Musikerin Mine fühlt sich, "als würde ich aufblühen"
Denn seit ihrem erfolgreichen Vorgänger "Hinüber" (2021) hat sich einiges getan bei Jasmin "Mine" Stocker. "Mein Lebensalltag hat sich ein bisschen verschoben, weil ich Mutter geworden bin." Hat sie früher eigentlich immer an ihren Songs getüftelt, sei das diesmal nicht möglich gewesen, weil sie die Zeit dafür nicht hatte. "Ich hatte also diese Ideen in meinem Kopf, konnte die Inspiration aber nicht direkt ins Songwriting mitnehmen. Stattdessen hat es sich angestaut. Das war ein Gefühl, als ob ich gleich platze. Es war voll schön, das rauslassen zu können."
Ein anderer Unterschied waren ihre finanziellen Möglichkeiten. "Ich habe das große Privileg, das sich mit meiner Musik mehr Geld verdiene als vorher. Das ist eine künstlerische Freiheit, die damit einhergeht", so Mine. "Wenn ich mir denke: Oh, ich höre da jetzt Hörner - dann lade ich mir einfach vier Hörner ein. Das kann man sich nicht einfach so leisten." Vor allem, wenn die Gastmusiker fair bezahlt werden sollen, "und diesen Anspruch habe ich schon". Das Resultat sind üppig klingende Songs, wie der Titelsong und Albumopener "Baum" oder der melancholisch-schöne Schluss von "Danke gut". Andererseits hat Mine ihr Faible für knackig-konzentrierte Arrangements nicht aufgegeben.
Dass die Platte teils wie eine Bilanz klingt, sei nicht unbedingt geplant gewesen. "Erst als es fertig war, habe ich gemerkt, dass ich viel in der Retrospektive geschrieben habe. Was ist passiert, und was ist daraus geworden?" Letztlich befinde sie sich derzeit "in einer sehr guten Phase meines Lebens. Ich hätte gar nicht gedacht, dass ich mal in dieser Position bin, wie es mir privat und im Musikalischen geht. Ich konnte aus all den Dingen so viel rausziehen." Die Sounds klingen wie ein Best-of ihres bisherigen Schaffens mit allerlei neuen Facetten, sei es der reduzierte Pianotrack, dezente Elektronikeinflüsse oder die augenzwinkernde Pophymne, wie es beispielsweise "Fesch" geworden ist. "Ich fühle mich gerade, als würde ich aufblühen."
Überraschen kann Mine auch mit zwei interessant gewählten Choreinsätzen. Kurz dachte sie sogar daran, mit diesen Ideen in Richtung einer eigenständigen EP als Komponistin zu gehen, habe sich dann aber anders entschieden: "Ich steck das alles mit rein! Ist doch voll geil, wenn das dann um die Ecke kommt." So kommt man nun in den Intros von "Danke gut" sowie "Schattig" in den Genuss des Männerchors ffortissibros sowie des Kieler Knabenchors. Ohnehin gehen Mine die Ideen nicht aus, würde sie sich doch gerne einmal an einem richtigen Dancetrack versuchen ("Wie erschaffe ich so einen Vibe, so eine Welt, ohne dass ich was kopiere?") oder etwas für ein Blasensemble komponieren. "Und was ich auch machen will: Mit Stepptänzerinnen zusammenarbeiten, wo der Beat nur aus Stepp besteht."
Zunächst gilt aber die Aufmerksamkeit erst mal "Baum", wobei ab April eine große Tour ansteht - inklusive Wien-Termin am 23. April (Arena). Vielleicht bekommt man dabei auch das ein oder andere besondere Instrument zu Gesicht, hat Mine doch ein Faible für die unterschiedlichsten Klangerzeuger, wie auch ihre Insta-Reihe "Sweete Instrumente" zeigt. "Irgendwie laufen mir die Sachen immer über den Weg", lachte sie. "Ich kann einfach an keinem Instrumentenladen vorbei gehen." In Sachen Platz sei ihr Studio jedenfalls noch nicht ausgereizt. "Ein bisschen geht noch." Denn trennen könne sie sich von diesen liebgewonnen Weggefährten nicht. "Ich bin eigentlich ein ziemlicher Minimalist. Aber es gibt zwei Dinge, davon habe ich viele: Brillen und Instrumente." Beides habe einfach einen emotionalen Wert.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - https://minemusik.de)
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