APA - Austria Presse Agentur

ÖVP-Bundesrat Himmer zu Untreue nicht geständig

Mit dem Wiener Bundesrat und Ex-Alcatel-Vorstand Harald Himmer hat sich am Montag ein aktiver Politiker der ÖVP wegen Untreue am Wiener Landesgericht verantworten müssen. Der frühere "Bonzenquäler" - Himmer hatte bei der Nationalratswahl 1990 mit dem Slogan "Bonzen quälen, Himmer wählen" um Stimmen geworben - soll vor 15 Jahren als damaliger Manager der Alcatel-Lucent Austria AG seine Befugnisse wissentlich missbraucht und das Unternehmen am Vermögen geschädigt haben.

Himmers Verteidiger Rüdiger Schender hielt in seinem Eröffnungsplädoyer fest, sein Mandant werde sich "nicht schuldig" bekennen: "Der Anklage kommt keine Berechtigung zu. Die Vorwürfe sind unrichtig." Die belastenden Angaben des Ex-Lobbyisten Peter Hochegger - dieser hatte im Ermittlungsverfahren die inkriminierten Vorgänge gestanden, auf diesen Angaben sowie zwei eingeholten Sachverständigengutachten basiert im wesentlichen die Anklage - seien gleichermaßen unlogisch wie unschlüssig. Himmer habe Hochegger damals "nicht gut, nur oberflächlich, so wie man Leute in der Branche kennt" gekannt. Außerdem sei Hochegger seinerzeit "Berater des schärfsten Konkurrenten der Alcatel, nämlich von Huawei" gewesen. "Warum sollte Himmer ausgerechnet Herrn Hochegger ein kriminelles Angebot unterbreiten?", fragte sich Schender. Sein Fazit: "Das passt alles vorne und hinten nicht zusammen."

Zuvor hatte Staatsanwalt Bernhard Löw dem ÖVP-Politiker eine diversionelle Erledigung angeboten: "Sollte Himmer Verantwortung übernehmen, wäre das aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein klassischer Fall für eine Diversion." Der zur Anlage gebrachte Sachverhalt sei 15 Jahre her, Himmer habe sich seither wohl verhalten und sei unbescholten, versuchte der Staatsanwalt Himmer ein Geständnis schmackhaft zu machen: "Es würde die Sache vereinfachen. Aber es soll niemand etwas gestehen, was er nicht gemacht hat." Mit einer Diversion käme Himmer - gegen Entrichtung einer Geldbuße oder Übernahme gemeinnütziger Leistungen - ohne Verurteilung davon und wäre weiterhin unbescholten.

Als Beteiligungstäter an der Untreue mitangeklagt sind der Ex-Lobbyist Peter Hochegger sowie der frühere Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer. Laut Anklage trafen sich die beiden Ende 2007 mit Himmer im Wiener Hotel Intercontinental, wobei Himmer als Vorstandsvorsitzender der Alcatel-Lucent zunächst auf die jahrelange Zusammenarbeit mit der Telekom Austria AG beim Breitbandausbau und ein entsprechendes gemeinsames Budget für Marketing-Maßnahmen verwiesen haben soll. Alcatel war für die Telekom als Zulieferer für Lösungen im Bereich der XDSL-Technologie eingebunden. Von Himmer soll laut Anklage der Vorschlag gekommen sein, Hocheggers Firma Valora AG könne "Scheinrechnungen" über angeblich erbrachte Leistungen legen, die aus dem vorhandenen Budget für Schulungen, Seminare und Studien zu Produktneuentwicklungen bezahlt würden.

Tatsächlich erstellte die Valora in weiterer Folge eine "Studie zur Ausleuchtung des Marktumfelds der Telekom Austria" sowie eine "Studie Verbesserungspotenziale Investitionsklima im Festnetzbereich", die der Anklage zufolge nicht werthaltig waren. Ein Mitarbeiter Hocheggers habe dafür in wenigen Stunden bzw. in einem halben Tag brauchbar erscheinende Informationen gesammelt und zusammengeschrieben, wird in der Anklageschrift vermerkt. Staatsanwalt Löw präzisierte dazu in der Verhandlung unter Verweis auf ein Sachverständigengutachten, bei den vorgeblichen Studien habe es sich um "Strategiepräsentationen" gehandelt, "wofür nur ein geringfügiges Honorar, wenn überhaupt angemessen gewesen wäre".

Alcatel bezahlte allerdings für die erste Studie am 28. Dezember 2007 127.200 Euro, für die zweite am 12. Juni 2008 117.600 Euro. Vom Honorar der ersten Studie sollten - so der Vorwurf der Anklagebehörde - vereinbarungsgemäß Himmer und Fischer vor Steuer je 35.000 Euro und Hochegger 36.000 Euro erhalten. Hochegger, der sich im Ermittlungsverfahren geständig gezeigt hat, behauptet, er habe Himmer im Mai 2008 im Hotel Intercontinental in einem Briefkuvert 17.500 Euro übergeben. Fischer soll 10.000 Euro erhalten haben, darüber hinaus will Hochegger ihm ein Gemälde um 7.500 Euro gekauft haben. Himmer und Fischer haben das bisher entschieden bestritten.

Selbst wenn Hochegger und Fischer am Ende des Verfahrens schuldig gesprochen werden sollten, "wird wahrscheinlich kein zusätzlicher Strafausspruch zu fällen sein", räumte Staatsanwalt Löw in seinem Eingangsstatement ein. Denn bei beiden wäre auf Vorverurteilungen Bedacht zu nehmen. Hochegger wurde in der Buwog-Affäre vor knapp zwei Jahren nicht rechtskräftig zu sechs Jahren Haft verurteilt, Fischer hatte im Verfahren gegen Karl-Heinz Grasser & Co - ebenfalls nicht rechtskräftig - ein Jahr teilbedingt ausgefasst.

Fischer hat seinen Lebensmittelpunkt mittlerweile nach Thailand verlegt, wie er dem Schöffensenat bei der Befragung zu seinen Generalien darlegte. Er ist Pensionist, seinen Monatsbezug wollte er nicht preisgeben. Hochegger lebt eigenen Angaben zufolge mittlerweile als Pensionist im dritten Wiener Gemeindebezirk von 1.050 Euro netto. Er befindet sich im Privatkonkurs. Himmer wies sich als Unternehmensberater aus, abgesehen von seinem Verdienst als Bundesrat beziehe er derzeit kein sonstiges Einkommen, "weil ich mich auf dieses Verfahren vorbereitet habe", wie er dem Schöffensenat erläuterte. Zu seinem Vermögen befragt, meinte der ÖVP-Politiker, der in wenigen Tagen seinen 48. Geburtstag begeht: "Immobilien im Wert von 450.000 Euro."

Das Verfahren ist ein Nebenstrang der 2010 aufgeflogenen Telekom-bzw. Blaulichtfunk-Affäre. Vorerst sind bis zum 1. Dezember fünf Verhandlungstage angesetzt. Für Untreue mit einem Schaden bis zu 300.000 Euro sieht das Strafgesetzbuch bis zu drei Jahre Haft vor.