APA - Austria Presse Agentur

OMV klagt "Dossier" wegen Borealis-Bericht auf Schadenersatz

Die Umweltorganisationen Greenpeace und Fridays for Future werfen dem teilstaatlichen Öl- und Gaskonzern OMV vor, in Neuseeland Umweltschützer systematisch ausspioniert und durch Sicherheitsleute infiltriert zu haben. Nachdem nun bekannt wurde, dass die OMV das Magazin "Dossier" geklagt hat, das schon letzte Woche über OMV-Aufträge an die britischen "Spionagefirma" Welund berichtet hatte, fordert Greenpeace den Rücktritt von OMV-Chef Rainer Seele.

Greenpeace und Fridays for Future beziehen sich auf einen Bericht des neuseeländischen Senders "Radio New Zealand", wonach die OMV das "Spionageunternehmen" Thompson and Clark damit beauftragt habe, in Neuseeland Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, Extincton Rebellion und School Strike 4 Climate zu beobachten. Dabei seien auch Privathäuser von Umweltschützern beobachtet und Peilsender an Greenpeace-Autos angebracht worden, so der Vorwurf.

Greenpeace und Fridays For Future fordern Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) auf, von der Führung des teilstaatlichen Konzerns die Offenlegung aller Verträge mit "Spionagefirmen" zu verlangen.

Nachdem nun bekannt wurde, dass die OMV das Magazin "Dossier" wegen dessen Berichterstattung über den Erwerb des Chemiekonzerns Borealis verklagt hat, fordert Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit sogar den Rücktritt von OMV-Vorstandschef Rainer Seele. "Rainer Seele ist als CEO eines österreichischen Konzerns nicht mehr tragbar und muss zurücktreten", erklärte Egit in einer Mitteilung. "Die Aufsichtsratsvorsitzenden der OMV Mark Garrett und ÖBAG-Chef Thomas Schmid müssen endlich Konsequenzen ziehen. Dem demokratiefeindlichen Kurs des Rainer Seele muss sofort ein Ende gesetzt werden."

"Im Sinne aller jungen Menschen, die sich in Österreich, Neuseeland und weltweit für den Schutz des Klimas einsetzen, braucht es endlich Transparenz und einen öffentlichen Diskurs über solche schmutzigen Praktiken von der OMV," erklärte der Aktivist Aaron Wölfling von Fridays For Future.

"Dossier" berichtet heute, bereits im Dezember von der OMV beim Handelsgericht Wien wegen "Unterlassung, Widerruf , Zahlung und Feststellung" geklagt worden zu sein. Der Streitwert wird mit 94.000 Euro beziffert. Es geht dabei um die Berichterstattung von "Dossier" über den Borealis-Deal. Der Vorwurf dabei lautet, dass die OMV für die Borealis-Anteile einen zu hohen Kaufpreis bezahlt und ihren Aufsichtsrat über den Deal nicht ausreichend informiert habe. Verkäufer war Mubadala, der Staatsfonds von Abu Dhabi, der selbst mit 24,9 Prozent an der OMV beteiligt ist.

Weil "Dossier" die Berichterstattung über den Borealis-Deal fortgesetzt habe, habe die OMV am 8. Februar eine zweite Klage eingebracht, diesmal mit einem Streitwert von 60.000 Euro. Argumentiert werde mit einem Reputationsschaden für die OMV durch die Berichterstattung. "Dossier" zitiert aus einem Markenwert-Gutachten den OMV-Sprecher Andreas Rinofner: "Der Bericht von 'Dossier' hat unserer Ansicht nach einen Reputationsschaden angerichtet, der auch in zahlreichen Gesprächen mit Journalistinnen spürbar war. Wir haben uns daraufhin zu einer ursprünglich nicht geplanten Werbekampagne entschlossen, die ausschließlich der Borealis-Transaktion gewidmet war und Kosten von 660.000 Euro verursacht hat. TV: 425.000 Euro (55 % ORF / 45 % privat). Online: 235.000 Euro."

Die zwei OMV-Klagen wurden laut "Dossier" zusammengelegt, am 28. Mai 2021 startet am Handelsgericht das Beweisverfahren. Mittlerweile werde Schadenersatz in Höhe von insgesamt 130.000 Euro begehrt.

"Das ist eine klassische Einschüchterungsklage", zitiert "Dossier" am Donnerstag die Rechtsanwältin Maria Windhager, von der sich das Medium im Prozess vertreten lässt. Die OMV wolle das Magazin in den wirtschaftlichen Ruin treiben. Denn die Abwehr solcher Klagen sei zeitaufwendig und mit hohen Prozessrisiken verbunden. Schon die Vorfinanzierung könne die finanziellen Reserven übersteigen und sei daher fast nicht leistbar, selbst wenn nach erfolgreichem Instanzenzug die OMV nach einem mehrjährigen Verfahren am Ende die Kosten tragen müsste.

Der OMV-Sprecher begründete die Klagen gegen "Dossier" gegenüber der APA damit, dass zentrale Aspekte der Borealis-Transaktion rund um den Kaufpreis und das Zustandekommen der Transaktion falsch berichtet worden seien.

Die Berichte über eine Überwachung von Umweltschützern in Neuseeland u.a. mit Peilsendern seien "schlichtweg falsch", sagte Rinofner. "Es wurden hundertprozentig keine Personen überwacht." Es seien lediglich öffentlich zugängliche Informationen gesammelt und aufbereitet worden, etwa in Medien, Social Media oder im Internet.