APA - Austria Presse Agentur

Politico nennt Sebastian Kurz einen "Spieler"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat es mit seinem während des EU-Wahlkampfes geäußerten Vorwurf der Überregulierung innerhalb der Europäischen Union auf die Titelseite der aktuellen Ausgabe des Magazins "Politico" geschafft. Unter dem Titel "The Gambler" (Der Spieler) fasst das in Brüssel ansässige Polit-Journal die jüngsten Standpunkte des Kanzlers zusammen.

Darunter findet sich auch seine viel diskutierte Aussage über unnötige EU-Vorgaben für die Zubereitung von Schnitzel und Pommes. Dass Kurz den Schutz des Wiener Schnitzels betont, anstatt die ökologischen Auswirkungen der Fleischproduktion zu erwähnen, ist laut dem Magazin aber nicht der Hauptkritikpunkt, sondern die Entscheidung, mit den Rechtspopulisten eine Koalition zu bilden, anstatt sie zu isolieren. "Kurz spielt eine einzigartige Rolle auf dem Kontinent, indem er gleichzeitig die Spaltung der Union bei Themen wie Migration und Populismus verkörpert, die zu Europas Polarisierung führt, und es auch bewerkstelligt, diese zu überbrücken."

Den deutschen Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), stellt "Politico" als Unterstützer von Kurz' Ideen dar, der im Gegensatz zum französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und dessen Forderung nach "mehr Europa" für "mehr Disziplin" eintritt. Auch der Kontakt zur deutschen CDU und ihrer neuen Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer ist demnach "essenziell" für Kurz, um seine Vorstellungen in der EVP verwirklichen zu können. Der erwartete kurz- bis mittelfristige Abgang der deutschen Kanzlerin Angela Merkel könnte seinen Einfluss in der Europafraktion noch stärken, so das Polit-Magazin.

Andererseits habe der Bundeskanzler angesichts der "bescheidenen Größe und des politischen Gewichts Österreichs in der EU" eine "überraschend wichtige Rolle" bei Webers Kandidatur als EVP-Spitzenkandidat und möglicher nächster EU-Kommissionspräsident gespielt, kommentiert das Magazin. Die Unterstützung Webers sieht "Politico" jedoch als "nicht risikolos" an. "Wenn die Bemühungen des Bayers, Kommissionspräsident zu werden, scheitern, könnte Kurz' Glaubwürdigkeit und Einfluss auf die europäische Politik einen Schlag abbekommen." Dies wäre laut "Politico" auf höherer Ebene angesichts des geringen Einflusses Österreichs in der EU von keiner großen Bedeutung, doch für Kurz persönlich, der sich als "Figur der Veränderungsprozesses über Österreichs Grenzen hinaus" sehe, sehr wohl.

Einige Mitglieder der EVP befürchteten daher, dass Kurz Weber bei den "ersten Anzeichen von Schwierigkeiten" fallen lässt, um den Schaden an seinem eigenen Image zu begrenzen, so "Politico". Kurz hatte erst vor kurzem seine Unterstützung für Weber und das Spitzenkandidaten-System bekräftigt.