Parteien offen für Reform des Bundesarchivgesetzes
Er wünsche sich eine Verschärfung der gesetzlichen Möglichkeiten, sagte Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionsführer in den U-Ausschüssen, gegenüber Ö1. Die grüne Abgeordnete Eva Blimlinger kritisierte, dass auch Akten, die nicht als privat gekennzeichnet sind, für Jahrzehnte unter Verschluss bleiben. Laut Bundesarchivgesetz gibt es für Archivgut eine Schutzfrist von 30 Jahren, erst danach wird es zur Nutzung freigegeben.
Blimlinger drängte außerdem darauf, nicht nur Schriftgut, sondern auch Inhalte von elektronischen Datenträgern oder etwa Voicemails in das Gesetz aufzunehmen, der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried will digitale Kommunikation über WhatsApp oder SMS erfassen. Die FPÖ zeigte sich einer Änderung gegenüber ebenfalls aufgeschlossen. Yannick Shetty, Fraktionsführer der NEOS in den U-Ausschüssen, will ein "Schredder- und Vertuschungsverbot" und forderte die Grünen auf, dieses gemeinsam im Bundesarchivgesetz zu verankern. "Es bringt nichts, wenn die Grünen im U-Ausschuss Akten beantragen, von denen alle wissen, dass sie nie geliefert werden. Das ist reine Showpolitik", betonte er in einem Statement gegenüber der APA.
Bereits am Vortag hatte der frühere Leiter des Staatsarchivs Wolfgang Maderthaner in Ö1 appelliert, die Abschaffung des Amtsgeheimnisses zum Anlass zu nehmen, um das Bundesarchivgesetz zu überarbeiten. Denn derzeit habe das Staatsarchiv trotz der Ablieferungspflicht keinerlei Sanktions- oder Zugriffsmöglichkeiten, wenn eine Ministerin oder ein Minister Akten als privat deklariert oder Akten gar nicht liefert. Ein Antrag der Grünen im Geschäftsordnungsausschuss des U-Ausschusses auf Einsicht in die Akten hatte zwar eine Mehrheit gefunden, Maderthaner schätzte die Chancen, daran zu kommen, jedoch als gering ein. Nur die Ex-Ministerin oder eine Person ihres Vertrauens könne die Öffnung veranlassen.
Die Akten seien am 22. Mai 2019, nach dem Rücktritt der Ministerin, direkt an das Staatsarchiv übergeben worden, hieß es aus dem Sozialministerium auf APA-Anfrage. Später habe die mit der Ausschreibung der Beratungsleistungen zur Fusion beauftragte Rechtsanwaltskanzlei dem Ressort Verträge und einen Datenträger zum Vergabeverfahren übermittelt. Letzterer war allerdings nicht mehr auffindbar, als der Rechnungshof die Fusion prüfte. Hartinger-Klein wies in einem Statement alle Schuld von sich und verwies auf die durch die Kanzlei verschickten Unterlagen. "Da dies nach meiner Amtszeit erfolgte, können die Unterlagen nicht durch mich an das Staatsarchiv gegangen sein."
Statt in Aussicht gestellten Einsparungen von einer Milliarde Euro hat die Fusion laut dem Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2022 rund 215 Millionen Euro an Mehrkosten verursacht. 20,5 Millionen Euro wurden etwa in Honorare für Beratungsleistungen investiert. Eine qualitative Bewertung des Angebots und ein Preisvergleich seien unterblieben.
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