Persönliche Assistenz auch für autistische Schüler

Republik wegen Diskriminierung verurteilt
Österreich diskriminiert aufgrund der Einschränkung von persönlicher Assistenz auf Schüler mit körperlicher Behinderung bzw. eine bestimmte Pflegestufe andere Kinder und Jugendliche. Das hat das Handelsgericht Wien nach einer Verbandsklage erstinstanzlich entschieden. Konkret stellte es eine Diskriminierung nach dem Behindertengleichstellungsgesetz fest - Assistenzen werden etwa nicht bei Autismus-Spektrum-Störungen genehmigt. Das Bildungsministerium will das nun ändern.

Der Klagsverband argumentierte in seiner Klage, dass im Gegensatz zu Schülern mit körperlicher Behinderung viele Kinder und Jugendliche mit anderen Behinderungen - darunter solche im Autismus-Spektrum oder mit Sinnesbehinderung - keinen Zugang zu Schulbildung an Bundesschulen (v.a. AHS, BHS) haben, weil ihnen die dafür nötige persönliche Assistenz nicht zur Verfügung gestellt wird. Deshalb müssten sie oft etwa auf eine Sonderschule ausweichen. Grundlage für eine Entscheidung über die Gewährung ist ein Rundschreiben des Bildungsministeriums: In diesem wird festgehalten, dass nur Schülerinnen und Schüler mit körperlicher Behinderung ab Pflegestufe 5 (in Ausnahmefällen ab Pflegestufe 3) Unterstützung durch persönliche Assistenz während des Unterrichts erhalten können.

Dass darüber hinaus auch - wie von der Republik vorgebracht - im Einzelfall Personen mit anderen Behinderungen eine Assistenz zur Verfügung gestellt bekommen, habe das Beweisverfahren nicht ergeben, so das Gericht. "Das Rundschreiben unterscheidet in unsachlicher und unmittelbar diskriminierender Weise zwischen den verschiedenen Formen der Behinderung....."

Auch einen weiteren Einwand der Republik, wonach nämlich Leistungen der persönlichen Assistenz anderweitig - etwa durch Unterstützungslehrer - erbracht werden, verwarf das Gericht. "Unterstützungsleistungen durch Unterstützungslehrer sind nicht vergleichbar und nicht gleichzusetzen mit der Persönlichen Assistenz." Und weiter: "Auch wenn man davon ausgeht, dass Persönliche Assistenz nicht für alle behinderten Schüler:innen die geeignete Maßnahme zum Ausgleich der durch ihre Beeinträchtigung entstehenden Nachteile darstellt, um ihnen den gleichberechtigten Besuch einer vom Bund erhaltenen Pflicht- oder höheren Schule zu ermöglichen, ist es sachlich nicht gerechtfertigt, ohne nach der Art der Behinderung zu unterscheiden, pauschal davon auszugehen, dass Persönliche Assistenz ausschließlich bei einer körperlichen Behinderung und erst ab Pflegestufe 5 (bzw. in Ausnahmefällen ab Pflegestufe 3) die geeignete, angemessene Vorkehrung (...) ist."

"Das Gericht hält unmissverständlich fest, dass Österreich Schüler*innen mit Behinderungen beim Bildungszugang diskriminiert", so Klagsverbands-Geschäftsführerin Theresa Hammer in einer Aussendung. "Der Bildungsminister muss jetzt handeln und bedarfsgerechte Unterstützung für alle Schüler*innen mit Behinderungen sicherstellen."

Im Ministerium verspricht man auf APA-Anfrage, dass man das Urteil rasch umsetzen und das fragliche Rundschreiben entsprechend anpassen werde, um die gerichtlich festgestellten Mängel zu beheben. "Wir wissen um den Leidensdruck der Eltern und aus diesem Grund handelt es sich auch um ein wesentliches Thema für das BMBWF". Auf ein Rechtsmittel will man verzichten.

Persönliche Assistenz sei auch nur ein Teil der Maßnahmen, die an den Bundesschulen für Schüler mit Behinderung gesetzt werden, hieß es weiter. Darüber hinaus würden etwa Lehrkräfte speziell ausgebildet, Lehrpläne teilweise angepasst, technischer Support etwa durch FM-Höranlagen, Braillezeile bzw. spezieller Software sowie mehr Zeit für abschließende Prüfungen zur Verfügung gestellt.

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