APA - Austria Presse Agentur

Nationalbank warnt vor Immobilienblase

Das bei der Oesterreichischen Nationalbank angesiedelte Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) ortet steigende systemische Risiken aus dem Immobilienmarkt und warnt vor einer zu lockeren Vergabe von Bankkrediten an Private. Das Wachstum der Immobilienkredite an private Haushalte (mit einem Jahresanstieg von 6,6 Prozent im April 2021) und der Wohnimmobilienpreise (Jahresplus von 12,3 Prozent im ersten Quartal 2021) hätten zuletzt "deutlich an Dynamik gewonnen".

Diese Entwicklungen in Österreich seien auch im europäischen Vergleich "auffällig". Für die Marktbeobachter ergeben sich daraus "Hinweise auf eine zunehmende Überhitzung des Wohnimmobilienmarktes", wie die OeNB am Montag wissen ließ. Im Falle von Preiskorrekturen habe dies in der Vergangenheit in zahlreichen Ländern "häufig zu nennenswerten Wohlstandsverlusten geführt".

Die Risikotoleranz bei der Vergabe von Wohnimmobilienkrediten sei gestiegen, hielt das Gremium fest, das sich aus Vertretern des Finanzministeriums, des Fiskalrats, der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Nationalbank (OeNB) zusammensetzt. Die "sehr niedrigen Kreditzinsen und ein hoher Wettbewerb zwischen den Kreditgebern" führten zu "deutlich sinkenden Margen". In weiterer Folge werden Immo-Kredite leichtfertiger vergeben.

Als Orientierung erinnern die Finanzmarktexperten an die Leitlinie, die sie bereits im September 2018 für die Vergabe von Wohnimmobilienkredite vorgelegt haben. Empfehlenswert seien in der Regel ein Eigenfinanzierungsanteil von mindestens 20 Prozent des Kaufpreises, Laufzeiten von höchstens 35 Jahren und Schuldendienstquoten von höchstens 30 bis 40 Prozent des Nettoeinkommens.

Aktuell sei der Anteil mit überhöhten Schuldendienst- und Beleihungsquoten jedoch "erheblich" sowie gegenüber dem Schnitt der letzten fünf Jahre "weiter gestiegen". Die Kreditvergabestandards - insbesondere die Schuldendienst- und Beleihungsquoten - sollten verbessert werden, um die Finanzmarktstabilität sicherzustellen und "die Systemrisiken einer kreditgetriebenen Immobilienblase" zu adressieren, betonten die Marktexperten und forderten die Banken nachdrücklich zur "Einhaltung dieser wesentlichen Leitlinie" auf. Aus der derzeitigen Wohnimmobilienfinanzierung ergäben sich zunehmend systemische Risiken.

Das FMSG blieb zudem bei seiner Empfehlung an die FMA, den Antizyklischen Kapitalpuffer (AZK) - gültig ab 1. Oktober 2021 - bei null Prozent der risikogewichteten Aktiva festzulegen. Die seit dem zweiten Quartal 2020 positive Lücke zwischen dem Verhältnis von Kreditvolumen und Bruttoinlandsprodukt (BIP) gehe weiterhin auf den starken Rückgang des Bruttoinlandsprodukts infolge der Covid-19-Pandemie zurück. Das Wachstum des für den AZKP relevanten breiten Kreditaggregats sei weiterhin als "nicht exzessiv" einzustufen.

Das Wachstum der Unternehmenskredite sei bis zum April 2021 auch wieder zurückgegangen - die Immobilienkredite an private Haushalte seien allerdings heuer in den ersten Monaten "deutlich gestiegen". Auch unter den weiteren vom FMSG für die Beurteilung der Risiken aus dem Kreditzyklus herangezogenen Indikatoren seien "jene mit Immobilienbezug auffällig geblieben": Die durchschnittlichen Risikogewichte der hypothekarisch besicherten Kredite seien auf historisch niedrigem Niveau, der Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien zeige "eine deutliche Überbewertung" an und die Verschuldungsquote der privaten Haushalte habe sich erhöht.

Das FMSG hat seine Tätigkeit 2014 aufgenommen und hat die Stärkung der Finanzmarktstabilität zur Aufgabe. Das Gremium kann insbesondere Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht und Risikohinweise abgeben.