APA - Austria Presse Agentur

Ostertag feiert mit "Das flüssige Land" Burgtheater-Debüt

Mit der Dramatisierung von Raphaela Edelbauers düster-dystopischem Erfolgsroman "Das flüssige Land" gibt Nestroy-Preisträgerin Sara Ostertag am Samstag im Kasino ihr Burgtheater-Debüt als Regisseurin. Die Spielfassung des 2019 erschienenen Antiheimatromans rund um die Spurensuche in der Nazivergangenheit eines von einem riesigen Hohlraum untergrabenen Dorfes schrieb die 38-Jährige gemeinsam mit dem Dramaturgen Jeroen Versteele.

Mit Romanadaptionen hat die Wienerin, die an der Zürcher Hochschule der Künste bei Milo Rau Theaterregie und Choreografie studierte, bereits viel Erfahrung. So brachte sie erst im vergangenen Herbst Marie Gamillschegs "Alles was glänzt" im Kosmos Theater auf die Bühne, wo sie - als Koproduktion mit ihrem Kollektiv makemake produktionen - 2019 auch Ágota Kristófs Roman "Das große Heft" unkonventionell in Szene gesetzt hat. Was sie an Romanen reizt, ist der Umstand, dass sie "mehr noch als bei Theaterstücken oft schon eine Art von Welt" vorfindet, wie Ostertag im APA-Interview erläutert. "Man hat bei Romanen auch die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, welche Teile dieser Welt man bearbeitet und welche Spielart man wählt, wie man mit Erzähltem und Dialogischem umgeht."

Im Falle von "Das flüssige Land", in dem die von Schlaf- und Aufputschtabletten gezeichnete Ich-Erzählerin nach dem Unfalltod ihrer Eltern in deren Heimatdorf aufbricht, wo sie in einem kafkaesk anmutenden Setting in der Vergangenheit zu graben beginnt, hat sich Ostertag für die Aufteilung der Hauptrolle auf drei Schauspielerinnen entschieden. "Diese Figur steht für eine Generation und ist nicht eine spezifische Person", so Ostertag. So steht Rainer Galke neben Suse Lichtenberger, Katharina Pichler und Michèle Rohrbach als einziger männlicher Schauspieler auf der Bühne. Eine gewichtige Rolle auf der von zwei Trampolinen dominierten Bühne soll auch der Musiker Paul Plut spielen.

"Was Raphaela macht, ist - und das finde ich zeitlos wichtig -, sich aus ihrer Generation heraus mit der Frage des Nationalsozialismus in der eigenen Biografie zu beschäftigen", zeigt sich Ostertag, die das Buch dem Burgtheater zur Inszenierung vorgeschlagen hat, begeistert vom Stoff. "Ich finde es wichtig, dass unsere Generation dabei bleibt, sich diese Fragen zu stellen." Darüber hinaus schätzt sie Edelbauers "sehr eigenen Umgang mit Sprache und Welt". Die Kunst des Romans bestehe darin, "ein ganzes Dorf einzumauern und es so zu einer Form von Mahnmal zu machen". Es sei "eine Form von Haltung", dass die Möglichkeit eines Gesprächs mit und über die Tätergeneration "auf eine andere Art anwesend bleibt".

Dass Ostertag nach zahlreichen Inszenierungen am Dschungel Wien, dem Landestheater Niederösterreich oder auch dem Theater Gent nun am Burgtheater "angekommen" ist, will sie so nicht sehen. Vielmehr sei es eine weitere Station. Aber: "Ich kenne das Haus, seit ich ins Theater gehe, und ich freue mich, hier zu arbeiten. Im Endeffekt ist es aber auch einfach ein Theater, wo man versucht, relevante, sinnvolle und lustige Dinge zu machen."

Anders als bei freien Produktionen müsse man sich allerdings an den Strukturen des Betriebes orientieren, was nicht immer sehr familienfreundlich sei. So hatte Ostertag kürzlich etwa im "Falter" für eine auf die Bedürfnisse des künstlerischen Arbeitsalltags ausgerichtete Kinderbetreuung in großen Theaterbetrieben wie den Bundestheatern plädiert. "Und das funktioniert nicht so, dass man mal sucht, ob der Bedarf da ist, sondern man muss die - idealerweise mehrsprachige - Betreuung von sich aus anbieten. Erst dann wird sie angenommen. Wenn Häuser in dieser Beziehung progressiv sein wollen, müssen sie das von sich aus etablieren."

(Das Gespräch führte Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - "Das flüssige Land" von Raphaela Edelbauer, Premiere im Kasino am Schwarzenbergplatz am 4. Februar, 19.30 Uhr. Regie: Sara Ostertag, Bühne & Kostüme: Nanna Neudeck, Musik: Paul Plut. Mit Rainer Galke, Suse Lichtenberger, Katharina Pichler und Michèle Rohrbach. Weitere Termine: 8. und 24. Februar. www.burgtheater.at)