Porte de la Chapelle. Mehr als 600 PolizistInnen waren im Einsatz; die Lage blieb ruhig. Die MigrantInnen stellten sich mit ihrem wenigen Hab und Gut vor Bussen an, die im Minutentakt vorfuhren. Von den Zeltlagern war schnell nicht mehr viel übrig, auf dem Boden lagen Matratzen und Plastikbeutel. Für die großangelegte Aktion wurde sogar ein Teil des Pariser Autobahnrings Périphérique gesperrt.

Zukunft der MigrantInnen ist ungewiss

Die Busse brachten die MigrantInnen - mehrheitlich Männer - in provisorische Unterkünfte in Turnhallen in der Gegend. Wie es dort für sie weitergeht, ist offen. Etliche Menschen aus den Zeltlagern dürften keine Bleibeperspektive haben, andere hingegen schon. Einige MigrantInnen waren mit der Lage überfordert. Ein junger Eritreer erzählte verzweifelt, dass er seit 2017 auf eine Entscheidung in seinem Asylverfahren warte - in seiner Hand die Schreiben der Behörden und seine Papiere, sorgsam gefaltet.

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo betonte, dass die Menschen nicht in Gefängnisse gebracht würden. Die Unterbringung in den Unterkünften sei freiwillig, so die Stadt. Castaner feierte die Räumung als Erfolg. Er hatte erst am Mittwoch angekündigt, die Zeltlager in und um Paris bis Ende des Jahres räumen zu lassen. Mit der aktuellen Räumung wurde etwa die Hälfte der Lager aufgelöst.

Schärfere Maßnahmen

Der Chef der Flüchtlingshilfsorganisation France Terre d'Asile, Pierre Henry, ging nicht davon aus, dass die Räumung einen nachhaltigen Effekt haben wird. Solange es nicht genügend Unterkünfte und ein vernünftiges Aufnahmesystem für die MigrantInnen gebe, würden sich immer wieder neue Lager bilden. "Es wird vielleicht kein neues Lager an der Porte de la Chapelle geben, weil dort Polizeikräfte sein werden", sagte er. Aber die Menschen würden nicht einfach verschwinden, sondern eben woanders ihre Zelte aufschlagen.

Frankreich hatte eine Reihe von Maßnahmen in der Einwanderungspolitik angekündigt und betont, dass es dort ein "Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten" geben müsse. Der Staat will zum Beispiel künftig härter gegen den Missbrauch von Sozialleistungen für MigrantInnen vorgehen. Sie sollen außerdem erst nach drei Monaten Zugang zum allgemeinen Gesundheitssystem haben. Gleichzeitig sollen 16.000 zusätzliche Wohneinheiten für anerkannte AsylbewerberInnen zur Verfügung gestellt werden.

KritikerInnen werfen Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron vor, sich für die PräsidentInnenwahl 2022 in Stellung bringen zu wollen. Dann könnte es wieder auf ein Duell mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen hinauslaufen.