APA - Austria Presse Agentur

ÖGB will Arbeitslosigkeit in einem Jahr auf 300.000 senken

Der ÖGB sagt der durch die Coronakrise massiv gestiegenen Arbeitslosigkeit den Kampf an und hat am Montag ein eigenes Programm dazu vorgestellt.

Prioritäres wirtschaftspolitisches Ziel müsse es sein, die Zahl der Arbeitslosen innerhalb eines Jahres zumindest wieder auf das Niveau von 2019 (301.000) zu senken. Dazu seien öffentliche Investitionen, Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramme nötig. Zuletzt waren Mitte Juli 438.421 Menschen ohne Job. Davon waren 390.541 Personen arbeitslos gemeldet und 47.880 Personen befanden sich in Schulung.

Der ÖGB fordert nun rasche Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit: Es brauche Einstellungs- und Qualifikationsprogramme für ältere Arbeitslose und Langzeitarbeitslose sowie für Lehrlinge und Schüler, deren Abschluss sich durch Corona verzögert hat. Dazu brauche es etwa eine noch aufzustockende "Aktion 20.000 neu" oder temporäre Beschäftigungsgesellschaften.

Durch den Corona-Shutdown wurden auch die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für besonders betroffene Zielgruppen (z. B. Frauen, Menschen mit Behinderung, Ältere oder Jugendliche) teilweise völlig eingestellt. Diese sollten umgehend wieder hochgefahren und beispielsweise für Jugendliche auch massiv ausgebaut werden. Höherqualifikations- und Umschulungsprogramme sollten auch der Sicherung des Fachkräftebedarfs dienen, etwa im Bereich der Pflege- und Gesundheitsberufe.

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Arbeitsstiftungen wären ein weiteres sinnvolles Instrument, um für Ausbildung, Höherqualifizierung und Vermittlung von Arbeitslosen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt zu sorgen, so der ÖGB. Strukturwandelstiftungen könnten für jene Branchen oder Unternehmen genutzt werden, die von Personalabbau betroffen sind, um betroffene Arbeitnehmer noch vor einer Arbeitslosigkeit aufzunehmen. Dies könne aus Budgetmitteln finanziert werden oder auch über eine gesetzliche Regelung zur Mitfinanzierung der Unternehmen bzw. der Krisengewinner.

Der ÖGB fordert auch Strafzahlungen für "Zwischenparker" in der Arbeitslosenversicherung: Unternehmen, die immer wieder Mitarbeiter für kurze Zeiten kündigen und sie danach wieder einstellen, sollten die von ihnen verursachten Kosten in der Arbeitslosenversicherung tragen. Auch dem Lohn- und Sozialdumping solle der Kampf angesagt werden, insbesondere durch rechtliche Nachbesserung bei Entsendungen und effiziente Kontrollen sowie in der öffentlichen Beschaffung mit einer besseren Durchsetzung von KV-Löhnen und einer Sozialversicherungspflicht.

Nicht nur im Bausektor, auch in anderen Sektoren wie etwa im Busverkehr, in der Reinigung, in der Bewachung und bei Kantinen habe die öffentliche Hand die Möglichkeit, durch verbindliche Vergabekriterien zur Quantität und Qualität der Leistung und Beschäftigung beizutragen.

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Eine Lehre aus der Krise müsse sein, dass es nicht nur in der Krise, sondern vor allem in der Zukunft einen aktiven Staat brauche, um massive langfristige Investitionen in soziale Infrastruktur, Städte und Gemeinden, Konjunktur sowie insbesondere in den Klimaschutz sicherzustellen.

Im öffentlichen Vergabewesen brauche es eine befristete Anhebung der Schwellenwerte auf 300.000 Euro bei der Direktvergabe und im Oberschwellenbereich (Bau) auf 3 Millionen Euro. Weiters tritt der ÖGB für eine Bevorzugung von nationaler bzw. regionaler Wertschöpfung ein. Es dürfe keinen Investitionsstopp und keinen Aufschub der Bautätigkeit von wichtigen sozialen Infrastrukturen (z. B. Neubau oder Sanierung von Schulen und Kindergärten, Sanierung der Radwegnetze und Straßen) in den Gemeinden und Städten geben. 30.000 Wohnungen fehlen am Markt, diese sollten mit den Mitteln der Wohnbaubank in den kommenden Jahren errichtet werden. Das schaffe rund 20.000 Arbeitsplätze.

