APA - Austria Presse Agentur

OGH erklärte Preiserhöhungsklausel der EVN für unzulässig

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat eine Preiserhöhungsklausel des niederösterreichischen Energieanbieters EVN für unzulässig erklärt. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI), der im Auftrag des Sozialministeriums eine Verbandsklage führte, sieht nun einen Rückzahlungsanspruch für betroffene Kunden. Das Urteil betrifft auch andere große Energielieferanten wie die Wien Energie.

Der OGH folgte in seinem Urteil den Vorinstanzen und bestätigte seine bisherige Judikatur zur Frage, ob Stillschweigen als Zustimmung zu einer Preiserhöhung gewertet werden darf, wenn es dafür keine Beschränkungen gibt. Die Höchstrichter sagen "Nein", denn: "Bei kundenfeindlichster Auslegung kann es daher auf diesem Weg zu einer zugunsten des AGB-Verwenders gänzlich unbeschränkten Preiserhöhung kommen", heißt es in dem Urteil.

Diese Zustimmung durch Stillschweigen wird von Juristen als Zustimmungsfiktion bezeichnet. Als problematisch gilt sie im Sinne des Konsumentenschutzgesetz insbesondere dann, wenn es keine Regeln für eine Preiserhöhung gibt. "Da die hier inkriminierte Klausel eine Änderung des Entgelts (und damit des Vertrags) über eine Zustimmungsfiktion ohne jede (sei es inhaltliche, zeitliche oder sonstige) Beschränkung zulässt, verstößt sie gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG", so der OGH.

Konkret ging es um eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), derzufolge den EVN-Kunden nach Mitteilung einer beabsichtigten Preiserhöhung zwei Möglichkeiten blieben: Wenn der Kunde nicht innerhalb von zwei Wochen widersprach, wurde der Preis entsprechend angehoben. Sprach sich der Kunde gegen diese Preiserhöhung aus, wurde der Vertrag von der EVN gekündigt. Die Klausel enthielt keinerlei Obergrenzen oder Angaben, welche Gründe zu einer Preiserhöhung führen können.

Die EVN erklärte zu dem Urteil, die Lieferbedingungen bereits Anfang 2019 geändert zu haben. In den nun geltenden Lieferbedingungen nimmt die EVN in der Preiserhöhungsklausel Bezug auf die Inflation sowie die Energiepreisindizes ÖSPI und ÖGPI. Die EVN hatte zuletzt im Oktober 2018 sowie im Juni 2019 die Preise für Strom und Gas erhöht.

Der VKI sieht durch das Urteil einen Rückzahlungsanspruch. "Da die Klausel gesetzwidrig ist, waren die Preiserhöhungen, die auf sie gestützt waren, ebenfalls unzulässig. Die EVN muss die entsprechenden Differenzbeträge zurückzahlen", erklärte VKI-Chefjurist Thomas Hirmke am Montag in einer Aussendung.

Um wie viel Geld geht, ist schwer zu sagen. Die EVN äußerte sich nicht zum Ausmaß, da man aus dem Urteil keine Rückzahlungsverpflichtung ableite, sagte EVN-Pressesprecher Stefan Zach zur APA. Er betonte, dass bereits vor der AGB-Änderung "durchgeführte Preismaßnahmen stets auf Basis der von der Regulierungsbehörde E-Control genehmigten allgemeinen Lieferbedingungen" erfolgt seien.

Die vom OGH als unzulässig erachtete Preiserhöhungsklausel betrifft die gesamte Branche. "Auch andere Energieversorger verwenden noch immer eine entsprechende Klausel. Wir erwarten, dass auch sie diese fehlerhafte Klausel umgehend ändern und ebenfalls ihre Kunden rückwirkend entschädigen", sagte Hirmke.

Die Wien Energie und die Energie Burgenland, die mit der EVN über die Energieallianz Austria (EAA) verbunden sind, haben ihre Lieferbedingungen im April bzw. Mai 2019 geändert und nehmen bei der Preiserhöhungsklausel nun ebenfalls auf die Preisindizes Bezug. Allerdings hatten auch diese beiden Landesenergieversorger schon davor, so wie die EVN mit Oktober 2018, die Preise erhöht. Für einen Durchschnittshaushalt stieg damals laut EAA die Stromrechnung um rund 3 Euro im Monat und die Gasrechnung um rund 2,3 Euro.

Der VKI erklärte, sich für eine praktikable Abwicklung der Rückzahlungen für die Betroffenen einzusetzen. Die Konsumentenschützer starteten dazu auf der Webseite eine Sammelaktion, bei der sich Kunden, deren Strom- und Gaspreise angehoben wurden, für weitere Informationen anmelden können.