APA - Austria Presse Agentur

NATO-Gipfel in Madrid - Nehammer trifft Erdogan

Die Staats- und Regierungschefs der westlichen Verteidigungsallianz NATO kommen am Mittwoch in Madrid zu einem Gipfeltreffen zusammen, um über weitere Schritte gegen die russische Aggression in Europa zu beraten. Für den Nachmittag ist auch eine Aussprache mit Spitzenvertretern der Partnerländer geplant, zu der auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erwartet wird. Dieser will danach auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen.

Das Spitzentreffen wird als Schlussstrich unter eine jahrelange politische Eiszeit zwischen Wien und Ankara gesehen. Der letzte Bundeskanzler, der Erdogan gebührend in Wien empfangen hatte, war vor 13 Jahren Werner Faymann gewesen. Ab 2014 wurde der türkische Präsident zum inoffiziellen Lieblingsgegner von Sebastian Kurz (ÖVP), der zunächst als Außenminister und später als Kanzler und ÖVP-Chef gegen Erdogan wetterte und die österreichische Innenpolitik diesbezüglich vor sich her trieb. Angeführt vom ÖVP-Politiker wurden der Demokratie- und Rechtsstaatsabbau unter Erdogan angeprangert, sein Einfluss auf die türkische Diaspora in Österreich sowie seine vermeintlichen Versuche, die EU mit Migranten zu erpressen. Nehammer hatte sich als Innenminister ebenfalls an dieser Kritik beteiligt. Als Kanzler machte er nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs eine Kehrtwende und würdigte die Vermittlungsbemühungen des türkischen Präsidenten.

Erdogan gilt als zentrale Figur beim NATO-Gipfel, hatte er doch die von den anderen Bündnisstaaten befürworteten Beitritte Schwedens und Finnlands blockiert. Bei einem Spitzentreffen am Dienstagnachmittag konnte die Blockade aber überraschend überwunden werden. Die beiden bisher bündnisfreien Staaten wollen sich mit einem Beitritt gegen eine mögliche russische Aggression absichern. Ein NATO-Beitritt Österreichs steht laut Nehammer nicht zur Debatte. Anders als in den beiden skandinavischen Ländern zeigen Umfragen in Österreich eine deutliche Ablehnung der NATO-Mitgliedschaft.

Beim Gipfel soll unter anderem die massive Ausweitung der schnellen NATO-Eingreiftruppe von bisher 40.000 auf über 300.000 Soldatinnen und Soldaten beschlossen werden. Auf diese Kräfte soll der NATO-Oberbefehlshaber für Europa innerhalb weniger Tage zugreifen können, um etwa einen russischen Angriff auf Bündnisstaaten zurückschlagen zu können. Die USA wollen zudem ihre dauerhafte Truppenpräsenz in Europa aufstocken, wie Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan mitteilte.

Es wird erwartet, dass die NATO-Staaten auch über weitere konkrete Unterstützungsmaßnahmen für die Ukraine beraten werden, deren Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschaltung am Gipfel teilnehmen wird. Am Abend sind zudem Treffen der Außen- sowie der Verteidigungsminister der 30 NATO-Mitgliedsstaaten in Madrid geplant.