"Montierte Welten" von Hannah Höch im Unteren Belvedere

Hannah Höchs besonderer Blick zeigt sich nicht nur in der "Liebe"
Ihr geht man gerne auf den Leim: Mit Hannah Höch widmet sich das Untere Belvedere in einer aktuellen Ausstellung nicht nur einer zentralen Figur der Deutschen Moderne der 1920er, sondern zeigt mit der ersten großen Einzelschau hierzulande das Werk der Miterfinderin der Collage und Fotomontage. Passenderweise "Montierte Welten" betitelt, führt die Präsentation die vielfältige Wirkungsweise bearbeiteter und zusammengesetzter Bilder vor Augen.

Aus Tieren und Menschen bestehende Gesichter, ein auf grauem Hintergrund isoliertes Lächeln oder sich aus ockerfarbenem Grund erhebende architektonische Strukturen: Höchs Arbeiten zeugen von Variantenreichtum und Witz. Die Summe ist hier tatsächlich mehr als die einzelnen Teile, entsteht doch durch die mittels Schere und Leim entstandene Zusammensetzung eine Erzählung, die Körperteile, Mimik oder Gegenstände in einen neuen Kontext setzt und gern auch in psychedelisch anmutende Welten entführt. Nicht zu vergessen die Titel der Werke, die in knappen Beschreibungen nur oberflächlich das Gezeigte einordnen - auf den zweiten Blick aber eine neue Ebene aufmachen.

Höch (1889-1978) habe sich als einzige Frau im Kreis der Berliner Dadaisten behaupten können, wird Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig in den Presseunterlagen zitiert. Als "innovative Künstlerin, scharfe Beobachterin und politischer Geist" könne man sie mit ihren Werken heute gar als "Künstlerin der Stunde" bezeichnen. Eine Beurteilung, der man insofern gerne zustimmt, als Höchs Arbeiten keineswegs wie vor 100 Jahren entstanden wirken, sondern durch die ironische Brechung ganz auf der Höhe der Zeit anmuten. Der Schwerpunkt der in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Paul Klee in Bern konzipierten Ausstellung liegt auf den Fotomontagen, wobei auch eine Auswahl an Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken zu sehen ist.

Das Oeuvre der Künstlerin und ihr filmischer Zugang in den Arbeiten werden ergänzt durch Filmprojektionen von Hans Richter, Viking Eggeling, Alexander Dowschenko oder Fernand Léger. Sie alle kannte Höch und wurde von ihnen auch inspiriert. Letztlich schuf sie "ein Werk, das kunsthistorisch unverwechselbar ist", so Kurator Martin Waldmeier. "Trotzdem wurde ihre Pionierleistung erst spät anerkannt." Dabei gebe es nur wenige künstlerische Positionen aus den 1920er-Jahren, die auf die Kunst des 21. Jahrhunderts eine solche Faszination ausüben. "Indem Höch die visuelle Alltagskultur der modernen Gesellschaft zum Gegenstand ihrer Kunst macht und mit ihren Bildern die mediale Welt ordnet und kommentiert, ist sie auch heute hochaktuell." Zu sehen ist die Ausstellung bis 6. Oktober.

(S E R V I C E - Ausstellung "Hannah Höch. Montierte Welten" von 21. Juni und 6. Oktober, Unteres Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien, Mo-So 10-18 Uhr; Katalog zur Ausstellung, hrsg. von Stella Rollig, Martin Waldmeier, Nina Zimmer, 200 S., Scheidegger & Spiess Verlag, 39,10 Euro. www.belvedere.at)

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