Nehammer plant Bargeld in der Verfassung zu verankern
Man wolle der Bevölkerung "eine klare Versorgungssicherheit geben", meinte Nehammer im APA-Sommerinterview, "dass auf der einen Seite genug Möglichkeiten gegeben sind, Bargeld zu beziehen, auf der anderen Seite aber auch ausgeben zu können". Im September soll es dazu einen Runden Tisch mit der Bankenwirtschaft und der Nationalbank geben.
Man habe "die Erkenntnis gewonnen, dass den Menschen das Thema Bargeld sehr wichtig ist", erklärte Nehammer. 47 Milliarden Euro würden jährlich von Bankomaten abgehoben, verwies er auf Daten der Nationalbank. Es gehe ihm um die "Wahlfreiheit", wie man zahlen möchte, betonte Nehammer. Es gebe immer wieder Diskussionen über eine Einschränkung von Bargeld, "das verunsichert die Menschen", glaubt der Kanzler.
"Mir ist wichtig: Bargeld soll in die Verfassung kommen." Es gehe auch um eine "Grundversorgung" mit Bargeld in zumutbarer Entfernung und darum, sicherzustellen, dass auch weiterhin mit Bargeld bezahlt werden könne. Er habe Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) beauftragt, dies auszuarbeiten.
Unerfahrenheit?
Der SPÖ-Forderung nach mindestens einem Bankomaten in jeder Gemeinde will Nehammer dabei aber nicht unbedingt folgen: Es handle sich dabei ein Stück weit um "die Unerfahrenheit des politischen Mitbewerbers", befand Nehammer - "durch solche Festlegungen schränkt man auch die Möglichkeiten ein". Für die Umsetzung müsse man auch "Freiraum lassen", denn "sonst schränkt man zu sehr die Wirtschaft ein und dann kriegt man mehr Probleme als Lösungen". Im September soll im Kanzleramt ein Runder Tisch mit der Bankenwirtschaft abgehalten werden.
Eigentlich gab sich zuletzt stets die FPÖ als Hüterin des Bargelds und forderte sogar eine Volksbefragung über den Schutz des Bargeldes in der Verfassung und des Rechts auf Cash-Zahlung. Auf die Frage, ob es denn nicht populistisch sei, hier nun den Freiheitlichen hinterherzulaufen, meinte Nehammer: Die FPÖ stehe an sich dafür, "viel zu trommeln, ohne dafür etwas tatsächlich zu tun". Die ÖVP habe immer wieder darauf hingewiesen, "dass es mit der Volkspartei keine Abschaffung des Bargelds geben wird, ganz im Gegenteil".
67 Prozent der Zahlungen unter 20 Euro würden in Österreich in bar geleistet, argumentierte Nehammer. Es gehe hier also um die "Lebenswirklichkeit der Menschen" und es sei "unsere Verantwortung in der Politik, Rahmenbedingungen zu setzen, dass das auch weiter möglich bleibt", meinte der Kanzler. "Und ja, natürlich wird sich eine Oppositionspartei, ganz egal ob SPÖ oder FPÖ, immer auf Themen versuchen draufzusetzen. Umsetzen kann es immer nur die Regierung, die tatsächlich politische Verantwortung trägt, und nicht der Spielfeldrand, der hineinruft."
Apropos Regierung: In trockenen Tüchern ist das Vorhaben wohl noch nicht. Gefragt, ob der Plan mit dem Koalitionspartner abgesprochen sei, erklärte Nehammer: "Die Grünen wissen das, dass die Volkspartei das immer schon auf ihrer Agenda hatte." Wie man das dann bestmöglich umsetze, "ist natürlich noch der politische Prozess". Bei Verfassungsfragen ist im Parlament außerdem eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig - also die Zustimmung der SPÖ oder der FPÖ.
Bankenvertreter haben übrigens erst vor einer Woche betont, dass die Bargeldversorgung hierzulande eine gute sei: "Österreich hat ein ganz besonders dichtes Bankomatennetz", entgegnete Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer, Kritik der SPÖ an angeblich mangelnder Versorgung im ländlichen Raum. So komme man in Österreich auf 97 Bankomaten pro 100.000 Einwohner, in Deutschland gebe es etwa nur 66 Geldautomaten auf 100.000 Einwohner. Zudem gebe es seit einigen Jahren eine zunehmende Anzahl von sogenannten Cash-back-Möglichkeiten, also dass in Geschäften Geld behoben werden kann.
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