APA - Austria Presse Agentur

Neue Romane von Eva Menasse und Michael Köhlmeier im August

Der rot-weiß-rote Literatursommer kommt heuer erst spät in Schwung. Die zweite Augusthälfte hat es aber in sich: Nacheinander erscheinen dann die großen neuen Romane von Eva Menasse ("Dunkelblum"), Michael Köhlmeier ("Matou") und Peter Henisch ("Der Jahrhundertroman"). Viele hundert Seiten warten da. Den Juli kann man mit den neuen Krimis von Heinrich Steinfest und Bernhard Aichner, Doris Knechts "Die Nachricht" und dem Romandebüt des Dramatikers Ferdinand Schmalz verbringen.

Mit seinem Text "Mein Lieblingstier heißt Winter" hat Ferdinand Schmalz 2017 den Bachmann-Preis errungen. Nun ist daraus endlich sein erster Roman geworden, der für den 21. Juli angekündigt ist. Man begegnet allen Figuren wieder, die man aus Klagenfurt in Erinnerung hat, etwa dem Tiefkühlproduktelieferanten Franz Schlicht und seinem Kunden Doktor Schauer, der sich zum Sterben in die Tiefkühltruhe legen möchte. "Eine abgründige Tour quer durch die österreichische Gesellschaft, skurril, intelligent und mit großem Sprachwitz", kündigt der S.Fischer Verlag an. Schmalz liest am 22. Juli beim O-Töne-Festival im Museumsquartier aus seinem Buch.

Am 26. Juli bringt Hanser Berlin "Die Nachricht" von Doris Knecht. Ein Roman "über familiäre Geheimnisse und die fatalen Folgen von Frauenverachtung und digitaler Gewalt, in dem die alleinlebende Protagonistin Ruth "eines Tages eine anonyme Messenger-Nachricht bekommt, von einer Person, die mehr über ihre Vergangenheit zu wissen scheint als Ruth selbst". Parallel dazu erscheint bei btb ein neuer Bronski-Krimi von Bernhard Aichner: In "Gegenlicht" geht es um die tragische Geschichte eines afrikanischen Flüchtlings, der in Berlin buchstäblich vom Himmel fällt. "Die Möbel des Teufels" heißt der sechste Fall des von Heinrich Steinfest ersonnenen Ermittlers Markus Cheng, in dem es um eine tote Parlamentsstenografin geht. Nachdem er das vergangene Pandemie-Jahr "schreibend, schreibend, schreibend" verbracht hat, wie der Autor bekannte, folgt Anfang Oktober zudem noch eine "Amsterdamer Novelle", in der es, so Steinfest zur APA, "erstaunlicherweise sehr viel mehr Tote als im Kriminalroman gibt, allerdings auch eine Geburt und zudem eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Zeit. Und natürlich mit Amsterdam."

Anfang August schlägt die Stunde der Debüts: Die in Augsburg lebende Bregenzerin Christina Walker liest am 12. August bei den O-Tönen aus ihrem kurz zuvor erschienenen Erstlingsroman "Auto", in dem die Autorin die Widersprüche der Erfolgsgesellschaft mit subtilem Humor aufs Korn nehmen soll. Die Wiener Autorin Sabine Schönfellner liest eine Woche später aus "Draußen ist weit". Sie schaffe es "in einer unaufgeregten Weise Unausgesprochenes an die Oberfläche zu befördern" und "mit viel Empathie von Träumen und Sehnsüchten, dem Alleinsein und der Einsamkeit" zu erzählen, wirbt der Droschl Verlag. "Mama" nennt die Niederösterreicherin Jessica Lind, die als Dramaturgin "Little Joe" von Jessica Hausner betreute, ihren rund um die schwangere Protagonistin Amira spielenden ersten Roman. "Was als klassische Beziehungsgeschichte beginnt, entfaltet Seite für Seite einen subtilen Horror. Lind taucht tief in die Psychologie der Protagonistin ein, spielt souverän mit dem Unheimlichen und entwickelt eine erzählerische Sogwirkung, die niemanden unberührt lässt", macht der Verlag Kremayr & Scheriau neugierig.

"Auf den ersten Blick ist Dunkelblum eine Kleinstadt wie jede andere. Doch hinter der Fassade der österreichischen Gemeinde verbirgt sich die Geschichte eines furchtbaren Verbrechens. Ihr Wissen um das Ereignis verbindet die älteren Dunkelblumer seit Jahrzehnten - genauso wie ihr Schweigen über Tat und Täter." So wird der Roman "Dunkelblum" von Eva Menasse angekündigt. Unweigerlich muss man an den burgenländischen Ort Rechnitz denken, in dem weiterhin ein Massengrab mit Opfern der letzten Kriegstage gesucht wird. In Menasses Roman, der am 19. August bei Kiepenheuer & Witsch erscheint (eine Woche später liest sie bei den O-Tönen daraus), tauchen "wie in einem Spuk Spuren des alten Verbrechens auf - und konfrontieren die Dunkelblumer mit einer Vergangenheit, die sie längst für erledigt hielten".

