APA - Austria Presse Agentur

Nationalrat vor furiosem Saison-Abschluss

Der Nationalrat steht vor einer ungewöhnlichen Woche. Angesichts der neuen freien Mehrheitsbildung steht bei einigen Materien nicht einmal zwei Tage vor Beginn der Plenarwoche fest, wie sie genau umgesetzt werden. Fix ist jedenfalls schon die Valorisierung des Pflegegelds, das Rauchverbot in der Gastronomie und die Zusammenlegung von Taxi- und Mietwagen-Gewerbe.

Zu den offensten Fragen zählt die Reform der Parteienförderung. Etliche Anträge unterschiedlichsten Inhalts liegen vor. Am Montag wird man im Verfassungsausschuss versuchen, eine mehrheitsfähige Initiative zu gestalten. Gelingt das nicht, ist das Thema zumindest bis September auf die lange Bank geschoben und beim anlaufenden Wahlkampf bleibt alles beim nicht allzu transparenten Alten.

Ebenfalls noch gerungen wird etwa um die volle Anrechnung der Karenzzeiten, die eine schnellere Gehaltsvorrückung als Folge hätte. Fix scheint der Rechtsanspruch auf einen "Papa-Monat". Ebenfalls durch sein dürften Erleichterungen für freiwillige Helfer bzw. deren Arbeitgeber bei Katastropheneinsätzen. Pro Tag und Mitarbeiter sollen Unternehmern, die ihre Mitarbeiter frei stellen, bis zu 200 Euro ersetzt werden.

Erhöht wird das Pflegegeld. Die entsprechende Initiative der Liste Jetzt, der letztlich alle Fraktionen beitraten, sieht nun vor, dass ab kommendem Jahr im Wesentlichen die Inflation in allen Stufen abgegolten wird. Grundsätzlich kaum umstritten ist das Vorhaben, Menschen mit 30 bzw. 40 Arbeitsjahren eine höhere Mindestpension zu gewähren. Allerdings herrscht noch Unklarheit über die Kosten des Vorhabens, weswegen noch Gespräche stattfinden sollen.

Zu den emotionalsten Themen der Plenarwoche zählt das Rauchverbot in der geschlossenen Gastronomie, das mit November in Kraft gesetzt wird. Ausnahmen dürfte es dabei keine geben, auch wenn speziell die Betreiber von Shisha-Bars ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet sehen.

Der aktuellen Themenlage entsprechend fehlen auch Umweltgesetze nicht. So wird in der Verfassung sicher gestellt, dass Wasser nicht privatisiert werden darf. Eine weitere Gesetzesinitiative zielt darauf ab, mit 2020 Plastiksackerl zu verbieten. Abverkauft werden können sie noch bis zum Ende des kommenden Jahres.

Schließlich wird noch um ein Verbot von Glyphosat gerungen, wobei die FPÖ Zünglein an der Waage ist. Entweder es kommt ein Komplett-Verbot des möglicherweise krebserregenden Pflanzengifts, wie das die SPÖ will, oder es wird lediglich neben sensiblen Gebäuden wie Krankenhäusern und Kindergarten untersagt, wie das von der ÖVP vorgeschlagen wird, womit die Landwirtschaft im wesentlichen ausgeklammert wäre.

Sicher gestellt wird, dass der Ausbau der ganztätigen Schulen weiter vorangehen kann. Eine entsprechende Unterstützung vor allem für die Gemeinden wird mittels eines Bildungsinvestitionsgesetzes fixiert. Im BIG geregelt ist die Verteilung von immerhin 750 Mio. Euro aus der "Bankenmilliarde" für die Jahre 2020 bis 2033.

Schwere teils tödliche Unfälle mit Kindern durch Lkw haben nun legistische Folgen. Die zuständigen Behörden werden ermächtigt, nicht nur an einzelnen gefährlichen Kreuzungen, sondern in größeren Bereichen, also vor allem in Ortsgebieten, ein Rechtsabbiegeverbot für Lkw über 7,5 Tonnen, die über kein Abbiege-Assistenzsystem verfügen, zu verordnen. Ungemütlicher wird es für Führerschein-"Schummler". Wer bei der Prüfung erwischt wird, muss künftig neun Monate warten, bis er wieder antreten kann.

Ein weiteres Aufreger-Thema betrifft das Personentransport-Wesen. Es werden nämlich Taxi- und Mietwagen-Gewerbe zusammengelegt. Das hat zur Folge, dass Anbieter wie Uber, die mit Mietwagen-Firmen kooperieren, keine niedrigeren Preise mehr anbieten könnten als konventionelle Taxis.

Angesichts der üppigen Tagesordnungen sind an beiden Tagen, vor allem am Dienstag, lange Sitzungen zu erwarten. Sogar "Dringliche Anfragen oder Anträge" wären möglich, hat die Liste Jetzt doch eine Übereinkunft, auf diese Sondermittel zu verzichten, verweigert. Eine Initiative fällt der ÖVP in den Schoß, ist sie doch turnusgemäß Inputgeberin der "Aktuellen Stunde" am Dienstag. Sie bietet da Finanzminister Eduard Müller eine Bühne, geht es doch um "nachhaltige Budgetpolitik".

Einbringen wollen ÖVP und FPÖ noch via Initiativantrag die angekündigten Maßnahmen ihrer Steuerreform für das Jahr 2020. Diese umfassen eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen, die "aufkommensneutrale" Umgestaltung der NoVa und der motorbezogenen Versicherungssteuer sowie Entlastungen und Vereinfachungen für Kleinunternehmer. Wann genau der Antrag eingebracht wird, steht noch nicht fest.

Sollte den Fraktionen noch etwas einfallen, was sie vor der Wahl schnell beschließen wollen, bleibt übrigens noch Zeit. Denn im September ist eine weitere Sitzung des Nationalrats angesetzt. Mit Fristsetzungsantragen, die in der kommenden Plenarwoche eingebracht werden, kann bereits jetzt sicher gestellt werden, dass die Initiativen kurz vor der Wahl noch debattiert und allenfalls abgesegnet werden. Die ÖVP hat hier ein Paket avisiert, mit dem der Ausbau Erneuerbarer Energieerzeugung beschleunigt werden soll.