APA - Austria Presse Agentur

Neue rechte EU-Fraktion mit 73 Mandaten fünftstärkste Kraft

Die von Italiens Vizepremier Matteo Salvini initiierte neue rechtspopulistische Fraktion im EU-Parlament ist gestartet. Sie heißt "Identität und Demokratie" (Identity and Democracy/ID), beherbergt Abgeordnete aus neun Ländern und verfügt nach derzeitigem Stand über 73 von 751 Mandaten. Damit ist sie die fünftstärkste Parteienfamilie im Europaparlament.

Die neue Gruppierung ersetzt die bisherige rechtspopulistische Fraktion ENF (Europa der Nationen und der Freiheit). Ihr gehören u.a. Parlamentarier der Alternative für Deutschland (AfD), des französischen Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen und der FPÖ an. Zum Fraktionschef wurde am Mittwoch bei der konstituierenden Sitzung Marco Zanni von Salvinis Lega Nord gewählt, die auch die größte Delegation stellt.

Zanni nannte in einer Pressekonferenz am Donnerstag die drei Hauptthemen der Fraktion. Das ist zum einen die innere Sicherheit, zum zweiten die Migrationspolitik - Stichwort: Schutz der Außengrenzen - und zum dritten ein höherer finanzieller Spielraum für die einzelnen EU-Staaten sowie ein Nein zum Eurozonen-Budget. Darüber hinaus spricht sich "Identität und Demokratie" auch für eine Ende der Russland-Sanktionen aus. Diese würden die Situation in der Ukraine nicht mehr ändern, es brauche einen pragmatischen Weg der EU.

"Wir sind keine Neuauflage der ENF. Wir schaffen etwas ganz Neues", betonte AfD-Abgeordneter und Fraktionsvize Jörg Meuthen. Denn unter den Mitgliedern fänden sich nicht nur bisherige ENF-Abgeordnete, sondern auch solche aus den beiden anderen europakritischen Gruppierungen EFDD und EKR sowie "Neulinge".

Ziel von ID sei keinesfalls die Zerschlagung der Europäischen Union: "Wir werden konstruktiv arbeiten." Meuthen schwebt ein "Europa der Vaterländer" vor, in dem nationale Eigenheiten respektiert und geschützt würden. Das bedeute auch ein Nein zu den "unsinnigen Superstaatsphantasien" anderer Kräfte in der Union: "Wir sind der Stachel im Fleisch der Eurokraten."

RN-Chefin Le Pen sagte, jene, die die Nationen verteidigen, seien nun nicht mehr isoliert. Die EU glaube, sie könne weiter "business as usual" betreiben, aber die Situation habe sich nicht zuletzt durch die Unterstützung der Wähler geändert.

Jussi Hallo-aho von der Partei Die Finnen räumte ein, dass aus dem Zusammenschluss aller bisherigen drei rechtspopulistischen Parteien im EU-Parlament nichts geworden ist. Unter anderem sind Nigel Farages Brexit-Partei oder die polnische Regierungspartei PiS nicht mit an Bord. "Sie haben sich anders entschieden, aber unsere Türen sind offen", gab er sich zuversichtlich.

Die FPÖ stellt drei der 73 Mandatare. Abgeordneter Harald Vilimsky zeigte sich am Rande der Pressekonferenz gegenüber der APA zuversichtlich, dass nach dem Vollzug des Brexit es doch noch zu einer gemeinsamen Rechtsfraktion kommen wird. Derzeit gebe es noch "alte Bande" - etwa zwischen der PiS und den britischen Tories, die die Hauptdelegationen in der EKR (Europäische Konservative und Reformer) stellen. Da falle es den Beteiligten noch schwer, "den Stecker zu ziehen". Aber: "Die Sanduhr ist bereits am Laufen", glaubt Vilimsky.

Der EU-Parlamentarier der FPÖ versicherte zudem, dass auch Heinz-Christian Strache - sollte er sein EU-Mandat annehmen - in der neuen Rechtsfraktion willkommen wäre: "Na selbstverständlich." "Es würde hier niemand sagen, dass man über die österreichische Zusammensetzung Diskussionen beginnt", meinte Vilimsky. Einen Rat, ob Strache den Parlamentssitz in Anspruch nehmen soll, wollte er nicht geben.

In puncto Einflussmöglichkeiten - die ID verfügt über knapp ein Zehntel aller EU-Parlamentsmandate - richtete Vilimsky den pro-europäischen Fraktionen, also der Europäischen Volkspartei, den Sozialdemokraten, den Liberalen und den Grünen aus: "Die anderen wären gut beraten, alle demokratisch legitimierten Kräfte in so einen Entscheidungsfindungsprozess einzubeziehen." Nicht zuletzt im Hinblick auf schon laufende Verhandlungen zwischen den vier Fraktionen über die künftige Zusammenarbeit im Parlament und eine Einigung auf den nächsten EU-Kommissionspräsidenten sagte der FPÖ-Politiker: "Es ist die Gefahr da, dass sie sich einbunkern. Das ist aber deren und nicht unser Problem. Wir sind bereit, konstruktiv mitzureden."