APA - Austria Presse Agentur

Politik gedenkt den Opfern des Novemberpogroms

Am Mittwoch jährt sich zum 84. Mal das Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung in Österreich und Deutschland in der Nacht auf den 10. November 1938.

Damals wurden jüdische Mitbürger ermordet, ihre Geschäfte geplündert, Wohnungen verwüstet und Synagogen angezündet. Vertreter der Republik - angeführt von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) - gedachten in Wien den Opfern.

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Heute oft immer noch mit dem verharmlosenden Nazi-Ausdruck "Reichskristallnacht" bezeichnet, markierten die Pogrome für viele Historiker den Beginn der Shoah, der gezielten Auslöschung der jüdischen Bevölkerung. In Österreich wurden im Rahmen der Pogrome im November 1938 rund 30 Juden ermordet, 7.800 verhaftet und aus Wien rund 4.000 sofort ins Konzentrationslager Dachau deportiert, wo in Folge viele von ihnen umgebracht wurden. Auch berichtet die Literatur von mehreren hunderten Selbstmorden alleine in Wien. Im gesamten "Deutschen Reich" wurden tausende Synagogen und Geschäfte niedergebrannt, nach offizieller damaliger Lesart 91 Personen getötet, tatsächlich wurden aber während der Pogrome weit mehr Menschen getötet. Rund 30.000 Personen wurden verhaftet.

Kranzniederlegung für die Opfer

Am Vormittag gedachten die Vertreter der Republik bei der Shoah Namensmauern-Gedenkstätte im Ostarrichipark (vor der Nationalbank) mit einer Kranzniederlegung den Opfern. Neben Van der Bellen und der Regierungsspitze nahmen daran auch nahezu alle Regierungsmitglieder sowie Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Bundesratspräsidentin Korinna Schumann (SPÖ) teil. Seitens der Opposition waren SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan und NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter vertreten. Auch die Klubobleute von ÖVP und Grünen, August Wöginger und Sigrid Maurer, waren vor Ort, ebenso IKG-Präsident Oskar Deutsch sowie die Generalsekretärin des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus, Hannah Lessing.

"Die Geschichte lehrt uns achtsam zu sein und entschlossen gegen jede Form von Antisemitismus vorzugehen", erklärte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in einer via Twitter verbreiteten Kurznachricht. Auch die SPÖ betonte, dass der 9. November "für alle Zeiten" der "Markstein für das dunkelste Kapitel der österreichischen Geschichte" sei - sowie "ein bleibender Auftrag, die Erinnerung aufrecht zu erhalten und wachsam zu sein gegen Ausgrenzung, Hass, Hetze und Antisemitismus". "Niemals wieder darf Antisemitismus in unserer Gesellschaft Platz haben", so Rendi-Wagner und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung. Deutsch verwies auf 381 Meldungen antisemitischer Vorfälle im ersten Halbjahr bei der Antisemitismus-Meldestelle der Isrealitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien, es bestehe "klarer Handlungsbedarf" - der im Vorjahr beschlossene Aktionsplan gegen Rechtsextremismus müsse endlich vorgelegt werden.

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NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger erklärte in einer Aussendung, der 9. November müsse mehr als nur ein Gedenktag sein. "Ich sehe diesen Tag gleichzeitig als Auftrag, entschlossen gegen jede Form von Intoleranz und Ausgrenzung einzutreten. Denn jeden Tag sind wir aufs Neue gefordert, gegen Antisemitismus, Fremdenhass, Rassismus und Mobbing aufzustehen", sagte sie.

Gedenkveranstaltungen am Programm

Am Mittwoch standen darüber hinaus noch weitere Gedenkveranstaltungen am Programm. Ebenfalls am Vormittag wurde beim Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoah am Judenplatz ein Kranz niedergelegt, u.a. in Anwesenheit von Bundespräsident Van der Bellen. Im Wiener Stadttempel in der Seitenstettengasse findet ein Workshop der Demokratiewerkstatt statt, außerdem eine Diskussionsrunde mit Schülern und Nationalratspräsident Sobotka.

Am Abend startet dann der "Light of Hope"-Marsch vom Heldenplatz durch die Innenstadt bis zum Judenplatz.