APA - Austria Presse Agentur

Nach Referendum in Italien stehen politische Reformen bevor

Nach dem klaren "Ja" beim Referendum über die Verkleinerung des Parlaments kommt in Italien eine Phase tief greifender politischer Reformen ins Rollen. Mit der Reduzierung der Zahl der Mandatare sind zahlreiche Neuerungen verbunden, die Italiens parlamentarisches System massiv verändern werden. 69,6 Prozent der Wahlbeteiligten stimmten für die Reduzierung der beiden Parlamentskammern um je ein Drittel. Die Wahlbeteiligung lag bei 53 Prozent.

Die Reform sieht vor, dass die Zahl der Vertreter im Abgeordnetenhaus von bisher 630 auf 400 sinkt. In der zweiten Kammer, dem Senat, sollen künftig nur noch 200 statt 315 Personen sitzen. Die Region Trentino Südtirol stellt damit in Rom nur mehr sechs statt sieben Senatoren. Drei Senatoren werden in Südtirol, drei im Trentino ermittelt. Die Wahl erfolgt weiter in Ein-Mann-Wahlkreisen. Von heute elf sinkt die Zahl der Abgeordneten aus der Region Trentino Südtirol auf sieben.

Mit der Verkleinerung des Parlaments, die zur Beschleunigen von Entscheidungsprozessen führen und Einsparungen von etwa 100 Millionen Euro ermöglichen soll, ist eine Wahlrechtsreform verbunden, über die sich die Parteien noch einigen müssen. Harte Verhandlungen stehen den politischen Kräften in Rom bevor. Gegenwärtig gilt ein komplexes Wahlsystem, das sogenannte "Rosatellum"-Gesetz, das Elemente der Mehrheits- und der Verhältniswahl verbindet. Die in Rom regierenden Sozialdemokraten (PD - Partito Democratico) fordern ein reines Verhältniswahlrecht, die rechten Oppositionsparteien wollen ein Mehrheitswahlrecht.

Mit der Verkleinerung des Senats von 315 auf 200 Mitglieder soll auch das Alter für die Wahl der italienischen Senatoren von 25 auf 18 Jahre reduziert werden. Ein dementsprechendes Verfassungsgesetz muss noch vom Parlament verabschiedet werden. Davon könnten 4,12 Millionen Italiener im Alter unter 25 Jahren profitieren, die derzeit zwar die Abgeordneten, nicht aber die Senatoren wählen dürfen.

"Somit überwindet man das Paradoxon des italienischen Senats, dessen Mitglieder nicht von allen Wahlberechtigten gewählt werden dürfen, obwohl dieser Parlamentsflügel mit der Abgeordnetenkammer gleichberechtigt ist", betonte der PD-Senator Dario Parrini. Um zum Senator gewählt zu werden, muss man in Italien weiterhin 40 Jahre alt sein. Für die Wahl zum Abgeordneten genügen 25 Jahre.

Die Reduzierung der Parlamentarierzahl ist ein Steckenpferd der stärksten italienischen Regierungspartei "Fünf Sterne", die von der Reform die Fortsetzung der Regierungskoalition mit den Sozialdemokraten abhängig gemacht hatte. Jetzt will die "Fünf Sterne"-Bewegung eine Kampagne zur Reduzierung der Gehälter starten. Ziel sei es weiterhin, die hohen Kosten der Politik in Italien zu drücken und die in den Jahrzehnten konsolidierten Privilegien abzubauen.

"Die Fünf-Sterne-Bewegung hat wieder einmal bewiesen, mit ihren Reformen der Motor dieser Legislaturperiode zu sein. Dieses Resultat ist außerordentlich", erklärte der Vorsitzende der "Cinque Stelle", Vito Crimi, und bezeichnete das Ergebnis der Volksbefragung als "historisches Resultat für Italien". Sozialdemokraten-Chef Nicola Zingaretti begrüßte den Sieg des "Ja" beim Referendum. "Jetzt beginnt eine Zeit politischer Reformen, die wir zusammen mit dem Koalitionspartner 'Fünf Sterne' vorantreiben wollen", betonte Zingaretti.

Die Verkleinerung des Parlaments wirft viele politische Fragen auf. Die oppositionelle Lega um Ex-Innenminister Matteo Salvini fordert jetzt Neuwahlen. Nach dem Referendum sei es offenkundig, dass ein neues Parlament gewählt werden müsse, sobald das neue Wahlgesetz bestimmt worden sei. Nur ein mit dem neuen System gewähltes verkleinertes Parlament sei legitimiert, einen neuen Staatspräsidenten anstelle von Sergio Mattarella zu wählen, dessen siebenjähriges Mandat 2022 ausläuft, argumentiert die Lega.