APA - Austria Presse Agentur

Österreichs Wirtschaft wächst 2019 und 2020 nur gedämpft

Österreichs Wirtschaft wächst heuer und nächstes Jahr nur gedämpft - ist aber weit entfernt von einer Rezession. Für 2019 erwarten Wifo und IHS unverändert 1,7 bzw. 1,5 Prozent reales BIP-Plus, für 2020 haben sie die Prognosen am Freitag auf 1,4 bzw. 1,3 Prozent Anstieg gesenkt. Die Arbeitsmarkt-Erholung endet, die Inflation bleibt niedrig. Brexit und Handelsthemen sind die größten Abwärtsrisiken.

Im Laufe des kommenden Jahres sollte sich die Konjunktur schrittweise erholen. Dass im Gesamtjahr 2020 nicht mehr Wachstum abzusehen ist, hängt mit dem recht geringen statistischen "Überhang" von 2019 und einem noch schwachen Start ins nächste Jahr zusammen. Allerdings sei gegenüber der Juni-Prognose nun für 2020 "ein etwas ungünstigeres internationales Konjunkturbild" zu erwarten, "insbesondere für den Euroraum", sagt das Institut für Höhere Studien (IHS). 2018 ist die heimische Wirtschaft ja real nur 2,4 Prozent gewachsen und nicht wie lange Zeit gedacht um 2,7 Prozent.

Heuer im Frühjahr hat sich die Konjunktur in Österreich - so wie international - abgekühlt, insbesondere die Exporte haben beträchtlich an Dynamik verloren, während der Privatkonsum weiter stabil expandierte, so das Wifo. Fürs zweite Halbjahr sind die Aussichten nur verhalten, die Einschätzungen der Sachgütererzeuger haben sich laut Konjunkturtest deutlich eingetrübt. Der Tiefpunkt der Wirtschaftsentwicklung dürfte gemäß dem internationalen Umfeld Ende 2019 erreicht werden.

Die Arbeitslosenrate dürfte heuer noch weiter zurückgehen, 2020 aber bereits leicht ansteigen. Den Maastricht-Überschuss im Staatshaushalt sehen heuer beide Institute besser als 2018, nächstes Jahr dürfte er aber nicht zuletzt wegen einiger kurz vor der Nationalratswahl im Parlament beschlossenen Maßnahmen etwas schlechter als zuletzt erwartet ausfallen.

Im Prognosezeitraum 2019/20 ist nach Ansicht des Wifo mit einer weiteren Verlangsamung der Expansion der Weltwirtschaft zu rechnen. "Insbesondere in der Industrie dürfte die Talsohle noch nicht erreicht sein", erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut am Freitag. Eine weltweite Rezession sei gegenwärtig unwahrscheinlich. Es spreche aber auch wenig für eine rasche Konjunkturbelebung.

In den USA dürfte sich das Wachstum verlangsamen, aber robust bleiben, gestützt vom Privatkonsum, meint das Wifo. Die Entwicklung im Euroraum sei von einer ausgesprochenen Schwäche in Deutschland geprägt, wo die Exportindustrie stark unter der schwächeren Weltkonjunktur leide. Technisch gesehen dürfte unser Nachbar im dritten Quartal in eine Rezession abgleiten.

Die Schwäche der weltweiten Industrieproduktion laste auf der Investitionsgüternachfrage - und damit auf dem Welthandel, der auch durch die Handelskonflikte belastet werde, so das Institut für Höhere Studien (IHS). Da keine weitere Eskalation dieser Konflikte zu erwarten sei, sollte der Welthandel, nach einem Rückgang um 0,5 Prozent heuer, wieder etwas Fahrt gewinnen und 2020 um 1,3 Prozent zulegen.