Fast 1.000 Seiten hat "Matou", der fast zeitgleich bei Hanser erscheinende neue Roman von Michael Köhlmeier, aus dem der Vorarlberger am 19. August im Museumsquartier liest. Erzähler in dem Mammut-Opus ist der Kater Matou, "der Homer der Katzen". "Sein Leben ist ein Sieben-Leben-Leben, es reicht von der Französischen Revolution bis in die Gegenwart. Seine Leidenschaft ist es, den Menschen verstehen zu lernen. E.T.A. Hoffmann und Andy Warhol kannte er persönlich, auf der Katzeninsel Hydra führte er einst einen autokratischen Staat und kämpfte im Kongo gegen die Kolonialherren", heißt es in der Ankündigung. "Matous Leben sind voller großer Abenteuer, er ist ein wilder Geschichtenerzähler und ein noch größerer Philosoph." Kurz zuvor erscheint ein weiteres, deutlich schmäleres Buch Köhlmeiers: In der Droschl-Reihe "Gedankenspiele" sinniert er "über das Gelingen".

Für Ende August ist dann vom Residenz Verlag "Der Jahrhundertroman" von Peter Henisch avisiert, "ein wunderbar ironischer Roman über eine junge Frau, einen alten Mann und die Kraft der Literatur". Es geht um eine Studentin, die ein Manuskript eines ehemaligen Buchhändlers abtippen soll (besagten "Jahrhundertroman" nämlich), in dem jede Menge literarische Größen vorkommen. Als er dazu übergeht, ihr zu diktieren, gerät alles durcheinander - nicht zuletzt, weil auch der Alltag heftige neue Sorgen bringt.

Für ihren ersten Roman "Vater unser" wurde Angela Lehner vielfach ausgezeichnet. Nun kommt "2001", der zweite Roman der in Berlin lebenden Klagenfurterin, die bei ihrer Lesung am 12. August im Museumsquartier zu einer Zeitreise ins Jahr 2001 einlädt: Der Geschichtslehrer einer Hauptschulklasse veranstaltet ein politisches Experiment und tritt damit "eine Lawine an folgenschweren Ereignissen los", heißt es über den Plot des "Romans über Freundschaft und das Einbrechen der Weltpolitik in eine Jugend ohne Gott". Neue Romane gibt es im August u.a. auch von Hanno Millesi ("Der Charme der langen Wege", Atelier), Thomas Mulitzer ("Pop ist tot", K&S), Ewald Baringer ("Der Zaunprinz", Limbus) oder Elias Hirschl ("Salonfähig", Zsolnay), Elisabeth Schmidauer ("Fanzi", Picus), Verena Stauffer ("Geschlossene Gesellschaft", FVA) oder Erika Pluhar "Hedwig heißt man doch nicht mehr" (Residenz).

Im September darf man sich dann u.a. auf Alois Hotschnigs "Der Silberfuchs meiner Mutter" freuen, einen in die NS-Zeit führenden Roman "über Fremdsein und Selbstbehauptung und die lebensrettende Kraft des Erzählens" (Kiepenheuer & Witsch), oder auf Barbi Markovics "Die verschissene Zeit" (Residenz) über das Belgrad der 1990er "mit Bombardements und Zerstörung, aber auch Musik und Freundschaft". Hanna Molden legt im Molden Verlag mit "Der Jahrhundertelefant" eine "literarische Familienbiografie" vor. Die Grazerin Claudia Sammer lässt ihrem feinen Roman "Als hätten sie Land betreten" den Roman "Wild Card" folgen: "Zwanzig Jahre nach 9/11 nähert sich Claudia Sammer, selbst Augenzeugin des Anschlags, dem Thema literarisch und zeichnet nach, was geschieht, wenn die Ordnung der Dinge aufgrund einer unvorhergesehenen Katastrophe aus den Fugen gerät", kündigt der Braumüller Verlag an. Lukas Kummer hat mit "Der Atem" einen weiteren Band von Thomas Bernhards "Autobiographischen Schriften" zu einer Graphic Novel verarbeitet.

Den 100. Geburtstag von Ilse Aichinger, den die vor fünf Jahren gestorbene große Autorin am 1. November gefeiert hätte, würdigt der S.Fischer Verlag Ende September u.a. mit einem Band der verstreuten, weitgehend unbekannten Publikationen Aichingers ("Aufruf zum Mißtrauen") und einem großen Essay von Thomas Wild ("ununterbrochen mit niemandem reden"). Der Professor für German Studies am Bard College, New York, lädt darin zur Neuentdeckung der Autorin ein.

Und das ist, wie immer, bei weitem nicht alles, was die Leserinnen und Leser erwartet. Schließlich laden, von Quentin Tarantino über Ali Smith bis zu Jonathan Franzen und Elif Shafak auch die deutschsprachigen Übersetzungen zahlreicher internationaler Literaturstars zur Lektüre ein. Doch auch die österreichische Gegenwartsliteratur hat noch viel mehr an Novitäten zu bieten als in dieser kursorischen Auflistung. Und es reißt nicht ab: Kürzlich hat das Kulturministerium 81 Literatur-Langzeitstipendien vergeben. Die Bücher von morgen werden bereits geschrieben.