APA - Austria Presse Agentur

Oscar Wildes "Bunbury" als schrille Queer-Farce in Graz

"Bunbury. Ernst sein is everything" nennt sich die Variante von Oscar Wildes Drama, die am Freitag im Grazer Schauspielhaus in strengem Schwarz-weiß Premiere hatte. Aus einer witzig-scharfzüngigen Konversationskomödie wurde eine derbe Queer-Klamotte, die trotz permanenter Bewegung auf der Bühne etwas mehr Tempo vertragen hätte. Die Handlung selbst geriet etwas ins Hintertreffen, der Fokus lag eher auf der heuchlerischen Moral dieser Gesellschaft und Wildes Homosexualität.

Zwei Männer, die beide nicht Ernst heißen, wollen Frauen heiraten, die nur einen Mann nehmen, der Ernst heißt: Wer sich so etwas ausdenkt, muss schon einen sehr speziellen Sinn für Humor haben. Den hatte Oscar Wilde zweifellos, und so gestaltete er diese Geschichte mit bissigem Charme und mit tiefsinniger Bedeutungslosigkeit.

Regisseurin Claudia Bossard ging einmal mit der groben Tiefsinnigkeitsbürste darüber und stellte dem Stück die Haare auf. Ausgangsüberlegung war offenbar, Wildes Homosexualität zum roten Faden des Geschehen zu machen und einfach alle Männer schwul sein zu lassen. Die beiden Nicht-Ernst und den Pastor gleich dazu, wenn schon, denn schon. Die beiden Hauptfiguren benehmen sich aber dermaßen tuntig, dass die Beziehung zu den Frauen nicht nur verlogen, sondern einfach komplett unwahrscheinlich wirkt. Eine derart vertrottelte Schwulen-Persiflage sollte heute nicht mehr das Fundament sein auf dem die gesamte Komik einer Aufführung gründet, das ist nicht wirklich zeitgemäß.

Die jungen Frauen sind bei Wilde hirnlose, plappernde, aber liebenswürdige Wesen, was man von dem Domina-Verschnitt (Gwendolen) und dem derben Landmädchen (Cecily) in der Grazer Aufführung nicht sagen kann. Bei Wilde ist die Gesellschaft an der Oberfläche intakt, hier ist sie auch das nicht. Da sind keine Risse, da sind weite Spalten, die wenigen Inseln der gepflegten Umgangsformen sind rar.

Die Idee, gut ein Drittel des Stücks englisch zu sprechen, ist ganz witzig und bringt ein wenig Atmosphäre in das äußerst unterkühlte Ambiente der Aufführung. Der Stilmix der schwarz-weißen Kostüme ist gelungen, der großteils leer geräumten Bühnenraum lenkt die Aufmerksamkeit auf die Spielenden, ist aber akustisch oft problematisch.

Die Darsteller und Darstellerinnen müssen sich viel bewegen, da ist ein Rennen und Herumturnen wie lange nicht, und trotzdem hat die Aufführung Längen und hätte ein strafferes Tempo vertragen. Evamaria Salcher (Lady Bracknell) bringt gekonnt Witz und Anspielungen zur Geltung, sie hat Stil und sprachliche Durchschlagskraft. Andri Schenardi (Algernon Moncrieff) und Frieder Langenberger (John Worthing), die jungen Männer, die die Frauen sichtlich nur als Alibi wollen, gibt die Regie wenig Spielraum, ihre Rollen mit etwas anderem als stereotypen Gesten zu erfüllen. Lisa Birke Balzer zeigt eine strenge Gwendolen, während Maximiliane Haß (Cecily) in ihrem schwarzen Reifrock zur Spaßfigur wird und das auch lustvoll zelebriert. Als verklemmte Miss Prism fügt sich Katrija Lehmann in das grellbunte Ensemble ein, während Fredrik Jan Hofmann (Pastor) ein paar angenehm ruhige Töne beisteuert. Wenig ruhig war dagegen die Musik, die Akzente setzte und die Künstlichkeit noch weiter drehte und Alexej Lochmann (Merriman und Butler) die Gelegenheit gab, mehrere Songs gekonnt darzubieten. Das Publikum hatte seinen Spaß an der überdrehten Gesellschaft und bedachte diese bunte Show mit freundlichem Applaus.

(S E R V I C E - "Bunbury oder Ernst sein is everything" von Oscar Wilde im Grazer Schauspielhaus. Regie: Claudia Bossard, Bühne und Kostüme: Elisabeth Weiß. Mit: Frieder Langenberger (John Worthing), Andri Schenardi (Algernon Moncrieff), Alexej Lochmann (Merriman und Lane), Evamaria Salcher (Lady Bracknell), Lisa Birke Balzer (Gwendolen Fairfax), Maximiliane Haß (Cecily Cardew), Katrija Lehmann (Miss Prism), Fredrik Jan Hofmann (Pastor Chasuble). Nächste Vorstellungen: 28.9., 1., 5., 7., 18. und 20.10.; http://schauspielhaus-graz.buehnen-graz.com)