ORF-Audiostrategie bringt Ö1-Moderation und Online-Playlists

Der ORF justiert im Audiobereich nach
Der ORF justiert bei seinen Radiosendern nach. So bekommt Ö1 tagsüber eine Live-Moderation und eine nach Themen strukturierte Sendeleiste von 16 bis 17 Uhr verpasst. Ö3 soll als positive "Future-Brand" noch stärker den Dialog mit den Hörern suchen und FM4 jünger und digitaler werden. Regelmäßige "Flottenabstimmungen" sollen etwa verhindern, dass die ORF-Regionalradios und Ö3 zu ähnlich klingen, wie aus der ORF-Audiostrategie hervorgeht.

"Nach hundert Jahren ist Radio so wichtig und relevant wie nie", zeigte sich ORF-Generaldirektor Roland Weißmann mit Verweis auf 4,7 Millionen tägliche ORF-Radiohörerinnen und -hörer bei einem Pressegespräch überzeugt. Damit das auch so bleibt, habe ORF-Radiodirektorin Ingrid Thurnher schon vor mehreren Monaten einen "großen Strategieprozess" aufgesetzt. "Die Strategie ist klar: Fenster aufreißen und mit dem Publikum kommunizieren", so Weißmann.

Die Kommunikation mit dem Publikum übernimmt bei Ö1 künftig eine Person, die montags bis freitags durch den Tag führt. "Es werden ganz sicher prominente Stimmen sein", so Thurnher. Eine Umstellung für die Hörerinnen und Hörer hält auch die Sendeleiste von 16 bis 17 Uhr bereit: Sie wird nach Themen strukturiert. Am Montag steht die Wissenschaft im Zentrum ("Science Arena"), am Dienstag Literatur ("Tonspuren"), am Mittwoch Religion und Ethik ("Im Fokus"), am Donnerstag Gesundheit ("Am Puls") und am Freitag Talk ("Im Gespräch"). Gemeinsam mit einer Bündelung der Ö1-Newsmagazine "Saldo" und "#doublecheck" direkt nach dem "Abendjournal" soll so für mehr Klarheit gesorgt sein. Hochwertige Ö1-Inhalte sollen zunehmend für die Online-Nutzung - etwa in Form von Podcasts - aufbereitet werden.

Die Ö1-Schemareform soll mit Anfang Februar schlagend werden. Verabschieden muss sich das Publikum von "Rudi, der Radiohund". "Mit dem künftigen ORF-Kinderkanal ist klar, wo Kinderangebote künftig sein sollen", so Thurnher.

Das Flaggschiff der ORF-Radioflotte ist nach wie vor Ö3. "Ö3 sitzt genau in der Mitte der Gesellschaft und soll dort seine Wirkung entfalten", sagte die Radiodirektorin. Als positive "Future-Brand" werde der Radiosender das Gemeinsame wie auch den Dialog in den Mittelpunkt stellen. Ein Beispiel: "Frag das ganze Land - Der Ö3-Nighttalk" sucht von Montag bis Donnerstag von 0 bis 1 Uhr die Diskussion mit einem primär jüngeren Publikum.

Eine jüngere und auch männlichere Hörerschaft als Ö3 weist laut Thurnher FM4 auf. Der Sender soll "jung, trendig, dem Mainstream immer einen Schritt voraus" sein. Inhalte sollen dort verstärkt online-first gedacht, das Musikangebot verbreitert und der Musikanteil erhöht werden. Bei den jüngeren Frauen habe man eine gewisse Versorgungslücke, gestand Thurnher. Diese müsse man eventuell woanders füllen, meinte sie.

Bei den ORF-Regionalradios soll sichergestellt werden, dass sie eine komplementäre Positionierung zu Ö3 aufweisen. So werden vor allem im Musikbereich die einzelnen Radiosender künftig stärker kooperieren und ihre Playlists regelmäßig abstimmen, um eine "Kannibalisierung" zu vermeiden. Die Abstimmung bezieht sich aber auch Wortprogramme, wo effizienter gearbeitet werden soll, indem etwa Landesstudios auch Beiträge für andere zur Verfügung stellen.

Nicht zuletzt bekommt auch die Onlineplattform ORF Sound so manche Neuerung. Sie richtet sich wie FM4 und teils Ö3 primär an jüngeres Publikum. Neben Live-Radio und einer Radiothek zum Nachhören sind dort auch Podcasts und künftig Musik-Playlists und Live-Events angesiedelt. "Wir können in den Playlists Musikstile positionieren, die im linearen Betrieb keinen Platz finden. ORF Sound wird ab 1. Jänner sehr bunt ausschauen", erklärte Thurnher. Bei den Live-Übertragungen denkt die Radiodirektorin etwa an Sportevents, Parlamentsübertragungen oder auch Konzerte, für die der ORF die Rechte besitzt. Vor allem Ö3 und FM4 sollen mit ihren Marken und Persönlichkeiten die sozialen Netzwerke bespielen, um junge Zielgruppen anzusprechen.

Mehrere der Umstellungen werden erst durch die mit 1. Jänner in Kraft tretende ORF-Digitalnovelle ermöglicht, die etwa online-first- und in kleinerem Rahmen online-only-Programme gestattet. Auf online-only verzichtet der ORF im Radiobereich vorerst noch. "Online-only ist eine Möglichkeit für die Zukunft. Eines nach dem anderen", bat Weißmann um Geduld.

Auch auf einen ORF-Auftritt im DAB+-Bereich heißt es weiter warten. "Wir diskutieren das regelmäßig und hinterfragen es ständig. Die Zeiten, wo alles auf Jahre festgeschrieben war, sind vorbei", so Weißmann. Man werde es rechtzeitig kommunizieren, wenn sich die Haltung zu DAB+ ändern sollte. Derzeit sprechen laut Thurnher auch die Kosten gegen einen Auftritt bei DAB+, wenn man doch über den klassischen Verbreitungsweg nahezu 100 Prozent des Landes abdecke.

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