APA - Austria Presse Agentur

Modern gedeutete "Aida" trotzte in Linz Corona

Nach einem halben Jahrhundert ist Giuseppe Verdis Pharaonen-Oper "Aida" wieder in Linz am Spielplan. Im Vorfeld der Premiere am Mittwoch im Musiktheater gab es noch Stolpersteine zu beseitigen: Wegen des Lockdowns musste der Termin um einen Monat verschoben werden und Opernchef Markus Poschner übernahm innerhalb einer Woche das Dirigat der Premiere. Fazit: musikalisch durchaus erfolgreich, in der Inszenierung nicht ganz unumstritten, gesetzliche Sperrstunde eingehalten.

Um die alt-ägyptischen "Verona-Klischees" einer Aida-Inszenierung zu vermeiden, verwendet Regisseurin Sabine Hartmannshenn einen gestalterischen und thematisch neuen Schwerpunkt. Mit einem "Theater im Theater" wird die Verdi-Oper auf einer Probebühne einstudiert. Das ist anfänglich sogar humorvoll und bezieht auch Mitglieder der Bühnentechnik, der Garderobe und der Reinigung mit ein. Es werden aber auch private Beziehungen zwischen Aida, Ramses und Amneris deutlich. Die Tochter des ägyptischen Königs muss erkennen, dass ihr die äthiopische Sklavin Aida den Feldherrn Radamès nicht nur bei Verdi, sondern auch privat ausspannt. In der Dreiecks-Beziehung setzt die Regisseurin daher den Fokus auf Amneris, die nicht nur kalte Konkurrentin ist, sondern auch - wie im Finale der Oper - eine Seele hat.

Verstärkt wird diese Entwicklung durch vier Tänzerinnen und Tänzer. Sie begleiten Amneris während der gesamten Oper in allen seelischen Zuständen. Die beeindruckendste szenische Idee dieser Produktion! In der Choreografie von Jörn-Felix Alt zeigen Anna Barbara Bonatto, Katharina Glas, Urko Fernandez Marzana und Lukas Ruziczka tänzerische Glanzleistungen.

Die Proben-Situation (Bühne: Stefan Heinrichs) tritt im Verlauf des Abends in den Hintergrund. Auch die wenigen Ägyptika auf der Bühne verschwinden, um dem finalen Kammerspiel der drei Protagonisten den Raum zu überlassen. Zuvor jedoch sorgen die Massenszenen für musikalischen und optischen Glanz. Der Triumphmarsch kommt locker ohne einmarschierende Statisten aus. Die Straßenkleidung der Akteure (Kostüme: Edith Kollath) wird lediglich mit wenigen Dekors der Pharaonenzeit behübscht. Bloß Aidas Kostüm bleibt unvorteilhaft.

Musikalisch kann der Abend locker mit dem Geschehen auf der Bühne mithalten. Markus Poschner führt das zuvor von Enrico Calesso einstudierte Bruckner Orchester Linz sowohl in den kammermusikalisch intimen Szenen als auch "triumphal" zu bewährter Klangqualität. Chor und Extrachor des Landestheaters (einstudiert von Elena Pierini und Martin Zeller) genießen hörbar ihre attraktiven Aufgaben und bewegen sich einsatzfreudig. Elena Batoukova-Kerl setzt ihren hochdramatischen Mezzo überzeugend ein und verbindet ihren Gesang mit intensiver Gestaltung. Sonja Saric ist eine höhensichere und berührende Aida. Sung-Kyu Park gleicht seine zurückhaltende Darstellung mit strahlendem Tenor aus. Verlässlich in ihren Aufgaben: Michael Wagner (König), Petar Naydenov (Ramfis) und Adam Kim (Amonasro).

Zum Schluss beifälliger, wenn auch nicht enthusiastischer Applaus. Dennoch wegen der musikalischen Qualität und der fantasievollen Regie eine uneingeschränkte Besuchsempfehlung - bis Juni 2022.

(S E R V I C E - Giuseppe Verdis "Aida" im Musiktheater Linz; Regie: Sabine Hartmannshenn, Musikalische Leitung: Enrico Calesso/Markus Poschner, Bühne: Stefan Heinrichs, Kostüme: Edith Kollath. Mit Sung Kyu Park - Radamès, Sonja Saric - Aida, Elena Batoukova-Kerl - Amneris. Weitere Vorstellungen: 6., 17., 21. Jänner und 2., 25. Februar. Karten und Infos unter http://www.landestheater-linz.at)