APA - Austria Presse Agentur

Österreich protestiert erneut gegen Grenzkontrollen

In einem Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Wien hat Österreich erneut gegen die von Deutschland am Sonntag eingeführten strikten Einreisekontrollen an der Grenze Tirol-Bayern protestiert.

Bei dem Treffen auf hoher Beamtenebene am Sonntagabend in Wien habe man noch einmal darauf hingewiesen, dass die "extrem strengen" Maßnahmen "unverhältnismäßig" seien, hieß es am Montag aus dem Außenministerium. Deutschland verteidigte die Kontrollen indes als "leider notwendig". Die Grenzkontrollen stünden in einem "klaren Widerspruch zu den 'lessens learned' des letzten Frühjahres", teilte das Außenamt auf APA-Anfrage mit. "Wir sind alle dringend aufgefordert, die Fehler vom Frühjahr 2020 nicht zu wiederholen und die ohnehin stark geschwächte Wirtschaft noch weiter massiv zu behindern. Immerhin tragen wir gemeinsam Verantwortung für eine der wesentlichen Wirtschaftsadern auf unserem Kontinent."

Nach Ausbruch des Coronavirus in Europa im März des Vorjahres hatten fast alle Staaten nationale Maßnahmen ergriffen und ihre Grenzen geschlossen. Danach wurde immer wieder betont, dass es künftig ein abgestimmtes Vorgehen geben müsse. Auch Brüssel hatte gegen die Maßnahmen Deutschlands am Freitag protestiert. Man habe sich erst kürzlich auf gemeinsame Empfehlungen für das Reisen in Coronazeiten geeinigt und erwarte, dass alle Länder danach handelten, teilte ein Sprecher der EU-Kommission mit.

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Deutschland brauche keine "Belehrungen" aus Brüssel, sagte der Staatssekretär im deutschen Innenministerium Stephan Mayer (CSU), Montagfrüh im Deutschlandfunk. Gleichzeitig verteidigte er die stationären Grenzkontrollen zu Tirol und Tschechien. "Das ist nicht schön, das will an sich keiner. Jeder von uns ist für ein freies und offenes Europa", so Mayer. Die Grenzkontrollen seien aber "leider notwendig", um die Ausbreitung der Virusmutationen zu hemmen.

Bereits jetzt würden bayrische Landkreise im Grenzbereich zu Tirol und Tschechien "deutlich höhere" Inzidenzen als der Rest des Freistaates aufweisen, so Mayer. "Es gibt aus meiner Sicht schon eine klare Schlussfolgerung", betonte er.

In den kommenden beiden Tagen werde es darum gehen, "Ausnahmen zu finden, insbesondere für Betriebe im Grenzbereich". Er sei der festen Überzeugung, dass "gemeinsam mit der Wirtschaft und mit den Partnerländern Tschechien und Österreich "vernünftige Lösungen" gefunden werden können, sagte Mayer. Auch bei dem gestrigen Gespräch des deutschen Botschafters Ralf Beste mit Beamten des Außenministeriums in Wien sei es um "offene Fragen und viele Unklarheiten für die Bevölkerung im Hinblick auf die derzeit geltenden Verordnungen" gegangen, teilte das Ministerium mit. Man habe neuerlich "dringend appelliert", eine "pragmatische Lösung" zu finden. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte am Sonntag vor "überschießenden Schritten, die mehr schaden als nützen" gewarnt.

Zunächst gelten die strikteren Einreiseregelungen für zehn Tage. Was danach passiert, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen: "Man muss auf Sicht fahren", erklärte Mayer. Auch ihm wäre es lieber, wenn die Grenzkontrollen dann bereits "obsolet" wären, doch hängten die Maßnahmen von der weiteren Ausbreitung des Virus ab.

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Am zentralen Grenzübergang von Tirol nach Bayern, in Kufstein-Kiefersfelden, herrschte am Tag zwei nach dem Start der schärferen Corona-Einreiseregeln ruhiger Verkehr. Die deutsche Bundespolizei habe aber bereits zahlreiche Einreisende zurückweisen müssen, sagte der Sprecher der Bundespolizeiinspektion Rosenheim, Rainer Scharf. Einige, die zur Einreise nach den neuen Regeln berechtigt waren, hätten das vorgeschriebene negative Testergebnis nicht dabei gehabt. Der Test kann in einem Testzentrum an der Grenze nachgeholt werden, der Betreffende bekomme aber dennoch eine Anzeige wegen Verstoßes gegen die Corona-Einreiseregeln, so Scharf.

Nach den neuen Vorgaben dürfen aus weiten Teilen Tirols sowie aus Tschechien und nur noch Deutsche, Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland, landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte und Gesundheitspersonal einreisen. Ausnahmen gibt es auch aus familiären Gründen. Tschechien und Tirol gelten als Virusmutationsgebiete. Laut Scharf wurden am Montag auch Menschen durchgelassen, die mit ihrem Arbeitsvertrag ihre Beschäftigung in einem systemrelevanten Bereich nachweisen konnten. Diese Erweiterung der Regelung hatten Berlin und Bayern am Sonntag bekannt gegeben.

In Tschechien haben sich nach der Einführung der Grenzkontrollen vor den Autobahn-Grenzübergängen am Montag kilometerlange Staus gebildet. Auf der E50/D5 in Richtung Nürnberg bildete sich vorübergehend eine mehr als 20 Kilometer lange Lkw-Kolonne.