NR-Wahl: FPÖ-Wähler:innen in alternativem Medienfahrwasser

FPÖ-Sympathisanten sehen traditionelle Medien häufig skeptisch
Vier von fünf Personen haben sich sehr oder eher gut über die Nationalratswahl informiert gefühlt.

Woher die Bevölkerung ihre Infos bezog, variierte aber stark - je nach Einstellung zur FPÖ. Während das Bewegtbildangebot des ORF insgesamt betrachtet die Nase klar vorne hatte, liegen bei FPÖ-Sympathisant:innen Privatsender fast gleichauf mit dem öffentlich-rechtlichen Angebot. Auch informieren sich FPÖ-Wähler:innen deutlich häufiger bei "alternativen Onlinemedien" und Gratiszeitungen.

Das zeigen Daten einer unmittelbar vor der Nationalratswahl vom Gallup-Institut und Medienhaus Wien durchgeführten Onlinebefragung von 1.000 Personen ab 16 Jahren, die repräsentativ für die webaktive Bevölkerung ist. Generell informierten sich 59 Prozent der Befragten bei traditionellen Medien bzw. deren Online- und Social-Media-Auftritt über die Wahl. Auf Familie, Freunde und Bekannte setzten 45 Prozent, auf Social Media rund ein Viertel. Bei den Medien hatte das ORF-Fernsehen (samt ORF ON) mit 72 Prozent die Nase vorne. ORF-Radioangebote kamen auf 45 Prozent und private TV-Sender auf 42 Prozent.

Eine "bemerkenswerte große Differenz" ortete Medienhaus-Wien-Geschäftsführer Andy Kaltenbrunner bei der Präsentation der Daten am Dienstag mit Blick auf Anhänger der FPÖ. Diese verwendeten ORF-Fernseh- (64 Prozent) und Radio-Programme (31 Prozent) seltener als die Allgemeinheit und dafür private TV-Sender (59 Prozent) deutlich häufiger zur Infobeschaffung. Auch setzten FPÖ-Sympathisanten stärker auf Gratiszeitungen (33 Prozent vs. 24 Prozent gesamt) und "alternative Onlinemedien" (19 Prozent vs. 12 Prozent gesamt).

Die FPÖ-Wähler:innenschaft sei zudem "insgesamt distanzierter und weniger überzeugt von der Medienqualität", sagte Andrea Fronaschütz, Leiterin des Gallup-Instituts. Zwei Drittel der Befragten meinten, die Medien berichten grundsätzlich fair und objektiv. Unter den FPÖ-Sympathisanten sahen das lediglich 44 Prozent so. Eine ähnliche Differenz zeigt sich mit Blick auf die Aussage, dass Medien Missstände in der Politik aufdecken und Kritik an Entscheidungsträgern üben (gesamt: 58 Prozent; FPÖ-Sympathisanten: 40 Prozent).

"Wir sehen ein Misstrauen mit parteipolitischem Hintergrund", so Kaltenbrunner, der darauf hinwies, dass dem traditionellen Journalismus ein Teil seines Publikums verloren gehe. Problematisch werde das, wenn es in der Folge "zwei Wahrheitswelten" gebe. Die gemeinsame Diskursbasis in der Bevölkerung sei so in Gefahr, sagte Kaltenbrunner. Antworten müssten Medien mit "maximaler Transparenz" und immer wieder zu beweisender "Äquidistanz bei Fragestellungen und Themensetzung". Auch sollte seriöser Journalismus "noch klarer machen, was er selbst ist und was kein Journalismus in diesem Land ist".

Falschnachrichten vermuteten die Befragten speziell bei Gratiszeitungen (31 Prozent) und bei "alternativen Onlinemedien" (22 Prozent). Speziell Grün- und Neos-Sympathisanten sahen das so. FPÖ-Sympathisanten glaubten dagegen, dass Fake-News häufig im ORF zu finden seien (33 Prozent).

Gallup-Institut und Medienhaus Wien blickten nicht nur auf die vergangene Nationalratswahl, sondern auch auf die anstehende US-Präsidentschaftswahl. Wenn die Befragten wählen dürften, würde die Entscheidung hierzulande klar für die Demokratin Kamala Harris ausfallen. Sie käme auf 70 Prozent der Stimmen, während der Republikaner Donald Trump lediglich 16 Prozent der Befragten hinter sich hätte. Deutlich gespaltener ist in dieser Frage die FPÖ-Wähler:innenschaft. Harris käme bei Anhängern der Freiheitlichen auf 41 Prozent, Trump auf 42 Prozent.

Dabei gaben lediglich 29 Prozent der Umfrageteilnehmer an, dass die Medien in Österreich objektiv und unvoreingenommen über die US-Wahl berichten würden. Vier von zehn meinten, dass eher zugunsten von Harris berichtet werde.

Dass unabhängige und kritische Medien sehr oder eher wichtig für die Demokratie sind, bejahte fast jeder (95 Prozent). Zwei Drittel der Befragten meinten auch, dass österreichische Nachrichtenmedien einen sehr oder eher großen Beitrag für die Demokratie leisten - und damit deutlich mehr als bei einer Befragung im November 2023 (58 Prozent). Damit erhole sich die Medienlandschaft zusehends vom einstigen "Kollateralschaden", der im Zuge der Coronapandemie auftrat, als Medien häufig als "Sprachrohr der Politik" eingestuft wurden, erklärte Fronaschütz. "Es gibt ein etwas positiveres Bild von der Arbeit der Medien", so die Gallup-Leiterin.

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