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Experte über Ost-Lockdown: Nur "abbremsen" reicht nicht aus

Komplexitätsforscher Peter Klimek stimmt der politische "Bremsweg" von nach wie vor rund vier Wochen nachdenklich.

Die neuen Covid-Maßnahmen im Osten Österreichs könnten den aktuell negativen Trend in den Infektionszahlen und auf den Intensivstationen zwar eindämmen, "es wird aber knapp für eine Trendumkehr", sagte der Komplexitätsforscher Peter Klimek am Donnerstag zur APA. Schlussendlich sei das Paket auch als eine Art Signal an die Bevölkerung zu interpretieren. Nachdenklich stimmt Kimek der politische "Bremsweg" von nach wie vor rund vier Wochen.

Nach all den Erfahrungen nach einem Jahr Pandemie sei der Weg von Prognosen, die klar in Richtung überhandnehmendes Infektionsgeschehen weisen, bis zur Umsetzung von Konsequenzen immer noch deutlich zu lang. Dass das "verlorene Meter in dem Wettlauf sind", sei klar.

Das relativ starke Zurückfahren des öffentlichen Lebens von 1. bis 6. April werde nun trotzdem einen gewissen Effekt bringen. "Die gute Nachricht ist, dass wir nicht mit einem R-Wert von 1,4 unterwegs waren, sondern es war ein gedämpfter Anstieg über die letzen Wochen", so der Forscher vom Complexity Science Hub Vienna (CSH) und der Medizinischen Universität Wien zur APA.

Beobachtungen aus dem vergangenen Jahr zeigen, dass Handel- und Schulschließungen die Zahlen um etwa zehn Prozent drücken können. "Das sollte reichen, um diesen Trend zu stoppen."

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Positiver Effekt durch Impfungen, Testen und wärmere Temperaturen

Dann komme noch der hoffentlich erleichternde Effekt wärmerer Temperaturen, zusätzlicher Impfungen und der Ausweitungen des Testens dazu. Klimek: "All das hilft uns ja. Der Punkt ist aber, dass es in der aktuellen Situation nicht ausreicht, wenn wir es nur so abbremsen, dass es nicht weiter ansteigt."

Um die Spitäler zu entlasten, müssten die Fallzahlen "möglichst schnell signifikant runtergehen. Wird diese Wirkung nach den fünf, sechs Tagen (des angekündigten Ost-Lockdowns, Anm.) nicht erreicht, wird man auch da nochmals evaluieren müssen. Mit den Maßnahmen alleine wird es knapp, dass man da wirklich eine deutliche Trendumkehr erreicht", betonte der auch im Covid-Prognosekonsortium tätige Forscher.

Das Schließen des Handels über Ostern werde einen gewissen Bremseffekt haben, dessen Ausmaß schwer abzuschätzen sei. "Typischerweise führt ein Zurückfahren im Handel sehr wohl zu einem Rückgang der Infektionen", so Klimek. Woher der aber kommt, sei nicht immer fassbar.

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Bevölkerung muss mitmachen

Klar sei, dass auch eine starke Maßnahme verpuffen könne, wenn größere Teile der Bevölkerung sie nicht beherzigen. Dazu komme, dass auch schon alleine Maßnahmen im Handel von Branche zu Brache in ihrer Wirkung unterschiedlich seien, zeigen Studien.

Überall dort, wo auch beraten wird, ist die Ansteckungsgefahr natürlich entsprechend höher. Schiebt man aber im Bau- oder Supermarkt nur den Einkaufswagen durch die Gänge, sehe das anders aus. Am Ende des Tages werde es nun auch bei dem neuen Lockdown in Wien, Niederösterreich und im Burgenland sehr schwierig zu bewerten, welche Maßnahme wo welchen konkreten Effekt gebracht hat, räumte der Wissenschafter ein.

Da nun in den Osterferien etwa die Schul- und Berufsgruppentests der Lehrer wegfallen, werde es für die zuletzt sehr treffsicheren Prognosen ebenfalls schwieriger. Zeiten, in denen Veränderungen eintreten, wie die kommenden Wochen mit voraussichtlich auch höheren Temperaturen, brächten immer mehr Unsicherheit in den Modellrechnungen mit sich. "Es wird jetzt eine Phase mit höherer Volatilität geben", so Klimek.

Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna (CSH)
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA

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