APA - Austria Presse Agentur

Muslimische Hilfsorganisation soll KARIMA heißen

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) arbeitet am Aufbau einer eigenen Hilfsorganisation, vergleichbar mit der katholischen Caritas oder der evangelischen Diakonie. Finanziert werden solle diese über eine Stiftung, sagte IGGÖ-Präsident Ümit Vural im APA-Interview. Im Herbst solle mit einer eigenen Imame-Ausbildung gestartet werden, kündigte er zudem an. Die Regierungspläne zum Islamgesetz lehnt er weiter strikt ab.

KARIMA soll die künftige Hilfsorganisation der IGGÖ heißen, was für Karitative muslimische Arbeitsgemeinschaft steht. Als Vorarbeit dazu habe man die Seelsorge-Abteilungen der Glaubensgemeinschaft unter das Dach der Sozialabteilung zusammengeführt. "Diese Hilfe ist jetzt voranzubringen, zu institutionalisieren und zu professionalisieren", so Vural. Nächster Schritt sei die Gründung der Stiftung, mit der Sozialprojekte, wie etwa die Flüchtlingsarbeit, finanziert werden sollen.

Ein weiteres Projekt steht für die IGGÖ mit der Imame-Ausbildung an. Dies sei keine leichte Aufgabe, betont Vural, da die Glaubensgemeinschaft selbst keine Geistlichen beschäftige, sondern die Moscheen. Die Ausbildung soll Ende Oktober zunächst berufsbegleitend und für drei Jahre beginnen. Der Präsident hofft dabei nicht nur, dass Jugendliche diese in Anspruch nehmen. Auch Funktionäre sollen darauf zurückgreifen, auch wenn diese dann nicht als Imame arbeiten möchten. Die Ausbildung wird zudem Männern und Frauen gleichermaßen offen stehen.

Die Wiedereröffnung der Tewhid-Moschee, deren Rechtspersönlichkeit nach dem Terroranschlag in Wien aufgehoben worden war, verteidigt Vural. "Wir können uns nur an Fakten und Evidenz orientieren, wie es auch die im Innenministerium angesiedelte Vereinspolizei getan hat", meint er dazu und betont, dass der Austausch des dortigen Imams freiwillig geschehen sei. Künftig werde es aber für die Einrichtung Supervision vonseiten der IGGÖ geben. Wichtig sei, "dass wir eine viel bessere Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit voranbringen müssen".

Was der IGGÖ-Präsident nach wie vor ablehnt, sind die Regierungspläne unter dem Titel der Terrorismus-Bekämpfung, die massive Änderungen im Islamgesetz vorsehen. Eine verpflichtende Offenlegung der Finanzgebarung sei einzigartig unter den Religionsgemeinschaften, betont er, und: "Solange Geld nicht von einem ausländischen Staat stammt, betrifft seine Aufbringung sowie die Mittelverwendung den inneren Wirkungsbereich der Glaubensgemeinschaft und unterliegt nicht der staatlichen Kontrolle."

Auch ein "Imame-Register" lehnt Vural ab. "Wir als Glaubensgemeinschaft wissen, welcher Imam in welcher Moschee predigt. Es geht hier um die pauschale Übermittlung der Listen an das Bundeskanzleramt und das im Kontext eines Terroranschlages, das ist sehr verstörend." Vielmehr wünscht er sich eine bessere Zusammenarbeit mit den Behörden, "weil wir keine sicherheitspolitischen Agenden übernehmen können. Wir sind keine Religionspolizei und können nicht auf dieselben Mittel zurückgreifen wie die entsprechenden Behörden."

Zuversichtlich zeigt sich Vural bezüglich der Coronamaßnahmen für die Gemeinden, Cluster gebe es bis jetzt keine. Gottesdienste müssten so kurz wie möglich ablaufen, Menschenansammlungen seien verboten. Selbst der eigene Teppich müsse mitgebracht werden. Eine Impfung sei durch den eigenen theologischen Rat sogar ausdrücklich empfohlen und stehe nicht im Widerspruch zu den Fastenregeln, betont der IGGÖ-Präsident. Islamisches Prinzip sei nämlich, Schaden abzuwenden, bevor er eintritt.

"Volle Solidarität" zeigt Vural mit dem Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, über den in Chat-Protokollen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und ÖBAG-Chef Thomas Schmid abfällig gesprochen worden war. "Die Zusammenarbeit, der wertschätzende Umgang des Staates mit den Religionsgemeinschaften ist etwas, das unser Land stets ausgezeichnet hat. Das ist eine bewährte Praxis, die man nicht leichtsinnig aufgeben darf", meint der IGGÖ-Präsident dazu.

Auch für seine eigene Religionsgemeinschaft fordert Vural Respekt ein. "Es geht wirklich darum, dass man als Bürger dieses Landes wahrgenommen wird. Dass jeder, der die Wurzeln Europas in den monotheistischen Religionen verortet, zwangsläufig den Islam miteinbeziehen muss und alles andere einfach unrichtig wäre. Wenn ein Teil der Bevölkerung sich unwohl fühlt, leidet, dann leidet in Wahrheit die gesamte Gesellschaft und die Demokratie darunter."