APA - Austria Presse Agentur

Neue Ausbildungskonzepte gegen Personalnot im Kindergarten

ÖGB und Arbeiterkammer haben am Donnerstag Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) dazu aufgefordert, mehr gegen die zunehmende Personalnot in der Elementarpädagogik zu unternehmen. Kindergärten fallen zwar abseits der Ausbildung der Pädagoginnen in die Kompetenz der Länder. Die beiden Organisationen haben aber eine Modell für eine Aus- und Weiterbildungsoffensive vorgelegt, das der Minister allein in Bundeskompetenz umsetzen könnte, hieß es bei einer Pressekonferenz.

Der Kindergarten sei seit Jahren ein Fleckerlteppich an Kompetenzen und Maßnahmen und die Politik suche immer weiter nach Ausreden, warum Verbesserungen nicht möglich seien, beklagte ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann. "Wir wollen keine Ausreden mehr hören." Investitionen in den Kindergarten würden sich schließlich auch für den Staat mehrfach lohnen - sei es durch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mehr Bildungsgerechtigkeit oder Integration durch verbesserte frühe Sprachförderung. Voraussetzung für einen weiteren Ausbau der Plätze und bessere Rahmenbedingungen vor Ort sei allerdings eine österreichweit einheitliche Aus- und Weiterbildungsoffensive.

Konkret schlagen AK und ÖGB ein gemeinsam mit Kindergarten-Betriebsräten entwickeltes Modell vor, bei dem eine einheitliche, realitätsnahe Ausbildung für Assistenzkräfte geschaffen wird - und zwar im Umfang von 300 Unterrichtseinheiten im ersten Berufsjahr. Derzeit sind die Voraussetzungen für Assistenzposten im Kindergarten ebenso wie deren Aufgaben und Bezahlung je nach Land unterschiedlich - und das, obwohl diese "eine tragende Säule" der Kindergärten seien, ohne die das Angebot schon jetzt nicht aufrechtzuerhalten sei, so Schumann.

Aufbauend soll es niederschwellige Weiterbildungsangebote geben. Entscheiden dabei sei, dass das Kindergartenpersonal auch genügend Zeit für diese Weiterbildungen erhält, diese realitätsnah ausgestaltet und leistbar sind und dass derzeit bestehende Hürden wie eine Matura als Voraussetzung für die Ausbildung zur Pädagogin fallen, wie AK-Bildungsexpertin Elke Larcher erläuterte.

Um zur pädagogischen Assistentin aufzusteigen, sollen die Assistenzkräfte etwa zur Hälfte vom Dienst freigestellt werden, um berufsbegleitende Module an den Bildungsanstalten für Elementarpädagogik (Bafep) zu besuchen. Über Stipendien des Bundes soll dafür gesorgt werden, dass ihnen dadurch keine Einkommensverluste entstehen und die Weiterbildung damit auch wirklich leistbar ist. Die Träger würden das nicht finanzieren können und für das Bildungsministerium würde sich der Mitteleinsatz lohnen, weil es sich so Ausgaben für spätere teure Reparaturmaßnahmen etwa bei der Deutschförderung erspare, so Larcher.

Nach sieben Jahren Berufserfahrung soll Assistentinnen auch eine Weiterbildung zur Pädagogin möglich sein. Dabei soll der Erfahrungsschatz des Personals berücksichtigt werden, indem auch Personen ohne Matura bei entsprechender Aufqualifizierung zur Ausbildung zugelassen werden.

Ein starker Fokus liegt beim ÖGB/AK-Modell auf der sprachlichen Weiterbildung, die etwa auch über Erwachsenenbildungseinrichtungen wie die Volkshochschulen angeboten werden könnte. Das Sprachniveau der Fachkräfte sei schließlich entscheidend dafür, wie gut die Sprachförderung in den Kindergärten funktioniert, so Larcher.

"Wir machen die Hausübung, die die Bundesregierung seit Jahren liegen lässt", betonte AK-Präsidentin Renate Anderl. Nachdem sowohl die Bafeps als auch Pädagogischen Hochschulen (PH), wo mittlerweile ebenfalls Kindergartenpädagoginnen ausgebildet werden, in die Kompetenz des Bildungsministeriums fallen, könne Minister Polaschek laut AK-Expertin Larcher sofort aktiv werden. Notwendig wäre allerdings eine österreichweit einheitliche Grundlage für das Berufsbild, räumte sie ein.

Gleichzeitig mit der Aus- und Weiterbildungsoffensive brauche es aber auch deutlich bessere Rahmenbedingungen in den Kindergärten, wenn man wolle, dass das Personal auch langfristig dort arbeiten will, forderte Anderl. Schon derzeit würden eigentlich genügend Elementarpädagoginnen und -pädagogen ausgebildet. Wegen der Arbeitsbedingungen vor Ort, die die Schülerinnen und Schüler während der Praktika kennenlernen, vergehe diesen aber die Freude am Beruf, noch bevor sie richtig eingestiegen seien. Anderl wiederholte in diesem Zusammenhang die Sozialpartner-Forderung nach einer zusätzlichen Milliarde Euro pro Jahr, um das Kindergartenangebot auszubauen und die Rahmenbedingungen etwa durch ein geringeres Fachkraft-Kind-Verhältnis zu verbessern. Als Sofortmaßnahme zur Entlastung des Assistenzpersonals soll es außerdem eigene Reinigungskräfte in den Kindergärten geben, forderte Schumann.