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mRNA-Impfstoffe sollen im Kampf gegen Krebs helfen

Das deutsche Biotech-Unternehmen BioNTech macht abseits der Corona-Impfstoffe mit einem individuellen Krebsimpfstoff Fortschritte.

Die mRNA-Vakzine haben mit der Covid-19-Pandemie binnen kürzester Zeit für einen Umbruch in der Impfstofflandschaft gesorgt.

Das deutsche Biotech-Unternehmen BioNTech aber macht abseits dieser Vakzine mit einem individuellen Krebsimpfstoff Fortschritte, erklärte der österreichische Co-Gründer des Unternehmens, Christoph Huber, zum Abschluss der Praevenire Gesundheitstage in Seitenstetten.

"Wir haben bereits an rund 1.000 Probanden gezeigt, dass wir eine individuelle Krebsvakzine mit mRNA-Technologie binnen vier Wochen herstellen können.

Der Impfstoff wird gegen 20 (Tumor-)Merkmale des Patienten produziert", sagte Huber, der als Co-Gründer in den Gremien von BioNTech über die Projekte mitentscheidet und auch die im Blitztempo erfolgte Entwicklung des Pfizer/BioNTech-Covid-19-Impfstoffes von Ugur Sahin & Co. mitverantwortet hat.

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Die mRNA-Impfstoffe profitieren insgesamt von Digitalisierung und Robotik inklusive der schnellen Sequenziertechniken für DNA.

Bei den Vakzinen erhält der Patient bloß die RNA-Matrize für die Produktion der Antigene in seinem Körper, gegen die sich die gewünschte Immunantwort richten soll. BioNTech setzt bei den Tumorimpfstoffen auf zwei verschiedene Wege.

Huber: "Unser 'FixVac' zielt auf Antigene, die sich in Tumoren befinden, aber auch teilweise in gesundem Gewebe ('Shared Antigens'). Wir wählen vier bis fünf dieser Antigene aus, gegen die jeder Patient (mit einer bestimmten Tumorart; Anm.) geimpft werden kann."

Es handelt sich dabei um eine Tumorvakzine "von der Stange". Bei sonst kaum mehr behandelbaren Melanompatienten konnte mit einer solchen Vakzine von BioNTech im vergangenen Jahr gezeigt werden, dass etwa die Hälfte der Patienten ein Ansprechen zeigte.

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Wesentlich aufwendiger sind die individuellen Neoantigen-Vakzine von BioNTech. "Das ist eine voll individualisierte Immuntherapie mit 20 individuellen Neoantigenen.

Jeder Impfstoff ist ein Unikat für den jeweiligen Patienten", sagte Huber. Dazu muss Tumorgewebe vom einzelnen Patienten auf Genmutationen untersucht werden, die für ausschließlich in den bösartigen Zellen vorkommende Proteine kodieren.

Dann werden die 20 wichtigsten aus der individuellen Probe herausgesucht und mRNA für sie in der Vakzine integriert.

"Damit konnte die Rückfallhäufigkeit bei behandelten Krebspatienten praktisch verhindert werden", sagte der Wissenschafter. Dies sei bisher in frühen Studien erfolgt. "Das gibt uns großen Mut und wird jetzt in großen Studien mit Genentech/Roche gemacht."

Die internationalen Studienregister weisen zu dem Projekt einerseits eine große Studie der Phase I mit 770 Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Tumoren auf, die mit der iNeST-Vakzine Cevumeran von BioNTech entweder allein oder mit dem Immuntherapeutikum Pembrolizumab behandelt werden.

Alle 21 Tage erfolgt die Impfung. Die Patienten leiden an verschiedenen Tumorarten (z.B. Melanom, nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, Blasenkarzinom, Dickdarmkarzinom etc.). Diese Untersuchung soll bis 2024 laufen. Hinzu kommt eine Studie der Phase II mit 132 Melanompatienten, ebenfalls zur Hälfte mit bzw. ohne Pembrolizumab. Diese Untersuchung soll bis 2022 erfolgen.

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Die Projekte von BioNTech umfassen aber auch Impfstoffe zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten. Eine Vakzine gegen Krankheitserreger sei jedenfalls wegen der begrenzten Zahl der möglichen Antigene - beim Covid-Impfstoff allein das Spike-Oberflächenantigen - leichter umzusetzen als die Krebsvakzine.

Es gelte jedenfalls, auch in Europa die Innovationskraft der Wissenschaft zu stärken. "Was uns sehr bestürzt, ist, dass die Innovationen in Europa nur schlecht vorankommen. Während in den USA 60 Prozent der innovativen Medikamente aus den Universitäten oder Ausgründungen" kämen, erfolge das in Europa kaum oder nur sehr selten, betonte der Wissenschafter.