APA - Austria Presse Agentur

Mittlerweile 900.000 von Nord- nach Süd-Gaza geflohen

Tausende weitere palästinensische Zivilisten sind am Mittwoch aus dem heftig umkämpften Norden des Gazastreifens in Richtung Süden geflohen.

Palästinensische Augenzeugen bestätigten entsprechende offizielle Mitteilungen Israels. Die Armee teilte mit, seit Beginn des Gaza-Kriegs vor einem Monat hätten bereits mehr als 900.000 Menschen den Norden verlassen. Das UNO-Nothilfebüro OCHA spricht von rund 1,5 Millionen Binnenflüchtlingen im Gazastreifen.

Der Küstenstreifen, der flächenmäßig kleiner als Wien ist, hat mehr als 2,2 Millionen Einwohner. Israels Armee hatte den Zivilisten im nördlichen Gazastreifen zuvor ein neues Zeitfenster für die Flucht in den Süden genannt. Die Armee erlaube zwischen 10.00 Uhr und 14.00 Uhr Ortszeit (13.00 Uhr MEZ) die Durchfahrt auf einer Verbindungsstraße Richtung Süden, schrieb ein Sprecher am Vormittag auf Arabisch auf der Plattform X.

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Er veröffentlichte dazu eine Karte, auf der die Straße eingezeichnet war. Der Sprecher rief die Menschen dazu, sich zu ihrer eigenen Sicherheit schnellstmöglich in Richtung Süden zu bewegen. "Der Norden des Gazastreifens wird als erbittertes Kampfgebiet betrachtet, und die Zeit zur Evakuierung läuft ab", schrieb er. Gegen Mittag teilte der Sprecher mit, aufgrund der starken Inanspruchnahme des Fluchtkorridors werde das Zeitfenster um eine Stunde verlängert.

Ein Sprecher des von der militanten Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza hatte am Dienstag gesagt, es gebe keinen sicheren Ort im gesamten Gazastreifen. Er warf Israel vor, auch im Süden des Küstenstreifens "Massaker" zu begehen. Der Sprecher riet den Menschen im Norden daher, den Anweisungen der israelischen Armee nicht Folge zu leisten. Israel wirft der Hamas dagegen vor, sie missbrauche palästinensische Zivilisten gezielt als "menschliche Schutzschilde".

Vor mehr als einer Woche hatte die israelische Armee eine neue Phase im Krieg gegen die im Gazastreifen herrschende Hamas eingeläutet und seine Einsätze am Boden ausgeweitet. Sie hatte die Menschen im Norden bereits mehrfach aufgefordert, in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu fliehen. Das Militär bekämpft derzeit vor allem im Norden die Einrichtungen der islamistischen Hamas. Doch auch im Süden kam es bereits wiederholt zu israelischen Luftangriffen.

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Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist seit Kriegsbeginn vor genau einem Monat nach Angaben des Hamas-kontrollierten Gesundheitsministeriums auf 10.569 gestiegen. Mehr als 26.000 Menschen seien verletzt worden, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Unter den Toten seien 4.324 Kinder und Jugendliche.

Am Dienstag hatte die Behörde noch von insgesamt 10.328 getöteten Palästinensern berichtet. Rund die Hälfte der Toten "der vergangenen Stunden" stammen laut Gesundheitsministerium aus dem südlichen Gazastreifen. Zudem gebe es 2.550 Berichte zu vermissten Personen, davon 1.350 Minderjährige. Die Zahlen und Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen. Den Angaben zufolge handelt es sich um die mit Abstand größte Zahl von Toten unter Palästinensern während eines Krieges in der Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts.

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Auslöser des Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der islamistischen Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober im Grenzgebiet verübt haben. Auf israelischer Seite sind dabei und in den Tagen darauf mehr als 1.400 Menschen getötet worden, darunter auch viele Frauen, Kinder und Jugendliche.

Im Laufe einer Woche haben mehr als 2.000 Ausländer und Palästinenser mit einem zweiten Pass den Gazastreifen in Richtung Ägypten verlassen. Das teilte die Grenzbehörde am Übergang Rafah am Dienstag auf Nachfrage mit. Seit Mittwoch vergangener Woche hatten erstmals Hunderte Ausländer und Palästinenser mit weiterem Pass das Küstengebiet verlassen. Zudem seien seitdem etwa 100 Verwundete, zehn Krebspatienten sowie insgesamt 90 Begleiter nach Ägypten ausgereist.