Umstrittene Naturschutzgesetz-Novelle beschlossen

Der 34-Jährige war im Zillertal in Tirol unterwegs.
ÖVP und FPÖ stimmen für, die Opposition gegen Gesetzesänderung. Kritik kam von Naturschutzorganisationen und Experten.

Allen Widerständen von Umwelt- und Naturschutzorganisationen zum Trotz hat die schwarz-blaue Salzburger Landesregierung am Mittwoch im Verfassungsausschuss des Landtags die Novelle des Naturschutzgesetzes und des Landesumweltanwaltschafts-Gesetzes beschlossen. Die Oppositionsparteien SPÖ, KPÖ Plus und Grüne stimmen nach mehr als dreistündiger Diskussion gegen die Gesetzesänderungen. Der offizielle Beschluss fällt im Landtag und ist nur mehr Formsache.

Die Gesetzesnovellen sind ein ÖVP-Projekt, das die Volkspartei am liebsten schon vor der Landtagswahl 2023 umgesetzt hätte. Dies scheiterte an Widerstand der Grünen, damals noch Koalitionspartner. Mit der FPÖ hat die Volkspartei seit über einem Jahr einen neuen Regierungspartner, der die Pläne auch mitträgt. Die Regierungsparteien wollen mit den Gesetzesänderungen Verfahren beim Bau von Anlagen Erneuerbarer Energien beschleunigen.

Kernpunkt ist, dass Projekten etwa im Bereich Windkraft, Wasserkraft oder Photovoltaik ein Vorrang gegenüber Naturschutzinteressen eingeräumt wird. Das gilt nicht nur für den Bau und Betrieb der Kraftwerke selbst, sondern auch für die dafür erforderlichen Zufahrtswege, Netzanschlüsse und Speicheranlagen. Die Landesregierung argumentiert die Änderungen mit der besonderen Bedeutung, die der Erzeugung von Strom und Gas aus erneuerbaren Energiequellen wegen des Klimawandels zukommt. Dazu hätten die in der jüngeren Vergangenheit steigende Energiepreise zu sozialen und wirtschaftlichen Belastungen geführt.

In - nach EU-Recht bis 2026 auszuweisenden - "Beschleunigungsgebieten" soll die Bewilligungs- und Anzeigepflicht von Projekten überhaupt entfallen. Außerhalb der "Beschleunigungsgebiete" ändert sich gegenüber der bestehenden Rechtslage für Kraftwerksneubauten nichts, für Nebenanlagen ab einer gewissen Größe entfällt aber die Bewilligungspflicht zugunsten einer Anzeigepflicht.

Neu ist auch, dass die Beiziehung von nicht amtlichen Sachverständigen in Verfahren zulässig bzw. erleichtert wird, was schon in der Vergangenheit für Kritik von Naturschutzorganisationen sorgte. "Gutachter werden vom Einschreiter bezahlt. Das wird eine Zwei-Klassen-Gesellschaft fördern. Bei einem Höchstsatz von 250 Euro pro Stunde werden sich nicht alle Interessensparteien einen Gutachter leisten können", meinte dazu der Naturschutzbund in einer Aussendung.

Zugleich verliert die Landesumweltanwaltschaft ihr Revisionsrecht vor dem Höchstgericht bei der Genehmigung von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Und es haben sich zwei Änderungen in das Gesetz geschlichen, die mit dem ursprünglichen Ziel der Landesregierung nichts zu tun haben. Das eine betrifft eine weniger scharfe Definition von Trocken- und Magerstandorten, also außerordentlich arten- und blütenreichen Lebensräumen, das andere den Entfall des Lebensraumschutzes im gewidmeten Bauland.

Kritik an den Novellen kam heute im Landtagsausschuss vor allem von den Grünen. Klubchefin Martina Berthold sprach von einem "Anschlag auf unsere Lebensgrundlagen, unsere Sicherheit und unsere Zukunft." Viele kritische Stimmen seien im Begutachtungsverfahren überhört worden: "Unter dem Deckmantel der Verfahrensbeschleunigung wird der Naturschutz massiv geschwächt. Es gäbe zielführendere Lösungen für schnellere Verfahren. Sie wurden vom Tisch gewischt." In Bereichen, wo man sich an EU-Recht halte, falle die Novelle überschießend aus. Und der geringere Schutz von Trocken- und Magerwiesen werde das Artensterben massiv befeuern.

Vertreter der Regierungsparteien taten die Warnungen hingegen als "Übertreibungen" und "Unterstellungen" ab. Man dürfe im Ökosystem nicht auf den Menschen vergessen, sagte Energie-Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP). Landeshauptmannstellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) verwies darauf, dass man den ursprünglich vorliegenden Gesetzesentwurf verbessert habe. Bei der Definition von Magerstandorten komme es nicht - wie nun geändert - auf den Anteil dafür typischer Pflanzen an, sagte ein Vertreter der Landwirtschaftskammer, viel wichtiger sei die Art der Bewirtschaftung der Flächen durch die Bauern. Und hier will Svazek den Vertragsnaturschutz weiter ausbauen, wie sie betonte.

Eine eindringliche Warnung kam heute von einem der in den Landtag geladenen Experten. Der Biologe Helmut Wittmann hat mit seinem Institut für Ökologie schon dutzende Kraftwerksbauten als ökologischer Planer begleitet. "Man dreht in eine gefährliche Richtung", sagte er. Er orte einen Automatismus bei der Bewilligung von Kraftwerksprojekten." Das Um und Auf für rasche Bewilligungsverfahren seien schon bisher gute und rechtskonforme Einreichunterlagen der Kraftwerkplaner gewesen. "Wenn ich das schaffe, dann geht es schnell." Zugleich würde die Novelle den Insektenschutz bewusst konterkarieren. "Das Insektensterben wird durch ihre Entscheidung gefördert."

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