Mitglied der "Feuerkrieg Division" in Wien wieder in U-Haft

Seit drei Wochen befindet sich der 20-Jährige wieder in JA Josefstadt
Ein mutmaßliches Mitglied der "Feuerkrieg Division" - eine Länder übergreifende, mittlerweile zerschlagene rechtsextreme Chat-Gruppe, die in geheimen Internet-Foren Anschlagspläne erörtert hatte - befindet sich seit kurzem wieder in U-Haft.

Die Staatsanwaltschaft Wien war mit einer Beschwerde erfolgreich, die sie gegen die Enthaftung des 20-Jährigen eingebracht hatte. Dem Oberlandesgericht Wien (OLG) erscheint der HTL-Absolvent zu gefährlich, um ihn auf freiem Fuß zu lassen.

Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hatte den 20-Jährigen seit längerem im Fokus, der sich bereits mit 16 der 2018 in Estland gegründeten, aus der "Atomwaffen Division" hervorgegangenen "Feuerkrieg Division" (FKD) angeschlossen und sich seit Dezember 2019 für die gewaltbereite "White Supremacy"-Bewegung betätigt haben soll. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien gegen den jungen Mann sind inzwischen abgeschlossen. Am 15. April wurde beim Landesgericht für Strafsachen eine Anklage wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung, krimineller Vereinigung, Verhetzung und Aufforderung zur mit Strafe bedrohten Handlungen eingebracht, bestätigte Gerichtssprecherin Christina Salzborn einen Bericht des Online-Magazins "Zackzack". Die Anklageschrift ist allerdings noch nicht rechtswirksam, Prozesstermin gibt es somit noch keinen.

Allerdings muss der 20-Jährige in einer Zelle der Justizanstalt (JA) Josefstadt auf die Verhandlung warten, denn das OLG hat in Stattgebung einer Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft die neuerliche Inhaftierung des Mannes angeordnet. Dieser war im vergangenen Jänner festgenommen, in weiterer Folge aber gegen gelindere Mittel auf freien Fuß gesetzt worden. Nach Ansicht des zuständigen Haftrichters reichte es aus, den dringenden Tatverdacht durch Bewährungshilfe, die Teilnahme am Programm "Dialog statt Hass" des Vereins Neustart sowie das Gelöbnis zu subsumieren, sich zukünftig nicht mehr extremistisch zu betätigen und sich von einschlägigen Kreisen fernzuhalten. Das sah das OLG nun aber anders. "Das OLG hat festgestellt, dass die Tatbegehungsgefahr nicht subsumiert werden kann. Die gelinderen Mittel reichen demnach nicht aus, um die Gefahr, die von dem nunmehr Angeklagten ausgeht, hintanzuhalten", teilte Gerichtssprecherin Salzborn auf APA-Anfrage mit. Der Mann befinde sich seit 7. April wieder in U-Haft.

Der nun vorliegenden Anklage zufolge soll sich der Mann seit Dezember 2019 bis April 2023 in verschlüsselten Chats unter dem User-Namen "v00rm" mit 40 Rechtsextremisten im Ausland ausgetauscht und unter anderem rassistisch motivierte Anschlagspläne erörtert haben. "Soll ich mit den dreckigen Muslimen beten oder mich unter die Juden mischen, wenn sie eines ihrer Treffen abhalten, und ihm eine explosive Wendung geben?", fragte er etwa einen seiner Chart-Partner. In diesem Zusammenhang dachte er darüber nach, Ammoniak mit Bleichmitteln zu mischen und diese giftige Mischung, bei der Chlorgas freigesetzt wird, in eine größere Menschengruppe zu werfen. An einer anderen Stelle fantasierte der junge Mann, bald werde "die Zeit kommen", um "die Juden in die Schranken zu weisen".

Der Rechtsextremist hatte auch Kontakt zu jenem Attentäter, der im Oktober 2022 zwei junge Männer vor einem LGBTIQ-Lokal in Bratislava mit einer Schusswaffe tötete. Bei einer Hausdurchsuchung im Mai 2023 konnte bei dem 20-Jährigen ein Waffenarsenal, Gasmasken und NS-Devotionalien sichergestellt werden. Später wurden auch Anleitungen zum Bomben-Bauen sowie zur Herstellung von Schusswaffen entdeckt.