Zur Bewältigung der Herausforderungen am Arbeitsmarkt müssten dem AMS die finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Modelle der geförderten Arbeitszeitverkürzung sollten forciert werden, um Menschen im Arbeitsprozess zu halten. Diese Instrumente sollen noch weiter ausgebaut und fortgeführt werden, solange die Situation am Arbeitsmarkt so angespannt ist.

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Die Finanzierung von Kurzarbeit dürfe nicht zulasten der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik gehen. Positive Erfahrungen mit der Kurzarbeit sollten für eine Verkürzung der Arbeitszeit mit Lohnausgleich für einen beschäftigungsintensiven Aufschwung genutzt werden. Bei einer Weiterführung der Kurzarbeit sei eine Verbindung mit Qualifizierung beziehungsweise betrieblicher Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen notwendig.

Der ÖGB tritt auch für eine Ausweitung der Altersteilzeit ein. Weiters sollte man ein Solidaritätsprämienmodell ausrollen, fordern die Gewerkschafter. Arbeitszeitverkürzung schaffe Beschäftigung, deshalb sollten - neben der geförderten Arbeitszeitverkürzung - auch andere Formen der Arbeitszeitverkürzung gerade jetzt forciert werden, etwa die Vier-Tage-Woche, die sechste Urlaubswoche oder reduzierte Wochenarbeitszeiten.

Das Arbeitslosengeld sollte erhöht werden auf 70 Prozent Nettoersatzrate und der Bezug des Arbeitslosengelds sollte verlängert werden. Damit sei auch eine höhere Notstandshilfe verbunden. Das sei wichtig für die soziale Absicherung der Betroffenen und die Stärkung der Inlandsnachfrage, wiederholt der ÖGB eine langjährige Forderung.

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Der ÖGB fordert auch bessere Arbeitsbedingungen und Entlohnung etwa in der kommunalen Grundversorgung, der Alten- und Krankenpflege, der Lebensmittelproduktion (Fleischverarbeitung oder Landwirtschaft) oder der Bauwirtschaft, damit mehr in Österreich vorhandenes Personal rekrutiert und dadurch die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften reduziert werden könne. Dazu brauche es konkrete Vorgaben, um die Beschäftigung von einem bestimmten Mindestanteil an in Österreich lebenden Arbeitskräften sicherzustellen.

Prekäre Beschäftigung müsse bekämpft werden: Die Krise treffe benachteiligte Gruppen härter, sowohl gesundheitlich als auch sozial. Daher seien sachlich unbegründete Befristungen abzulehnen, Leiharbeit müsse beschränkt werden und es brauche eine arbeitsrechtliche Angleichung freier Dienstnehmer, eine Absicherung von Ein-Personen-Unternehmen sowie eine effektive Kontrolle von Scheinselbstständigkeit durch die ÖGK.

Für die Jungen müssten mehr Chancen geschaffen werden, etwa durch eine Aufstockung der Ausbildungsplätze im staatlichen und staatsnahen Bereich, sowie durch die Schaffung eines Corona-Not-Ausbildungsfonds, dotiert mit 140 Millionen Euro zur Unterstützung von Betrieben, die trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten wegen der Corona-Krise Lehrlinge ausbilden wollen. Die Finanzmittel für die überbetriebliche Lehrausbildung sollten erhöht und die Zahl der überbetrieblichen Lehrstellen aufgestockt werden. Weiters brauche es Anreize für große Ausbildungsbetriebe, über Bedarf auszubilden und eine Reform des Bestbieterprinzips für staatliche Ausschreibungen mit stärkerem Augenmerk auf die Lehrausbildung.