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Nicht alle Unternehmen können Online-Geschäft aufbauen

Die Coronakrise hat nicht nur dem heimischen Handel massive Umsatzeinbußen beschert, sondern auch den Strukturwandel in Richtung Online beschleunigt.

Die für den Einzelhandel relevanten Ausgaben der Österreicherinnen und Österreicher stagnierten im Jahr 2020 nominell bei 67,6 Mrd. Euro, unter Berücksichtigung der Inflation fielen sie damit um 1,3 Prozent. Von starken Online-Zuwächsen profitierten nicht alle, zeigt eine Branchenradar-Analyse für den Handelsverband.

In allen Branchen zeigt sich ein wesentlich stärkeres Wachstum der Online-Ausgaben im Vergleich zu den Ausgaben im stationären Handel, sagten Handelsverbandsobmann Rainer Will und Branchenradar-Geschäftsführer Andreas Kreutzer in einem Onlinepressegespräch am Freitag.

So wurden beispielsweise 8 Prozent mehr Lebensmittel in Geschäften gekauft, aber der Online-Handel der Branche legte um 46 Prozent zu. Der Verkauf von Unterhaltungselektronik und IT schrumpfte in Geschäften leicht, während er online um ein knappes Fünftel zulegte.

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"Ein totaler Irrtum" sei aber die Erwartung gewesen, dass die Digitalisierung nun breit in der Wirtschaft ankommt und insbesondere die Kombination von Online und Stationär (Multichanneling) sich durchsetzt, sagte Kreutzer.

Von 2019 auf 2020 sackte der Anteil dieser Geschäftsform von 22 auf 19 Prozent der Umsätze ab - weil das reine Digitalgeschäft viel schneller wuchs als die Kombination. "Profitiert haben einzig die ausländischen Onlinehändler", kritisiert Kreutzer, deren Anteil am Onlinehandel sei auf 64 Prozent gestiegen.

Der Glaube, man könne "so nebenbei" einen Onlinehandel aufziehen sei einfach falsch. Dazu brauche es ein spezielles Know-how und genug Kapital, um sich mit den besonderen Spielregeln auseinanderzusetzen, sagt Kreutzer.

"Der Online-Handel ist etwas für Spezialisten oder für große, überregionale stationäre Händler", die genug Geld und eine eigene Mannschaft dafür haben. Kleinen Unternehmen empfiehlt Kreutzer, "in ihrem Metier besser zu werden, Kundenbindungsprogramme aufzubauen". Eine Homepage und Aktivitäten in den sozialen Medien seien sicher wichtig, aber es müsse nicht gleich ein Online-Shop sein.

Manche Produkte eignen sich besser für Online als andere, der Wandel in Richtung Einkauf per Mausklick sei grundsätzlich nicht aufzuhalten, sind sich Will und Kreutzer einig. So rasant wie zu Zeiten geschlossener Geschäfte werde es aber nicht weitergehen, ein Teil der Online-Käufe werde wieder in den stationären Handel zurückkehren.

Aber es gibt überall Druck und veränderte Erwartungen der Kunden durch das bequeme Onlinegeschäft. "Die Menschen sind vielfach auch gereizt, wenn sie im stationären Handel einkaufen, weil sie weniger bereit sind, kurz einmal in einer Schlange zu stehen", so Will.

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Die Branchenradar-Untersuchung verweist darauf, dass die Ausgaben der Haushalte insgesamt, über den Handel hinaus, im Vorjahr um 14 Mrd. Euro geschrumpft sind. Berücksichtigt man, dass sie laut Vorhersagen um 5 Mrd. Euro anwachsen hätten sollen, errechne sich ein Verlust für die heimische Wirtschaft von 19 Mrd. Euro.

Und 2021 werde diese Lücke bei weitem nicht kompensieren können. Auch heuer werde noch um 20 Mrd. Euro weniger ausgegeben als bei einem stabilen Wachstumspfad ohne Corona im Jahr 2021 zu erwarten gewesen wäre. "Aufgeholt wird noch lange nichts", schließt daraus Will. Die Ausgabenlücke summiere sich in zwei Jahren damit auf 39 Mrd. Euro.

Nach Schätzung des Handelsverbands kommen die großen Probleme jetzt erst mit dem Auslaufen der Hilfen und Stundungen auf die Geschäfte zu. Mit 40.000 Geschäften sei man in das Coronajahr hineingegangen, in den nächsten Monaten bis zu einem Jahr könnten 5.000 Unternehmen schließen, befürchtet Will.

Oft werde übersehen, wie groß der Schuldenrucksack ist, der in der Krise aufgebaut wurde und teilweise, über Freunde oder andere informelle Kanäle finanziert, nicht einmal in den Bilanzen sichtbar sei.