APA - Austria Presse Agentur

Michail Gorbatschow im Alter von 91 Jahren verstorben

Nach dem Tod des letzten Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, haben zahlreiche internationale Politiker ihr Beileid ausgedrückt, darunter auch das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin.

Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte in der Nacht auf Mittwoch Putins Sprecher Dmitri Peskow. Der Friedensnobelpreisträger starb den Berichten zufolge im Alter von 91 Jahren.

UNO-Generalsekretär António Guterres hat sich "zutiefst traurig" über den Tod Gorbatschows. Dieser sei ein "einzigartiger Staatsmann" gewesen, der den Lauf der Geschichte verändert habe, ließ Guterres am Dienstag mitteilen. "Er hat mehr als jeder andere dazu beigetragen, den Kalten Krieg friedlich zu beenden." Der Portugiese sprach der Familie Gorbatschows und der Bevölkerung Russlands sein Beileid aus. Die Aussage des Friedensnobelpreisträgers, dass Frieden nicht Einheit in Gleichartigkeit, sondern Einheit in Vielfalt sei, habe dieser mit seiner Politik in die Praxis umgesetzt.

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte die Bedeutung des ehemaligen sowjetischen Staatschefs Gorbatschow für Europa heraus. "Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Beendigung des Kalten Krieges und dem Fall des Eisernen Vorhangs", schrieb von der Leyen am Dienstagabend auf Twitter. Sie bezeichnete Gorbatschow als Führungspersönlichkeit, die zuverlässig und geachtet gewesen sei. "Er ebnete den Weg für ein freies Europa. Dieses Vermächtnis werden wir nie vergessen."

"Michail Gorbatschow prägte wie kein anderer die Annäherung zwischen Osten und Westen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in Europa und dem Ende des Kalten Krieges. Möge er in Frieden ruhen", twitterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einer ersten Reaktion am Dienstagabend. "Tragisch bleibt, dass die Anerkennung, die er im Westen genoss, ihm in seiner Heimat nie zuteil wurde", bedauerte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf Twitter.

Der britische Premierminister Boris Johnson würdigte das historische Erbe Gorbatschows. "Ich habe immer den Mut und die Integrität bewundert, die er gezeigt hat, indem er den Kalten Krieg zu einem friedlichen Ende brachte", schrieb Johnson am späten Dienstagabend auf Twitter. Zudem stellte er Gorbatschow dem russischen Präsidenten Putin gegenüber. "Zu einer Zeit von Putins Aggression in der Ukraine bleibt sein unermüdliches Engagement für die Öffnung der sowjetischen Gesellschaft ein Vorbild für uns alle", schrieb Johnson.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron würdigte den verstorbenen russischen Friedensnobelpreisträger als "Mann des Friedens". Seine Entscheidung habe den Russen "einen Weg der Freiheit" geöffnet, schrieb Macron in der Nacht auf Mittwoch auf Twitter. "Sein Engagement für den Frieden in Europa hat unsere gemeinsame Geschichte verändert."

Der prominente liberale russische Oppositionspolitiker Grigori Jawlinski würdigte Gorbatschow als einen Veränderer der Welt. "Gorbatschow gab uns die Freiheit. Er hat Millionen von Menschen die Freiheit gegeben - in Russland und seinem Umfeld und noch dazu der Hälfte Europas", schrieb der Gründer der Oppositionspartei Jabloko in der Nacht auf Mittwoch in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram. Jawlinski und die Partei Jabloko sind die letzten Reste der Opposition in Russland. Es liege auch heute in der Verantwortung der Russen, die damals geschenkte Freiheit zu nutzen, sagte Jawlinski. Wenige Anführer hätten einen solchen Einfluss auf die Geschichte gehabt. "In seinen sechs Jahren an der Macht hat Michail Gorbatschow die Welt verändert", unterstrich der Politiker.

Gorbatschow wurde 1985 im Alter von 54 Jahren Generalsekretär der Kommunistischen Partei. Er setzte an, das System durch politische und wirtschaftliche Freiheiten zu reformieren. Dabei erlaubte seine "Glasnost"-Politik der Transparenz nicht nur Kritik an Partei und Staat. Sie ermuntert Nationalisten, die Unabhängigkeit etwa für die baltischen Staaten forderten. Viele Russen vergaben ihm nicht die Verwerfungen, die durch seine Reformen ausgelöst wurden. Als prodemokratische Demonstrationen 1989 den Ostblock erfassten, verzichtete Gorbatschow auf den Einsatz von Gewalt. Am 25. Dezember 1991 erklärte er im Fernsehen seinen Rücktritt. Aus der Sowjetunion gingen 15 Einzelstaaten hervor.