APA - Austria Presse Agentur

Mutmaßliche Randalierer in Stuttgart in U-Haft

Nach den Krawallen in Stuttgart vom Wochenende hat die baden-württembergische Landesregierung am Dienstag eine erste Bilanz der Ermittlungen vorgelegt. Nach Behördenangaben wurden bisher acht Verdächtige in Untersuchungshaft gekommen. Gegen sieben von ihnen wurde am Montag Haftbefehl erlassen.

Gegen zwei weitere Verdächtige war demnach bereits am Sonntag Haftbefehl erlassen worden, wobei einer davon außer Vollzug gesetzt wurde. Die Vorwürfe lauten unter anderem auf schweren Landfriedensbruch, tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte und Diebstahl in besonders schwerem Fall. Die Verdächtigen besitzen die deutsche, kroatische, irakische, portugiesische und lettische Staatsangehörigkeit.

Bereits am Montag hatten die Ermittler mitgeteilt, dass einem 16-Jährigen versuchter Totschlag vorgeworfen wird. Er soll einen am Boden liegenden Studenten, der die Ausschreitungen kritisiert hatte und zusammengeschlagen worden war, gezielt gegen den Kopf getreten haben. Die Ermittler werfen dem Jugendlichen vor, den möglichen Tod des Opfers zumindest billigend in Kauf genommen zu haben.

Die insgesamt 25 Verdächtigen, gegen die nun ermittelt wird, sind nach Angaben von Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) zwischen 14 und 23 Jahre alt. Bei ihnen wurde zum Teil erheblicher Alkoholkonsum festgestellt. Bei einem 23-Jährigen wurde ein Alkoholwert von 2,23 Promille im Blut festgestellt. Die Ermittlungen führt eine 40-köpfige Ermittlungsgruppe.

In Stuttgart hatten in der Nacht auf Sonntag hunderte Menschen randaliert und Polizisten angegriffen. Die Einsatzkräfte wurden mit Flaschen und Steinen beworfen, etliche Geschäfte geplündert. Mindestens 19 Polizeibeamte wurden laut Behörden verletzt.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bezeichnete die Gewalttaten und Plünderungen nach einer Kabinettssitzung am Dienstag als einen "Anschlag auf den inneren Frieden", der auch nicht mit Corona-Frust zu rechtfertigen sei. Das gesamte Kabinett stehe hinter der Polizei.

Mit Blick auf Unruhen in den USA gegen rassistische Polizeigewalt sagte Kretschmann: "Die Polizei in Stuttgart hat in der Nacht besonnen und umsichtig reagiert - es gibt bei uns keine amerikanischen Verhältnisse." Kretschmann kündigte eine genaue Untersuchung der Ursachen für den Gewaltausbruch in Stuttgart an.

Innenminister Strobl kündigte ein Zehnpunktekonzept für Kommunen an, das Kontrollmaßnahmen, Videoüberwachung sowie Alkohol- und Aufenthaltsverbote beinhaltet. Er bot der Stadt Stuttgart an, gemeinsam mit dem Land auf dieser Grundlage ein Sicherheitskonzept für den öffentlichen Raum zu erarbeiten, wie es bereits nach dem Mord an einer Studentin in Freiburg und Gewalttaten in Heidelberg erstellt worden war. "Ich hoffe, die Nacht vom Samstag auf Sonntag hat manchem die Augen geöffnet", sagte Strobl.

Das Landeskabinett beschloss eine bereits länger geplante Vorlage zur Stärkung des Rechtsstaats, die sich vor allem an jugendliche Straftäter wendet. Demnach soll es Pilotprojekte für beschleunigte Verfahren geben, die bei einfachen Delikten eine rasche Verurteilung ermöglichen. Auch der sogenannte Warnschussarrest soll verstärkt genutzt werden, um bei Jugendlichen, die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden, das Unrechtsbewusstsein zu schärfen.

Der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, warnte indes vor einer Verharmlosung der Ausschreitungen. "Was in Stuttgart passiert ist, waren weder Happening noch Event, sondern schwerste Straftaten", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die respektlose, gewaltbereite Haltung der Randalierer sei aber keinesfalls repräsentativ für Deutschland. "Nach meiner Wahrnehmung steht die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung hinter ihrer Polizei", sagte Romann.