APA - Austria Presse Agentur

Notre-Dame wird noch für Jahre geschlossen bleiben

Sechs Monate nach dem Großbrand in der Pariser Kathedrale Notre-Dame am 15. April sind noch viele Fragen rund um den Wiederaufbau offen. Weder ist die Stabilität der gotischen Kirche vollständig gesichert, noch ist klar, in welcher Form sie restauriert werden soll. Klar ist nur: Für Besucher wird das mehr als 850 Jahre alte Gotteshaus noch jahrelang geschlossen bleiben.

Die Arbeiten zur Absicherung der Kathedrale sind noch in vollem Gang. Zwar konnte die Feuerwehr die Grundmauern und die mächtigen Glockentürme retten, aber die Hauptgefahr ist noch immer nicht gebannt: Das Gewölbe der Kathedrale könnte nach Angaben von Chefarchitekt Philippe Villeneuve nachgeben.

Ein Einsturzrisiko besteht nach wie vor, da auf dem Gewölbe ein 500 Tonnen schweres Baugerüst lastet, das durch das Feuer teilweise eingeschmolzen ist. Das Eisengerüst auf dem Dach von Notre-Dame war für Arbeiten an dem Spitzturm angebracht - der Turm stürzte bei dem Brand jedoch ebenso ein wie große Teile des Bleidachs.

Die Sicherungsarbeiten dürften erst im Frühling kommenden Jahres abgeschlossen sein. Anschließend ziehen die Architekten Bilanz. Mit dem eigentlichen Wiederaufbau ist nicht vor 2021 zu rechnen. Präsident Macron hat eine Wiedereröffnung für Touristen bis zu den Olympischen Sommerspielen in Paris 2024 versprochen. Viele Experten halten dies aber für unrealistisch.

In welcher Form Notre-Dame wiedererrichtet werden soll, ist ebenfalls noch unklar. Zwei Lager stehen sich gegenüber: Traditionalisten gegen Modernisierer. Chefarchitekt Villeneuve schlägt vor, den eingestürzten Spitzturm identisch wieder aufzubauen - nach dem Vorbild des mehr als 90 Meter hohen Turms, den der Architekt Eugene Viollet-le-Duc im 19. Jahrhundert auf die Kathedrale setzte.

Präsident Emmanuel Macron wünscht sich einen "kreativen Wiederaufbau". Von internationalen Architektenbüros gibt es bereits zahlreiche Vorschläge. Der durch die Berliner Reichstagskuppel bekannte britische Architekt Norman Foster schlägt etwa einen Glasturm vor. Andere Ideen reichen von einer Konstruktion aus feuerfestem Metall bis hin zu einem Turm in Form einer "ständigen Flamme" als Erinnerung an den Brand. Eine Mehrheit der Franzosen lehnt einen Wiederaufbau in moderner Form laut einer Umfrage allerdings ab.

Zum Ausmaß der Kosten für den Wiederaufbau gibt es noch keine verlässlichen Schätzungen. Das Ausmaß der Arbeiten dürfte frühestens im kommenden Jahr feststehen. Allein die Kosten für die Sicherungsmaßnahmen haben sich mit rund 85 Millionen Euro gegenüber der ersten Schätzung nahezu verdreifacht. Dies liegt vor allem an den Reinigungsarbeiten im Umkreis der Kathedrale, wo infolge des Brandes eine hohe Bleibelastung festgestellt wurde.

Die drei vom Staat eingesetzten Stiftungen haben nach eigenen Angaben Spendenzusagen in Höhe von rund 617 Millionen Euro erhalten. Die größten stammen von den französischen Millionärsfamilien Arnault und Pinault. Sie haben Zahlungsvereinbarungen in Höhe von 200 und 100 Millionen Euro unterzeichnet. Aber auch zahlreiche Privatleute aus mehr als 150 Ländern haben gespendet.