APA - Austria Presse Agentur

"Moneyboys"-Regisseur: "Atmosphäre der Bilder und Blicke"

"Es war wunderbar. Alle haben mir gratuliert. Ich war sehr erleichtert." Am Tag nach der Weltpremiere seines Films "Moneyboys" steht Regisseur C.B. Yi noch immer unter den Eindrücken von gestern. Am Abend gab es u.a. ein Dinner für die Konkurrenten um die Caméra d'Or für den besten Debütfilm, heute stehen viele Interviews auf dem Programm. Erst am Abend wird auf der Arte-Jacht im Hafen gefeiert. Und bis zum Wochenende heißt es auf einen "Un Certain Regard"-Preis hoffen...

C.B. Yi, der als Bo Chen die Wiener Filmakademie besucht hat und sich als Regisseur nun einen Künstlernamen zugelegt hat, um das Private vom Beruflichen klar zu trennen, ist mit seinen 45 Jahren erstmals bei den Filmfestspielen in Cannes. "Ich bin ein Spätzünder", lacht er im Interview mit der APA. Als 13-Jähriger ist der in einem kleinen chinesischen Fischerdorf Geborene seinen Eltern nach Österreich gefolgt, in ein steirisches Dorf, in dem er Gefahr lief, das typische Migrantenschicksal zu erleiden: in keiner Kultur, an keinem Ort wirklich zu Hause zu sein. Er ging nach Wien, später zeitweise zurück nach China. "Eigentlich habe ich mich erst im Lockdown entschieden, in Wien Wurzeln zu schlagen." Hier hat er nun auch eine Filmfirma gegründet, um seine Projekte voranzutreiben. Denn "Moneyboys" soll nur ein Anfang sein.

"Moneyboys" zeigt einen jungen Mann, der in der Stadt als Prostituierter arbeitet und von seiner im Heimatdorf lebenden Familie, die er mit dem so verdienten Geld unterstützt, verachtet wird. Der Film, an dem er acht Jahre lang gearbeitet hat, spielt in China. "Natürlich ist die eigene Heimat einem schon unterbewusst näher als alles andere", sagt C.B. Yi. "Hier ist einem alles vertraut, die Landschaft und die Menschen. Außerdem wollte ich mit dem Film auch selbst eine Gelegenheit ergreifen, China kennenzulernen. Aber es hätte nicht um jeden Preis der Schauplatz meines ersten Langfilms sein müssen. Ich hatte daneben auch ein österreichisches Projekt, das es genauso gut hätte werden können..."

"Moneyboys" ist ein Film geworden, der mehr von seiner Atmosphäre und der Nähe zu den Darstellern als von seinen Dialogen geprägt ist. "Es geht nicht um Realismus, es geht um Atmosphäre. Es geht darum, in den Zuschauern Gefühle entstehen zu lassen. Es geht um Bilder und Blicke, die die Charaktere miteinander tauschen", umreißt C.B. Yi sein Credo. Vieles von dem, was ihm in seinem Film wichtig ist, hat er von Michael Heneke. "Er war der Grund, warum ich unbedingt auf die Filmakademie wollte. Er ist ein starker Anhaltspunkt, denn er sagt immer präzise, was er denkt. Durch ihn habe ich die Sicherheit bekommen, zu wissen, was ich mag und was nicht, und wie ich als Filmemacher sein möchte. Für ihn zählt nur Qualität. Wenn man ihn kopiert, kann man auf jeden Fall nichts falsch machen. Man muss nur rechtzeitig die Nabelschnur abtrennen." Was hat C.B. Yi am meisten von Haneke gelernt? Der Regisseur denkt länger nach und entscheidet sich für: "Durch ihn habe ich auf jeden Fall gelernt, konsequent zu sein!"

Qualität und Konsequenz war auch das Erfolgsrezept, seine Vorstellungen bei der Besetzung der Hauptrolle von "Moneyboys" durchzusetzen: "Kai Ko ist ein echter Superstar in China. Die Produzenten haben aber nicht geglaubt, dass es möglich sein werde, so einen teuren Schauspieler für das Projekt zu gewinnen. Ich habe aber gesagt: Ihr braucht nur den Kontakt herzustellen, den Rest mache ich. Das hat geklappt. Und es war gar nicht schwer."

"Moneyboys" soll der Anfang einer Trilogie sein. Die Drehbücher für die beiden anderen Filme sind bereits fertig. Der nächste Film, die Vater-Sohn-Geschichte "Pureland" soll in Europa spielen und in Paris gedreht werden. "Im August bin ich dort für Recherche." C.B. Yi ist voller Pläne - damit aus dem Spätzünder ein Durchstarter wird.

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)