Terror-Anschlag in Wien: Ein möglicher Beteiligter wurde verurteilt
Sechs Monate wurden unbedingt ausgesprochen, 18 Monate bekam der 18-Jährige unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nachgesehen.
Zudem wurde dem jungen IS-Sympathisanten die Weisung erteilt, sich einem Deradikalisierungsprogramm zu unterziehen und vierteljährlich dem Gericht über die Fortschritte zu berichten. Das Urteil ist bereits rechtskräftig, sowohl der Staatsanwalt als auch der 18-Jährige waren damit einverstanden. Bei der Strafbemessung wäre ein Strafrahmen von bis zu fünf Jahren zur Verfügung gestanden. Dem Burschen wurden seine bisherige Unbescholtenheit und seine geständige Verantwortung mildernd angerechnet.
Fingerabdrücke auf Tatwaffen
Die Anklage gegen den aus Bangladesh stammenden Burschen, der 2013 nach Österreich gekommen war, hatte sich nicht auf die Terror-Nacht und damit in Zusammenhang stehende Vorwürfe bezogen. Dazu sind die Ermittlungen im Laufen, am vergangenen Wochenende wurden zwei weitere Verdächtige festgenommen, deren Fingerabdrücke sich auf den Tatwaffen des von der Polizei erschossenen Attentäters befunden haben sollen. Die aktuelle Anklage gegen den 18-Jährigen umfasste Vorgänge zwischen März 2018 und Oktober 2019, wobei der Attentäter Kujtim Fejzulai aber sehr wohl eine Rolle spielte: der damals 16-Jährige soll den späteren Attentäter in dessen Plänen bestärkt haben, als dieser ihm ankündigte, er wolle nach Syrien reisen und sich dort der radikalislamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) anschließen, um als Kämpfer zur "Eroberung" Syriens beizutragen.
Der 18-Jährige, der Fejzulai zuvor mit IS-Propagandamaterial versorgt hatte, soll diesen dafür in holprigem Deutsch gelobt ("Möge Allaah dich höchste Platz in Paradise nimmt") und ihm "Schutz" vor den "Kuffar" (Ungläubigen, Anm.) gewünscht haben. Außerdem erklärte der damals Jugendliche dem Älteren, er werde nach Abschluss seiner Ausbildung selbst gen Syrien ziehen.
Fejzulai war am 1. September 2018 nach Syrien aufgebrochen, wurde aber in der Türkei aufgegriffen, festgenommen und nach vier Monaten in einem türkischen Gefängnis an Österreich ausgeliefert. Hier wurde er Ende April 2019 wegen terroristischer Vereinigung zu 22 Monaten verurteilt, wobei ihm die Haft in der Türkei sowie die U-Haft in Wien angerechnet wurden. Anfang Dezember 2019 wurde der spätere Attentäter gegen Auflagen - unter anderem wurde ihm die Fortsetzung eines während der Inhaftierung begonnenen Deradikalisierungsprogramms aufgetragen - vorzeitig bedingt entlassen.
Anfang des heurigen Jahres habe er Fejzulai dann zufällig wieder getroffen, erzählte der 18-Jährige nun einem Schöffensenat: "Ich hab' mich gewundert dass er vom Gefängnis sehr schnell raus ist." Im Juli sah er den späteren Attentäter ein letztes Mal am Handelskai, als er von einem gemeinsamen Bekannten zu einem Treffen in größerer Gruppe gebeten wurde. Von Fejzulais Terror-Plänen habe er nichts gewusst und nichts dazu beigetragen, betonte der 18-Jährige, der am 1. September eine Lehre als Elektrotechniker begonnen hatte. Vor Gericht beteuerte er, er habe sich inzwischen vom IS abgewandt: "Ich bin jetzt gegen den 'Islamischen Staat'. Nach der ersten Razzia (im Herbst 2018, Anm.) haben meine Eltern und mein Bruder mir das erklärt."
Der 18-Jährige machte äußerlich rein gar nicht den Eindruck eines Terroristen. Körperlich wirkte der kleinwüchsige Angeklagte fast noch kindlich, zur Verhandlung erschien er in zu großen Badeschlapfen, einem blauen Hoodie und in abgetragenen Jeans. Als er am Rande der Verhandlung erwähnte, Fejzulai habe ihm einen Job als Security-Mitarbeiter verschaffen wollen, löste er bei einem Gutteil der Zuhörer Amüsement aus.
In seiner Beschuldigteneinvernahme gab sich der mögliche Mitbeteiligte am Terror-Anschlag in Wien zu den inkriminierten, auf 2018 bezogenen Vorwürfen reumütig geständig. Er habe dem späteren Attentäter zur Absicht, sich dem IS anzuschließen, gratuliert und mit diesem Propagandamaterial geteilt. "Es war nicht Wert, was ich gemacht habe. Es war einfach dumm. Ich wollte Leute aus vielen Ländern kennenlernen. Ich wollte Anerkennung", sagte der 18-Jährige.
Der Angeklagte hatte Kujtim Fejzulai im Alter von 16 in einem Park kennengelernt, in dem sich junge Islamisten zu treffen pflegten. Der aus Bangladesh stammende Bursch hatte eine schwierige Zeit hinter sich. Er tat sich mit der deutschen Sprache schwer, wurde deswegen verspottet und - wie sein Anwalt Wolfgang Ebner dem Gericht erklärte - auch seiner Hautfarbe wegen gemobbt.
Obwohl er ursprünglich mit der Religion nicht viel am Hut hatte - er betete zwar regelmäßig, war aber kein strenger Moslem - änderte sich das in Richtung "ein bisserl Radikalislam", wie der Angeklagte zugab. Am Anfang sei er gegen den IS gewesen, "weil die haben jeden getötet". Dann fand er aber speziell an den Nasheeds (Kampfgesängen, Anm.) Interesse: "Die Melodien haben mir gefallen."
Radikalisiert habe sich sein Mandant ausschließlich mithilfe des Internet, stellte Verteidiger Ebner fest: "Die Digitale Moderne ist auch bei den Islamisten angekommen." Auf Instagram und Telegram habe der Außenseiter Anschluss gefunden und in Chats dank seines IT-Wissens Anerkennung gefunden. Als Fejzulai Richtung Syrien aufbrach, verwaltete der Jüngere einen Kanal des Älteren. Und er hielt mit Fejzulai weiter Kontakt: "Ich wollte wissen, wie es dort (gemeint: Syrien, Anm.) ist." Er glaube jedoch nicht, dass sein Beitrag Fejzulai auf die Reise gebracht habe: "Er wäre auch ohne mich gefahren. Ich glaube nicht, dass ich ihn bestärkt habe."
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