APA - Austria Presse Agentur

Österreichischer Miniatursatellit soll im Sommer starten

Der Anfang des Jahres präsentierte Austro-Miniatursatellit "PRETTY" soll nun im Sommer seine Reise ins Weltall antreten. Wie Manuela Wenger, Projektleiterin vom Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz, im APA-Gespräch erzählt, wird der im Auftrag der Europäischen Weltraumagentur ESA gebaute "CubeSat" in 560 Kilometer Höhe ausgeworfen und fortan wichtige Klimadaten zur Erde schicken.

APA: Mit "PRETTY" sind Sie an der TU Graz bereits zum dritten Mal an der Entwicklung eines Satelliten beteiligt. Worum handelt es sich dabei genau?

Manuela Wenger: "Pretty" steht als Abkürzung für "Passive REflectometry and DosimetrY". Dabei geht es darum, dass wir sowohl direkte Signale von Navigationssatelliten aufnehmen als auch die reflektierten Signale der Erde. Dadurch errechnen wir am Satelliten selbst die Eishöhen auf dem Polarmeer, die Meereshöhen sowie Meeresströmungen. Diese Daten stellen wir dann den am Projekt beteiligten Klimaforschern zur Verfügung. Das heißt: Wir liefern die Hard- und Software für den Satelliten, unsere Partner Beyond Gravity Austria und Seibersdorf Labore sind für die Nutzlasten selbst zuständig.

APA: "Pretty" hat in etwa die Größe einer Milchpackung. Was muss auf diesem kleinen Raum untergebracht werden?

Wenger: Der CubeSat braucht eigentlich das Gleiche an Bord wie große Satelliten wie etwa "Hubble": Er muss eine Batterie haben, er verfügt über eine Stromversorgung mit Solarzellen. Er muss Kommunikationssysteme haben, damit wir mit ihm sprechen und auch die wissenschaftlichen Daten herunterladen können. Und natürlich einige Computer. Der einzige Unterschied zu großen Systemen ist, dass wir natürlich nicht einige Kilowatt zur Verfügung haben, sondern in unserem Fall bis zu maximal 28 Watt. Die Herausforderung ist es, auch mit wenig Energie wissenschaftliche Missionsziele erfüllen zu können.

APA: Der Start soll im Sommer stattfinden. Wie geht es dann weiter?

Wenger: Wir haben hier am Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation eine eigene Bodenstation gebaut, wo wir jeden Tag zwischen 4 bis 6 Mal Kontakt mit dem Satelliten herstellen können und sowohl die Gesundheitsdaten des Satelliten als auch die wissenschaftlichen Daten herunterladen, die dann an die Projektpartner gehen. Wir als Techniker interessieren uns hauptsächlich dafür, wie es dem Satelliten geht. Ob ihm zu heißt ist oder zu kalt, ob er genug Strom hat oder ob wir etwas ändern müssen.

APA: Wie viele Monate oder Jahre können diese Daten gesendet werden?

Wenger: Zurzeit ist die Mission für ein Jahr ausgelegt. So lange ist die Finanzierung auch garantiert. Je nachdem, wie sich der Satellit verhält, kann das Projekt verlängert werden. Bei Vorgänger-Projekten wie dem TUG-SAT hat sich etwa gezeigt, dass die Hardware deutlich langlebiger ist. TUG-SAT war für zwei Jahre ausgelegt und funktioniert jetzt schon im zehnten Jahr - natürlich mit einigen Abstrichen wie mit einer Degradation der Solarpaneele oder der Batterie. Er liefert aber noch immer wissenschaftliche Daten und die Astronomen in diesem Projekt sind ziemlich happy, dass sie noch immer Daten bekommen. Bei PRETTY hofft man natürlich auch, dass er ebenfalls mehrere Jahre messen und Informationen liefern kann.

APA: Und dann?

Wenger. Es gibt selbstverständlich natürliche Grenzen. Zurzeit ist geplant, ihn in der Höhe von 560 Kilometern auszuwerfen. Im Laufe der Zeit kommt der Satellit immer näher zur Erde und wird dann schlussendlich einmal verglühen. Wir rechnen mit vier bis ca. zehn Jahren, bis er in der Erdatmosphäre verglüht. Das nimmt auch ein bisschen die Romantik raus. Dass nicht jede Sternschnuppe, die man sieht, automatisch ein Meteor ist. Aber es gibt seit einigen Jahren eine Regelung von der ESA und auch der UN, dass Satelliten ohne eigenen Antrieb innerhalb von 25 Jahren verglühen müssen. Und das erreicht man eben, wenn man keinen eigenen Antrieb hat nur, wenn man ihn nicht so hoch auswirft.

APA: Mit SpaceX wird zunehmend auch der Weltraumtourismus ein Thema. Können Sie sich vorstellen, dass Sie irgendwann selbst ins All fliegen?

Wenger: Eher nicht. Natürlich würde ich die Erde sehr gerne von oben sehen. Das muss ein gigantisches Gefühl sein. Aber ich bin eher nicht so risikofreudig. Da bleibe ich lieber am Boden der Tatsachen und lasse andere Teile nach oben fliegen.

APA: Sie sind an Ihrem Institut die einzige Frau. Wie steht es um den weiblichen Nachwuchs in der Technik?

Wenger: Im Bereich von Elektrotechnik und Telematik sieht man noch recht wenige weibliche Studierende. Die Technik an sich unterscheidet sich je nachdem, in welchen Bereich es geht. In der Architektur sind zum Beispiel ziemlich viele weibliche Studenten, aber je mehr man in die Technik selbst kommt, desto weniger Frauen sieht man.

APA: Was kann getan werden, um mehr junge Mädchen dafür zu begeistern?

Wenger: Man muss eigentlich schon recht früh anfangen und den Kindern allgemein mehr Technik und mehr Wissenschaft beibringen. Man sieht, dass schon in der Volksschule und Hauptschule bzw. Mittelschule einfach zu wenig Interesse an solchen Fächern vermittelt wird. Also habe ich bereits in der Fachhochschule angefangen, bei Programmen mitzumachen, um Frauen für die Technik zu begeistern. Die Technik umgibt uns schließlich überall. Vom Fernseher über Handys, Funk, Wetterdaten und Navigation. Alles, was wir als alltäglich einfach hinnehmen, ohne zu wissen, was eigentlich im Hintergrund abläuft. Dieses Interesse muss man schon viel früher wecken.

(Das Gespräch führte Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - Das Gespräch ist im Rahmen einer Podcast-Folge von "Nerds mit Auftrag" von APA-Science entstanden und hier abrufbar: https://science.apa.at/podcast)