In Österreich verlangsame sich das Wachstum im Sog der Weltwirtschaft, so das Wifo. Export- und Industriedynamik würden deutlich abnehmen und die Investitionen merklich verhaltener expandieren. Beide Institute senkten die Außenhandelsprognosen für 2019 und 2020, besonders kräftig das IHS. Dagegen stütze der private Konsum die Konjunktur. Die 2018 und 2019 beschlossenen fiskalischen Maßnahmen entlasten laut Wifo die Einkommen; die Zurückhaltung im Bereich der Pkw-Käufe dürfte sich allerdings erst 2020 auflösen, meint man.

Der ungewöhnlich lange Investitionszyklus in Österreich dürfte - aufgrund der schwachen globalen Wirtschaftsdynamik - auslaufen, betont das IHS. Darauf würden auch die Daten für das zweite Quartal hindeuten, in dem insbesondere die Ausrüstungsinvestitionen an Schwung verloren hätten. Die hohe Kapazitätsauslastung und die weiterhin günstigen Finanzierungskonditionen würden aber gegen einen Einbruch der Investitionstätigkeit sprechen.

Am Arbeitsmarkt zeichnet sich bereits eine Trendwende ab: 2020 dürfte die Arbeitslosigkeit wieder geringfügig steigen, nehmen sowohl Wifo als auch IHS an, nachdem die Arbeitslosenquote 2019 - trotz eines schwächeren Beschäftigungsaufbaus - noch sinkt. Heuer dürfte die Arbeitslosenrate nach Meinung beider Institute von 7,7 Prozent im Vorjahr auf 7,4 Prozent sinken (nach nationaler Definition), kommendes Jahr aber leicht auf 7,5 Prozent steigen.

Die Inflation hat sich Ende 2018 merklich abgeschwächt und dürfte auch im Prognosezeitraum mäßig bleiben. Für 2019 und 2020 erwartet das Wifo 1,6 bzw. 1,7 Prozent Verbraucherpreisanstieg und das IHS lediglich 1,5 Prozent für beide Jahre.

Der Budgetüberschuss erhöht sich durch ein kräftiges Staatseinnahmen-Wachstum. "Trotz fiskalpolitischer Impulse verbessert sich der Finanzierungssaldo des Staates 2019 deutlich", erklärt das Wifo, wozu "kräftige Steuer- und Beitragseinnahmen sowie der Rückgang der Zinsbelastung" beitragen würden. 2020 verringere sich der Budgetüberschuss aber wegen der kürzlich - vor der Nationalratswahl - im September vom Parlament beschlossenen Maßnahmen. Deshalb sieht das Wifo zwar heuer noch 0,6 Prozent des BIP an Maastricht-Überschuss, aber nicht mehr - wie noch in der Juni-Prognose - auch 2020; kommendes Jahr dürften es nur noch 0,4 Prozent sein. Das IHS geht für beide Jahre von 0,3 Prozent des BIP als Maastricht-Überschuss aus, in der Sommerprognose rechnete man noch mit 0,5 Prozent für 2020.

Auch das IHS stößt sich an den "im Nationalrat vor der Wahl beschlossenen Ad-hoc-Ausgaben", die den "budgetären Spielraum" einengen würden, "sodass es für eine substanzielle Steuerentlastung einer größeren Anstrengung bedürfte". Eine umfassende Abgabenreform böte aus IHS-Sicht zudem "Möglichkeiten für eine Optimierung der Steuerstruktur auch unter Beachtung klimapolitischer Ziele". Tief greifende Strukturreformen bei Bildung, Gesundheit, Pensionen und Föderalismus könnten die Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandskraft der heimischen Wirtschaft fördern, wird einmal mehr betont.

Die größten Abwärtsrisiken für die Prognose bleiben der internationale Handelskonflikt und der unsichere Ausgang der Brexit-Verhandlungen, erklärt das Wifo. Aufwärtsrisiken seien dagegen kaum vorhanden. Insgesamt würden die Abwärtsrisiken im Prognosezeitraum deutlich überwiegen. "Das 75-Prozent-Prognoseunsicherheitsintervall für das BIP-Wachstum reicht 2019 von 1,4 bis 2 Prozent und 2020 von 0,3 bis 2,2 Prozent", so das Wifo.