APA - Austria Presse Agentur

Neue Volksopernchefin will manchmal auch scheitern

Lotte de Beer zielt hoch. "Eine Volksoper im wahrsten Sinn des Wortes - das war der Traum", umschrieb die designierte Direktorin des Hauses am Mittwoch ihr Ziel für die erste Saison unter ihrer Führung, die am 1. September offiziell startet. "Wir wollen auch scheitern manchmal, wir wollen Farbe in die Welt bringen", rief die 40-jährige Niederländerin bei der Saisonvorstellung als Stoßrichtung für die Oper am Gürtel aus, "wo Work-in-Progress nie richtig fertig sein muss".

Dabei setzen die Neo-Volksopern-Leiterin und ihr energiegeladener neue Musikdirektor Omer Meir Wellber auf überraschend viel Operette und Musiktheater. Musical oder dezidierte Oper, wenn man von Mozarts Singspiel "Entführung aus dem Serail" am 17. Juni 2023 absieht, sucht man im Premierenreigen der Saison 2022/23 vergebens. Immerhin Harry Kupfers Puccini-Inszenierung der "La Bohème" wird am 23. Oktober neu einstudiert. Das Musical mit seinen langen Vorlaufzeiten soll aber künftig durchaus eine Rolle am Haus spielen, versprach de Beer: "Ich schwöre dem Musical die Treue."

Los geht es nun aber mit einem Eröffnungswochenende, dessen Höhepunkt die Premiere der Operette "Die Dubarry" am 3. September sein soll, für die unter anderen Annette Dasch und Humorist Harald Schmidt ans Haus kommen. Hinzu kommt eine Neueinstudierung der Strauß'schen "Fledermaus" unter der Ägide von Maria Happel am 6. September.

Maurice Lenhard, der Chef des neuen Opernstudios der Volksoper, inszeniert dann am 27. November Weills/Brechts "Dreigroschenoper", die unter anderen Sona MacDonald als Hausdebütantin an den Gürtel bringt. Das Opernstudio selbst wird ebenfalls ein Projekt an einem anderen Standort realisieren, das vorerst jedoch noch geheim gehalten wird. Der bis dato einmal pro Saison bespielte Standort Kasino am Schwarzenbergplatz indes wird zumindest in der ersten de-Beer-Phase nicht in Anspruch genommen.

Die britische Theaterformation Spymonkey gestaltet Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" ab 21. Jänner. "Das ist die heutige, etwas theatralischere Version von Monty Python", versprach de Beer einen humoristischen Abend. Aber nicht nur Operettenklassiker, auch eine neue Operette findet sich im Talon, hat man beim deutschen Komponisten Moritz Eggert doch mit "Die letzte Verschwörung" einen neuen Genrebeitrag in Auftrag gegeben - den der 56-jährige Tonschöpfer bei der Programmvorstellung als fünfminütiges Kondensat am Klavier vorstellte. Für die Regie zeichnet die neue Hausherrin selbst verantwortlich. Und auch Otto Nicolais "Die lustigen Weiber von Windsor" am 13. Mai 2023 soll in der Regie der jungen Niederländerin Nina Spijkers auf die Lachmuskeln zielen.

Weniger pointenlastig dürfte da die Zusammenarbeit mit Martin Schläpfers Staatsballett vonstattengehen, wenn am 9. Oktober "Jolanthe und der Nussknacker" als Tschaikowsky-Mash-up unter Regie von de Beer zu sehen ist und am 11. Februar 2023 mit "Promethean Fire" ein reiner Tanzabend begangen wird.

Und schließlich plant man in Kooperation mit den Wiener Festwochen am 15. und 16. Juni 2023 ein Projekt von Anne Teresa De Keersmaeker und ihrer Compagnie Rosas, die sich bei "Creation 2023" der Popmusik zuwenden. Zuvor geht man auch mit dem queeren Festival Vienna Pride eine künstlerische Partnerschaft ein, wenn am 7. und 9. Juni das Stück "Nicht die Väter" gezeigt wird.

Und nicht zuletzt soll die neue Ära an der Volksoper auch mit neuen technischen Tools einhergehen. Die Beleuchtung soll mittels Chips in den Kostümen der Darsteller automatisch gesteuert werden, und auch die Frage der digitalen Noten prüfe man, um Papierkosten zu sparen, unterstrich Geschäftsführer Christoph Ladstätter. Außerdem stellt man den Fuhrpark auf Elektroautos um und installiert am Dach der Volksoper eine Fotovoltaikanlage.

(S E R V I C E - www.volksoper.at)