13 Prozentpunkte ist die Lücke also groß, der insgesamt zu reduzierende Treibhausausstoß bezieht sich dabei auf den Nicht-Emissionshandelsbereich, der aus dem Klimamaßnahmenpaket "Fit for 55" der EU-Kommission von 2021 hervorgeht. Die nicht ausreichenden 35 Prozent Treibhausgas-Reduktion sind aus den Berechnungen des sogenannten WAM-Szenarios ("with additional measures") hervorgegangen, und Günther Lichtblau, Klimaexperte im Umweltbundesamt, sah das Positive: "Das bisherigen Ziel der Kommission von Minus 36 Prozent würde mit dem WAMS gut zusammenpassen".
Jedoch ist dieses Ziel Vergangenheit, was auch der Grund ist, weshalb der alte NEKP, der 2019 unter der damaligen Umweltministerin Maria Patek beschlossen wurde, einer Aktualisierung bedarf. Beim NEKP 2019 konnten damals nur 27 Prozent der 36 vorgeschriebenen Prozentanteile bis 2030 erreicht werden. Nachdem vor 18 Jahren, dem Basisjahr 2005, noch 56,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen wurden, müsste ein Minus 27 Millionen Tonnen bis 2030 erreicht werden, wo dann gerade noch rund 29 Millionen Tonnen emittiert werden dürfen - im Jahr 2021 lagen die österreichischen Treibhausgasemissionen im Bereich außerhalb des EU-Emissionshandels bei rund 48,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.
Aber die Emissionen sinken, stellte Gewessler fest, "weil wir die notwendigen politischen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt haben" und die noch fehlenden 13 Prozentpunkte, die wolle man auch noch schaffen. "Deshalb starte auch die öffentliche Konsultation mit dem heutigen Tag", stellte die Ministerin fest und sie sei schon "sehr gespannt auf alle Vorschläge". Jedoch brauche es Ideen, um das Ziel zu erreichen, "was wir nicht brauchen, sind die Meinungen, die nur sagen, wie es nicht geht".
Im Rahmen der öffentlichen Konsultation bis 31. August sollen nun "Stakeholder, NGOs, politische Parteien" Beiträge liefern, wie noch fehlende Reduktion erreicht werden kann. Der NEKP ist laut Umweltministerium eine historische Herausforderung, die gemeinsam bewältigen. Die EU-Kommission wird ihr Feedback zum Entwurf des Plans übermitteln, eher dieser dann final bis Juni 2024 an die EU übermittelt werden muss.
Greenpeace begrüßt den Start der NEKP-Konsultationsphase, kritisiert jedoch einen Entwurf, der zu "lasch ausfällt". Eine Stellungnahme werde die NGO abgeben, aber letztendlich "liegt es an der Bundesregierung, Lücken im Klimaschutz zu schließen und einen Klima- und Energieplan zu erarbeiten, der seinem Auftrag - der EU-Zielerreichung bis 2030 - gerecht wird." Global 2000 kritisierte, dass die THG-Lücke im Entwurf entstand, "obwohl Gesetze, die derzeit noch nicht beschlossen sind, bereits einkalkuliert wurden." Es brauche etwa den raschen Beschluss des Erneuerbaren Wärmegesetzes, damit wir eine klimafreundliche Wärmeversorgung für alle ermöglichen und unser Land zumindest in die Nähe der Zielerreichung kommt," fordert Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher.
"Mit den derzeit geplanten Maßnahmen wird Österreich die EU-Klimaziele um rund 16 Millionen Tonnen Treibhausgase verfehlen", lautete die Berechnung von WWF-Klima- und Energiesprecher Karl Schellmann. Die WWF-Forderungen nach einem klimagerechten Ausstieg aus Öl und Gas beim Heizen (EWG) sowie einer Energiespar- und Naturschutz-Offensive wurden zudem noch um eine Kritik an "umweltschädlichen Subventionen in Milliardenhöhe erweitert. "Der Finanzminister muss daher noch in der Konsultationsphase einen Reform- und Abbauplan vorlegen", forderte Schellmann, zudem appellierte der WWF an ÖVP und Grüne, die Verhandlungen für das Erneuerbaren-Wärmegesetz (EWG) und die dafür erforderliche 2/3-Mehrheit im Nationalrat mit der SPÖ rasch wieder aufzunehmen.
"Zu spät und unzureichend" lautet das Fazit der SPÖ zum NEKP-Entwurf, die stv. Klubobfrau und Umweltsprecherin Julia Herr warnte vor drohenden Strafzahlungen wegen verfehlter Klimaziele. "Die Untätigkeit der Regierung" koste Steuerpflichtigen "mittlerweile sage und schreibe 9 Milliarden Euro. Es braucht endlich Bewegung."
Die Landwirtschaftskammer (LKÖ) hob indes die Bedeutung des NEKP hervor, der für Jahre und sogar Jahrzehnte die Ausrichtung der Politik in Bund, als auch Länder und Gemeinden mitbeeinflussen würde. Doch der Umstand, dass Stakeholder "wie wir erst jetzt, nach dem offiziellen Ablauf der Abgabefrist auf EU-Ebene im Juni erstmals eingebunden werden", sei eine Scheineinbindung.
"Wir fordern eine echte Chance zur Mitgestaltung, sagte LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger. Es sei geradezu "eine Provokation, dass ein so umfangreicher Entwurf" erst einen Tag vor einer "sogenannten Konsultation" übermittelt werde, so der LKÖ-Präsident zum über 250 Seiten umfassenden "Integrierten nationalen Energie- und Klimaplan für Österreich"