APA - Austria Presse Agentur

"Mütter von Srebrenica" ziehen vor EGMR

Angehörige von Opfern des Massakers von Srebrenica haben vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg Beschwerde gegen den niederländischen Staat eingereicht. Die "Mütter von Srebrenica" werfen den niederländischen UN-Soldaten, die während des Jugoslawienkrieges in Bosnien stationiert waren, vor, Hunderte muslimische Männer und Buben nicht ausreichend geschützt zu haben.

In der Beschwerde geht es um die Mitverantwortung niederländischer UN-Soldaten für den Tod von etwa 350 Buben und Männern, die sich direkt auf ihrem Stützpunkt aufgehalten hatten. Bosnisch-serbische Milizen hatten sie damals mit Erlaubnis der Blauhelm-Soldaten aus dem Lager geholt, verschleppt und später getötet.

Das oberste niederländische Gericht hatte im Juli geurteilt, dass die niederländischen Blauhelm-Soldaten eine geringe Teilschuld am Tod der Zivilisten trügen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Muslime in Sicherheit gewesen wären, hätten die niederländischen UN-Soldaten den bosnisch-serbischen Milizen nicht ihre Erlaubnis erteilt, bezifferten die Richter auf zehn Prozent.

Die Anwälte der Opfervereinigung "Mütter von Srebrenica" nannten das Den Haager Urteil "vollkommen willkürlich". "Dem Obersten Gericht zufolge wären diese Männer wahrscheinlich in jedem Fall getötet worden, auch wenn sie auf dem Stützpunkt hätten bleiben dürfen", kritisierten die Anwälte Marco Gerritsen und Simon van der Sluijs am Montag. Es habe jedoch nie eine "Diskussion über die Überlebenschancen" der Menschen stattgefunden. Dies sei ein Verstoß gegen das in der europäischen Menschenrechtskonvention festgeschriebene Recht auf ein faires Verfahren.

Das Massaker an etwa 8.000 muslimischen Buben und Männern in Srebrenica gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Insgesamt wurden während des Jugoslawienkrieges von 1992 bis 1995 mehr als 100.000 Menschen getötet und etwa 2,2 Millionen weitere vertrieben.