Der Fall macht deutlich, dass hierzulande terroristische Bedrohungsszenarien nicht nur von radikalislamistischer Seite, sondern auch von rechtsextremem Kreisen ausgehen. Quantitativ dürften es zwar mehr Gefährder im Namen der Terror-Miliz IS, der Al-Kaida und der Hamas geben, der Staatsschutz hält aber die Gefahr, die von gewaltbereiten Rechtsextremen ausgeht, für nicht minder akut. Das Beispiel des 20-Jährigen zeigt, dass ohne Zugriff auf Messenger-Dienste, die in Österreich derzeit nicht erlaubt sind, für die heimischen Behörden die Ausforschung von Gefährdern ohne Hilfe von ausländischen Partnerdiensten schwierig bis unmöglich ist. Obwohl der FKD-Anhänger seit 2020 internationalen Diensten bekannt war und sich mit Usern austauschte, die sich etwa "Heydrich" nannten, konnte seine Identität erst im Vorjahr geklärt werden, als ein Provider aus Neuseeland seine Daten zur Verfügung stellte. Die deutschen Behörden hatten da längst ermittelt, dass es sich bei "Heydrich" um einen Elektriker aus der Oberpfalz handelte, der geplant hatte, mit einem Sturmgewehr möglichst viele Menschen anderen Glaubens oder anderer Herkunft zu ermorden. Der deutsche Verfassungsschutz las mit, wie "Heydrich" in Chats mit seinen Plänen prahlte und sich bei anderen FKD-Anhängern, darunter dem jungen Wiener, nach geeigneten "Orten der Andacht" - Moscheen oder Synagogen - erkundigte. Bevor er seine Absichten umsetzen konnte, wurde der Deutsche festgenommen und im Dezember 2020 in Nürnberg zu mehrjähriger Haft verurteilt.

Demgegenüber fühlte sich sein Wiener Chat-Partner in der Bundeshauptstadt weiterhin sicher. In den offiziellen Telegram-Kanal der "Feuerkrieg Division" soll er unter dem Schlagwort "Activism Austria" Fotos von Sujets gepostet haben, die er im öffentlichen Raum angebracht hatte, etwas auf Mülleimern, Trafokästen oder Plakatwänden. Zettel mit Aussagen wie "Black Lives don't matter" oder "Begeht keine Rassenschande. Ermordet den nächsten Flüchtling" werden dem 20-Jährigen zugeordnet.

Zuletzt hatte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) Zugriffe auf Messenger-Dienste zur Terror- und Spionageabwehr gefordert. Ein vom Innenministerium ausgearbeiteter Gesetzesentwurf soll vorsehen, dass bei einer konkreten Verdachtslage in Richtung terroristischer Straftaten bzw. geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs bestehende Sicherheitslücken bei Handys zukünftig genutzt werden können, um mittels einer Software die Geräte von Verdächtigen auf Inhalte zu überprüfen, die über Dienste wie WhatsApp oder Signal ausgetauscht werden.

Dabei geht es um keine Online-Durchsuchung der gesamten am Handy abgespeicherten Daten. Das Ausspähen soll sich auf die am Gerät installierten Messenger-Dienste beschränken. Die entsprechende Anordnung soll dem Bundesverwaltungsgericht obliegen und unter strengen Sicherheitskriterien - etwa mit Einbeziehung des Rechtsschutzbeauftragten - erfolgen. Sollte sich der Verdacht erhärten, könnten dann rasch strafrechtliche Schritte wie Festnahmeanordnungen oder Hausdursuchungen zwecks Gefahrenabwehr in die Wege geleitetet werden. Bestätigt sich der Verdacht in Richtung Terrorismus und Spionage demgegenüber nicht, sieht der ausgearbeitete Gesetzesvorschlag ein Beweisverwertungsgebot für allfällige "Zufallsfunde" - etwa illegale Geschäfte, die über Messenger-Dienste abgewickelt werden - vor, sofern das infrage kommende Delikt nicht mit einer mehr als zehnjährigen Freiheitsstrafe bedroht ist.

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