Nur KPÖ und KEINE lehnen Afghanistan-Abschiebungen ab

EU-Beistandspflicht als heißes Eisen für Österreichs Politik
Abschiebungen in die Bürgerkriegsländer Syrien und Afghanistan werden von fast allen Spitzenkandidaten bei der Nationalratswahl unterstützt. Lediglich Tobias Schweiger (KPÖ) und Fayad Mulla (KEINE) äußern sich im APA-Außenpolitik-Fragebogen strikt ablehnend, die anderen Listenführer sind zumindest in Einzelfällen für Abschiebungen. Zum UNO-Entwicklungshilfeziel von 0,7 Prozent der Wirtschaftskraft bekennen sich neben den beiden genannten Parteien nur SPÖ und Grüne klar.

Die APA hatte die Spitzenkandidaten der neun bundesweit antretenden Listen gefragt, ob sie Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan befürworten. "Abschiebungen in Länder, in denen Krieg oder eine theokratische Diktatur herrschen, sollten nicht einmal überlegt werden", betont Schweiger. "Nein, diese Länder sind Kriegs- bzw. Bürgerkriegsländer, weshalb Menschen hier Schutz erhalten müssen", unterstreicht auch Mulla.

"Längst überfällig" sind Abschiebungen in die beiden Länder hingegen für FPÖ-Chef Herbert Kickl. Auch von Karl Nehammer (ÖVP), Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Madeleine Petrovic (LMP) kommt Zustimmung. "Ja, sobald auf europäischer Ebene menschenrechtskonforme Rückführungsabkommen verhandelt wurden", formuliert die NEOS-Chefin eine Bedingung. Auch Petrovic will Abschiebungen nur "unter strikter Einhaltung rechtsstaatlicher und völkerrechtlicher Prinzipien".

Werner Kogler (Grüne) und Andreas Babler (SPÖ) können sich Abschiebungen für afghanische und syrische Straftäter vorstellen. "Für uns Grüne ist klar: Wer schwere Verbrechen begeht, hat jedes Schutzrecht verwirkt, muss mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft und anschließend abgeschoben werden", so Kogler. Im Fall von Syrien und Afghanistan sei dies aktuell "nur in Einzelfällen" möglich. Babler ist für Abschiebungen, "wenn dies im Rahmen unseres Rechtsstaates möglich ist". Die Menschenrechtslage in den genannten Ländern mache dies jedoch "problematisch", so der SPÖ-Chef, der Verhandlungen mit den Taliban strikt ablehnt.

Die Frage, ob die EU "legale Migrationswege" brauche, wird von den Spitzenkandidaten unterschiedlich interpretiert. Während sich Petrovic und Mulla für Antragstellungen in den österreichischen Botschaften aussprechen, plädieren Babler und Kogler für die Schaffung legaler Fluchtwege. "Ja, es darf keine irreguläre Migration nach Österreich geben", unterstreicht Meinl-Reisinger. So wie Nehammer, Kickl und Kogler spricht sie sich für Arbeitskräftemigration angesichts des Fachkräftemangels im Land aus. "Es braucht eine strikte Trennung zwischen Asyl und Migration", betont der ÖVP-Spitzenkandidat. "Wo es erforderlich ist, soll eine qualifizierte Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt möglich sein", so Kickl.

Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) kommt von Kickl und Petrovic ein "Nein" zu einer Einhaltung des 0,7-Prozent-Ziels der UNO durch Österreich. Die Entwicklungshilfe sei "eine massive Verschwendung österreichischen Steuergeldes" und soll künftig an die Pflicht zur Rückübernahme von illegalen Migranten durch das betreffende Land geknüpft werden, so Kickl. Petrovic fordert, dass das Konzept der EZA zunächst "grundlegend überarbeitet" werden müsse, ehe man über Ziele sprechen könne.

Auch Nehammer und Meinl-Reisinger vermeiden eine Festlegung auf die Erfüllung des UNO-Ziels durch Österreich. NEOS seien "enttäuscht", dass die österreichische EZA-Quote nach anfänglichen Erfolgen wieder auf unter die Hälfte des Ziels gefallen sei, so die pinke Spitzenkandidatin. "Wir erwarten uns eine Rückkehr zum stetigen Anstieg, aber auch eine Evaluierung, was mit den Mitteln geschieht und ob multilaterale Hilfe nicht effektiver wäre als eine Vielzahl von kleinen bilateralen Projekten." Auch Nehammer sieht Reformbedarf und will etwa die EZA bei mangelnder Kooperation im Bereich Migration und Rückführungen streichen. Zugleich betont er, dass Österreichs EZA-Ausgaben im Vorjahr 1,8 Milliarden Euro betrugen. "So viel hat Österreich bisher noch nie für die Ärmsten der Armen geleistet", so der Kanzler.

Babler und Kogler wollen am UNO-Ziel festhalten. "Mindestens 0,7 Prozent des BNE sollen per Gesetz für Entwicklungszusammenarbeit im Sinne einer globalen Nachhaltigkeitspolitik und eine Verstärkung der Bildungsarbeit in diesem Bereich eingesetzt werden", schreibt der SPÖ-Listenerste. Kogler verweist darauf, dass sich die Grünen in der abgelaufenen Legislaturperiode "erfolgreich" für eine Anhebung der EZA-Ausgaben eingesetzt hätten. "Diesen Weg wollen wir fortsetzen."

Als "längst überfällig" bezeichnet Mulla die Einhaltung des UNO-Entwicklungshilfeziels durch Österreich. Wichtiger sei aber, die Ausbeutung wirtschaftlich schwächerer Länder durch Konzerne zu beenden. Ähnlich äußert sich auch Schweiger. "Österreich soll schrittweise die Vorgaben der UNO erfüllen. Das sollte in der nächsten Periode möglich sein", so der KPÖ-Spitzenkandidat.

Bierpartei-Spitzenkandidat Dominik Wlazny hat eine Beantwortung des außenpolitischen Fragebogens der APA verweigert.

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